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Montag, 10. Oktober 2011, 23:00 MESZ
Starkniederschlag Alpen 07.-10.10.2011 Foto: Webcambild Davos-Monstein (1.620 m), 09.10.2011, 18:03 MESZ Quelle: davos-monstein.ch |
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Nach der Rekordwärme zum Monatsbeginn (siehe Artikel) erfolgte in den meisten Teilen Europas zum Ende der ersten Oktoberdekade 2011 ein Übergang zu deutlich kühlerem Wetter. In den Hochlagen der Alpen fiel stellenweise rund 1 Meter Neuschnee, und auch auf den deutschen Mittelgebirgsgipfeln bildete sich die erste Schneedecke der Saison aus. Rasch einsetzendes Tauwetter und starker Regen führten nur wenige Tage später vor allem in der Schweiz zu Hochwasser.
Wetterlage und Entwicklung Die Umstellung der Großwetterlage vollzog sich dabei in Etappen. Das für die Wärme verantwortliche Hochdruckgebiet "Sepideh" verlagerte seinen Schwerpunkt mehr und mehr nach Südwesteuropa, von Norden her konnten sich die nordatlantische Frontalzone und die darin eingelagerten Tiefausläufer Schritt für Schritt dem europäischen Festland annähern. Zunächst gelang es einer ersten Kaltfront, die zu einem Tief ("Immanuel") vor der nordnorwegischen Küste gehörte, am 4. und 5. noch nicht, entscheidend nach Süden voranzukommen. Sie ging über in die Warmfront von "ex-Ophelia", einem ehemaligen Hurrikan, der sich durch die Interaktion mit einem markanten Höhentrog bei Island als außertropisches Tiefdruckgebiet neu formierte. Die nachfolgende Kaltfront überquerte Mitteleuropa am 6. zügig von Nordwest nach Südost. Mit ihr wurde die bis dahin noch in den südlichen Teilen Mitteleuropa vorhandene Warmluft abgedrängt und durch hochreichend kalte Meeresluft ersetzt. Im 500-hPa-Niveau, etwa 5.500 Metern Höhe entsprechend, gingen die Temperaturen beispielsweise über Rheinland-Pfalz innerhalb von 24 Stunden um mehr als 15 K zurück. Am 6. um 6 UTC wurden in diesem Gebiet noch Werte um -15 °C analysiert, einen Tag später lagen sie bei unter -30 °C. Auch im Temperaturfeld in 850 hPa war die Kaltfront gut ausgeprägt; in diesem Niveau konnte im selben Zeitraum und über demselben Gebiet ein Rückgang von etwa 10 K verzeichnet werden.
Die massive Kaltluftadvektion hatte die Ausweitung eines markanten Höhentroges zur Folge, der vom nördlichen Nordatlantik über die Britischen Inseln und West- und Mitteleuropa zum zentralen Mittelmeer und nach Nordafrika vorstieß. Er war am 9. über Osteuropa einem Abschnürungsvorgang unterworfen, das resultierende umfangreiche Höhentief verlagerte sich im weiteren Verlauf Richtung Ägäis. In die kräftige nordwestliche, später zunehmend nördliche Höhenströmung - in 300 hPa, etwa 7 Kilometer Höhe entsprechend, wehte der Wind mit rund 150 kt (278 km/h) im Mittel - eingelagerte Randtröge sorgten im Zusammenspiel mit der labil geschichteten Kaltluft für die Entwicklung zahlreicher Schauer und einzelner Gewitter. Stau am Alpennordrand führte dort zu länger anhaltenden Niederschlägen.
Die Kaltfront, die auf den Niederschlagsradarbildern als eindrucksvolle, lang gezogene dünne Linie in Erscheinung trat, zeichnete sich durch kurzzeitig starke Regenfälle und kräftige Böen aus. Vor allem in den mittleren und östlichen Teilen Deutschlands (z. B. Berlin, Chemnitz) wurden verbreitet Sturmböen registriert, im Nordosten (z. B. Trollenhagen/MV) auch schwere Sturmböen und auf dem Brocken (115 km/h) orkanartige Böen. Die sechsstündigen Niederschlagsmengen betrugen bis 11 mm im südlichen Niedersachsen (Langelsheim-Astfeld).
Den ersten Schnee des Herbstes 2011 meldeten derweil auch die höchsten deutschen Mittelgebirgsgipfel. Auf dem Brocken im Harz (1.153 Meter) und auf dem Fichtelberg im Erzgebirge (1.215 Meter) konnten sich dünne Schneedecken ausbilden, auf dem Feldberg im Schwarzwald (1.496 Meter) wies die Schneedecke am Morgen des 9. gar eine stattliche Höhe von 22 cm auf. Zum selben Zeitpunkt maß der Beobachter auf dem Großen Arber im Bayerischen Wald (1.446 Meter) 18 cm. Und selbst auf Mont Rigi (673 Meter) im Hohen Venn (Belgien) reichte es für etwas Nassschnee.
Mit Zufuhr deutlich milderer Luft gingen die Niederschläge zum 10. jedoch wieder bis in Lagen über 3.000 Meter in Regen über. Das Abtauen der mächtigen Schneedecke und die mit der Warmfront verbundenen, teilweise intensiven Regenfälle - in der Zentral- und Ostschweiz wurden verbreitet zwischen 30 und 40 mm innerhalb von 12 Stunden gemessen - hatten rasch steigende Flusspegel, Hochwasser und Murenabgänge zur Folge. Betroffen waren vor allem das Berner Oberland, das Wallis und die Zentralschweiz, wo Straßen und Bahnstrecken überflutet wurden und gesperrt werden mussten.
Text: CE
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