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Mittwoch, 11. August 2010, 15:00 MESZ
Hitze Osteuropa 26.07.-11.08.2010 Satellitenbild: Rauchschwaden bedecken weite Teile Russlands. 09.08.2010, TERRA IR/VIS Quelle: NASA |
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Etliche neue Temperaturrekorde, tausende Waldbrände, mehrere hundert Obdachlose und mindestens 52 Todesopfer sind die Bilanz der Hitzewelle im Sommer 2010 in vielen Teilen Osteuropas und besonders in Russland.
Wetterlage und Entwicklung Ungewöhnlich sind relativ trockene und warme Sommer im osteuropäischen Raum auf Grund eines kontinentalen Hochdruckgebietes nicht. Im Juli und August 2010 konnte sich jedoch unter einem stationären Höhenrücken ein ebenso stationäres Bodenhoch entwickeln, welches über einen Zeitraum von einem Monat bestehen blieb. Die Entstehung der Wetterlage begann bereits am 07.07.: an der Ostflanke eines kräftigen Tiefdruckgebietes entwickelte sich auf Grund massiver Warmluftadvektion ein Hochdruckrücken, der sich am 12.07. von Nordafrika bis Nordskandinavien erstreckte. In weiten Teilen Mitteleuropas kam es durch großräumige Absinkvorgänge zu einer schrittweisen Erwärmung, was an einigen Orten neue Temperaturrekorde für den Monat Juli zur Folge hatte (siehe Artikel). Der ausgeprägte Höhenrücken verlagerte sich langsam ostwärts und befand sich ab dem 20.07. mit seiner Achse nahezu stationär über dem Westen Russlands. Damit nahm der Rücken eine blockierende Wirkung ein, so dass in den folgenden Tagen sämtliche vom Atlantik kommende Tiefdruckgebiete an seiner Westflanke nordwärts geführt wurden. Im Gebiet des Höhenrückens bzw. des Bodenhochs konnte sich die Luft aufgrund ungehinderter Sonneneinstrahlung sowie anhaltenden Absinkvorgängen weiter erwärmen. Dieses hatte zur Folge, dass die Temperaturen schrittweise von weniger als 15 Grad in 850 hPa - etwa 1.500 Metern H�he entsprechend - am 20.07. auf mehr als 25 Grad in 850 hPa am 03.08. anstiegen. Derart hohe Temperaturen entsprechen einer Abweichung vom langjährigen Mittel von mehr als 14 Grad. Außergewöhnlich hohe Temperaturen wurden im gesamten Zeitraum auch am Boden gemessen. In Moskau beispielsweise erreichten die Höchsttemperaturen ab dem 14.07. jeden Tag mehr als 30 Grad. Vom 22.07. bis zum 29.07. wurden für diesen Tag jeweils neue Temperaturrekorde erreicht. Die bisher höchste Temperatur von 36,8 Grad in Moskau wurde 1920 gemessen. Gleich dreimal wurde dieser Rekord im Juli 2010 übertroffen. Am 26.07. und 28.07. wurden als Höchsttemperatur 37,5 Grad registriert, am 29.07. sogar 38,2 Grad. Die Tagesmitteltemperaturen lagen an manchen Tagen ebenfalls bei mehr als 30 Grad, was einer Abweichung vom langjährigen Mittel um mehr als +12 Grad entspricht. Eine Fortsetzung fand die Hitzewelle im August. Vom 02.08. bis zum 10.08. wurden erneut für den einzelnen Tag jeweils neue Höchstwerte erreicht, ein absoluter neuer Rekord für die Station in Moskau wurde allerdings nicht mehr erreicht. Die höchste Temperatur in diesem Zeitraum wurde am 07.08. mit 37,3 Grad gemessen. Mit einer Tagesmitteltemperatur von 30,2 Grad wurde mit +12,4 Grad am 04.08. die höchste Abweichung vom klimatologischen Mittel registriert. Eine Analyse des Zeitraumes vom 08.07. bis zum 08.08. zeigt insgesamt eine Abweichung vom Mittel von mehr als 9 Grad. Dieses übertrifft die im Jahrhundertsommer 2003 gemessenen höchsten Temperaturabweichungen in Deutschland von +7,1 Grad (Feldberg/Schwarzwald) deutlich. Der bisher im Mittel wärmste Juli mit einer Mitteltemperatur von 23 Grad war der Juli 2001. Dieser Rekord wurde im Juli 2010 gleich um 3 Grad übertroffen. Noch größere Abweichungen vom klimatologischen Mittel wurden vom 10.07. bis zum 10.08. in Kursk mit +9,3 Grad erreicht. Doch nicht nur Russland war von der extremen Hitze betroffen. In der Ukraine in Lugansk wurde am 01.08. der alte Temperaturrekord von 41,3 Grad erneut erreicht. In der ersten Dekade des Augusts erreichten die Höchsttemperaturen hier an jedem Tag Werte um 40 Grad. Die Temperaturabweichung betrug im gleichen Zeitraum +9,2 Grad. Ein weiterer Temperaturrekord wurde aus Finnland gemeldet. Am 29.07. erwärmte sich die Luft in Joensuu auf 37,2 Grad, so dass der alte Temperaturrekord von 35 Grad in Jyvaskyla deutlich übertroffen wurde. Auch in der Hauptstadt Helsinki wurden im August an einzelnen Tagen neue Höchstwerte erreicht. Am 08.08. wurde hier mit 31,5 Grad die höchste Temperatur im Monat August seit Beginn der Wetteraufzeichnungen registriert. Auch der Temperaturrekord im Monat Juli wurde in diesem Jahr eingestellt. Am 28.07. wurde mit 33,7 Grad eine neue Höchsttemperatur aufgestellt. Ein weiterer Temperaturrekord wurde aus Weißrussland gemeldet. Hier stieg die Temperatur in Gomel am 07.08. auf 38,9 Grad. Der bisherige nationale Rekord von 38 Grad wurde am 20.08. 1946 gemessen. Global gesehen ist dieses der 17. neue nationale Temperaturrekord im Jahr 2010. Derart viele nationale Temperaturrekorde sind in einem Jahr noch nie aufgestellt worden. Die bisherige höchste Anzahl wurde mit 15 neuen Rekorden im Jahr 2007 erreicht. Neben der extremen Hitze hat auch der fehlende Niederschlag gravierende Auswirkungen. Viele Waldbrände haben im Juli und August mehrere tausend Hektar Wald vernichtet. Besonders in Russland und Finnland hat es in einigen Gebieten seit einem Monat keinen Regen mehr gegeben. In Moskau sind im Juli insgesamt nur 13 mm der sonst üblichen 98 mm Regen gefallen. 12 mm davon regnete es bereits am 08.07. und 09.07., so dass in den restlichen drei Wochen des Monats kein nennenswerter Niederschlag mehr gefallen ist. Überhaupt keinen Niederschlag im genannten Zeitraum verzeichnete die Station in Lukojanov südöstlich von Moskau. In Helsinki summierte sich die Niederschlagsmenge im gesamten Juli auf 15 mm, was nur 24% der sonst üblichen Regenmenge sind.
Die Waldbrände in Russland haben inzwischen Schäden von mehr als 15 Milliarden US-Dollar verursacht. Insgesamt wurden in Russland bisher mehr als 700.000 Hektar Wald von den Flammen vernichtet. Zeitweise brannte es an mehr als 500 Orten gleichzeitig, bis zu 200 Brände brachen pro Tag neu aus. In den Flammen verloren 52 Menschen ihr Leben, mehr als 1900 Häuser brannten nieder. Auch die indirekten Folgen der Brände sind verheerend. In Moskau wurden Grenzwerte der Kohlenmonoxidbelastung um ein sechsfaches überstiegen, tausende Menschen haben die 10-Millionen-Metropole verlassen und die Sterberate hat sich in den letzten Tagen in Folge der Hitze und Luftverschmutzung verdoppelt. Wetterwerte
Satellitenbilder
Text: JQ
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