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Samstag, 17. November 2007, 18:00 MEZ
Sturm, Schnee, Regen Mitteleuropa/Schwarzes Meer 09.-13.11.2007 Satellitenbild: 11.11.2007, 09:00 UTC, TERRA VIS Quelle: NASA Earth Laboratory |
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Wetterlage und Entwicklung Ein weit gefächertes Spektrum dessen, was das Wetter im Winterhalbjahr in den gemäßigten Breiten zu bieten hat, bekam insbesondere Mitteleuropa Ende des ersten und Anfang des zweiten Novemberdrittels 2007 geboten. Die Palette reichte dabei von Sturm über ergiebigen Regen und Gewitter bis hin zu massiven Schneefällen in den Mittelgebirgen und Alpen. Den Anfang machte bereits am 06.11. das Tief "Stefan", dessen Ausläufer Deutschland von Nordwest nach Südost überquerten. Der korrespondierende Höhentrog weitete sich nach Südosten aus und vollzog in Mitteleuropa den Übergang zu einer Nordwestströmung. Die Frontalzone verlief von der Südspitze Grönlands über den Nordatlantik und Mitteleuropa hinweg nach Südosten, wobei im 500 hPa-Niveau in etwa 5500 Metern Höhe phasenweise Windgeschwindigkeiten von rund 150 km/h auftraten. In Verbindung mit "Stefan" wurden an der Nordseeküste (Alte Weser Leuchtturm) und auf dem 1142 Meter hohen Brocken im Harz schwere Sturm- bzw. orkanartige Böen gemessen. 24 Stunden später folgte auf "Stefan" Ex-Hurrikan "Noel" (Artikel), der im Flächenmittel für etwas höhere Windgeschwindigkeiten als sein Vorgänger sorgte. "Stefan" und ex-"Noel" allerdings sollten nur Wegbereiter für das wesentlich kräftigere Tief "Tilo" sein, dessen Entwicklung am 6. bei Neufundland begann und das am 8. mit einem Kerndruck von unter 975 hPa bei Südwestnorwegen ankam. Auf den Satellitenbildern ist das zur Kaltfront gehörende Wolkenband gut zu erkennen; es griff am Abend des 8. auf Nordwestdeutschland über und erreichte am Vormittag des 9. in abgeschwächter Form die Alpen. Neben Regen bis 30 mm in 24 Stunden (Baiersbronn-Mitteltal) brachte "Tilo" in erster Linie kräftigen Wind, der schon im Bereich der Kaltfront im Flachland häufig Böen der Stärke 7 bis 8, in höheren Lagen Sturmböen hervorrief. Die stärksten Böen wurden an den Küsten jedoch erst am Nachmittag in Zusammenhang mit einem über Nordostdeutschland hinweg schwenkenden Bodentrog registriert (z.B. Alte Weser Leuchtturm 130 km/h, Kap Arkona 108 km/h). Hinter der Kaltfront strömte von Nordwesten her hochreichend Kaltluft arktischen Ursprungs ein, die in den untersten Schichten bei ihrem langen Weg über den Nordatlantik und die Nordsee jedoch erwärmt wurde. Die daraus resultierende Labilisierung der Schichtung spiegelte sich in zahlreichen Schauern und einzelnen Gewittern wider. Schon um 7 Uhr MEZ meldeten beispielsweise Bad Marienberg, Freudenstadt und Stuttgart/Flgh. Gewitter, eine Stunde zuvor auch Heidelberg. Gleichzeitig sank die Schneefallgrenze, sodass sich bis 7 Uhr MEZ z.B. im 801 Meter hohen Freudenstadt eine dünne Schneedecke ausbilden konnte. Zum gleichen Termin hatte es auch schon in Neuhaus am Rennweg (851 Meter, 2 cm) sowie in Bad Marienberg (555 Meter, 1 cm) geschneit. Im Tagesverlauf stieß die Kaltluft bis zum Mittelmeerraum vor. Wie häufig bei solchen Lagen zu beobachten, stellte sich im Rhône-Tal Mistral mit Böen bis 122 km/h am Kap Cepet an der französischen Mittelmeerküste ein. Noch am 9. wurde "Tilo" von dem zugehörigen Höhentrog überlaufen, schwächte sich daraufhin ab und etablierte sich als steuerndes Zentraltief im Bereich der Ostsee. Während sich der Höhentrog Richtung zentrales Mittelmeer ausdehnte, formierte sich über Norditalien innerhalb der strammen Nordwestströmung auf dessen Rückseite ein markanter kurzwelliger Anteil, der sich bis zum 11. über Italien und Südosteuropa zum Schwarzen Meer bewegte. Die Vorderseite erfasste dabei ein schon vorhandenes kleines Tief ("Valter") über der nördlichen Adria, das dort in Folge von Leeeffekten entstanden war. Im Zusammenspiel mit dem Höhentrog vertiefte es sich rapide und wies auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung über dem nördlichen Teil des Schwarzen Meeres am 11. um 12 UTC einen Kerndruck von unter 980 hPa auf. Die scharfen Luftdruckunterschiede erzeugten in seiner Umgebung ein kleinräumiges Starkwindfeld. In Simferopol auf der Halbinsel Krim blies der Wind mit bis zu 115 km/h in Böen. Während des eindrucksvollen Entstehungsprozesses von "Valter" kam das Wettergeschehen auch in Mitteleuropa nicht zur Ruhe. Zunächst zog am 10. eine Frontalwelle über Deutschland hinweg südostwärts, nur 24 Stunden später folgte das Tief "Urs". "Urs" wählte eine etwas nordöstlichere Zugbahn und wanderte etwa entlang der Elbe über die Bundesrepublik hinweg nach Südpolen. Die mit der Frontalwelle und "Urs" verknüpften Niederschlagsgebiete gingen fließend ineinander über. Daher macht es zumindest in der Südwesthälfte des Landes, die von beiden Systemen betroffen war, nur begrenzt Sinn, die Regensummen nach diesen zu trennen. Betrachtet man die Gesamtmengen vom 10., 06 UTC bis 12., 06 UTC, nimmt den Spitzenplatz in dieser Hitliste mit 128 mm klar die Station Baiersbronn-Mitteltal für sich in Anspruch. Generell konnten in diesem Zeitraum die höchsten Werte an den West- und Nordwesthängen der Mittelgebirge - besonders des Schwarzwaldes - verzeichnet werden, wo zusätzliche Hebungsantriebe durch An- und Überströmen gegeben waren. Abgesehen von den hohen Regensummen standen einmal mehr das Thema Wind sowie die Schneefallgrenze im Mittelpunkt. Am 10. reichte es vor allem auf den Gipfeln der Mittelgebirge und an den Küsten für Sturm- und schwere Sturm-, vereinzelt für orkanartige Böen (z.B. Feldberg/Schw. (1493 Meter) 104 km/h); im Flachland wurden dagegen nur örtlich Sturmböen beobachtet (z.B. Siegerland/Flgh. 81 km/h). Die Gebiete nordöstlich des Wellenscheitels verblieben im Bereich des Höhentroges und der Kaltluft, während südwestlich davon mildere Luft miteinbezogen wurde. So gingen am Nachmittag z.B. in Berlin kräftige Schneeschauer und Gewitter nieder, unterdessen regnete es im Südwesten bis etwa 1000 Meter Höhe. Am 11. war einmal mehr die genaue Zugbahn des Tiefkerns von "Urs" entscheidend. Etwa nordöstlich der Elbe spielte der Wind keine Rolle, im Süden kam es verbreitet zu schweren Sturmböen. Der Große Arber im Bayerischen Wald (1446 Meter) verbuchte sogar eine 140 km/h-Böe. Mehr als nur einen flüchtigen Blick war an diesem Tag auch die Verteilung der Höchsttemperaturen wert. Ähnlich wie am 10. die Frontalwelle führte auch "Urs" in seinem Warmsektor deutlich mildere Luft mit sich. In dieser kletterten die Temperaturen in Mannheim bis auf +12 °C, während im Berliner Raum bei nur +2 °C phasenweise sogar noch Schnee fiel. Rückseitig des Tiefs, nach einer im Süden örtlich gewittrigen Kaltfrontpassage am Abend (z.B. Stötten, München), drang die Kaltluft aber auch rasch wieder nach Süden und Westen vor. Die insgesamt ergiebigen Niederschläge hatten am 10. und 11. im Südwesten zum Teil bis in die Hochlagen flüssige, sonst aber zumindest in den Bergen feste Form. Dabei häuften sich für Mitte November mancherorts enorme Schneemengen an. Auf dem Großen Arber betrug die Schneehöhe am 13. 115 cm, auf der Zugspitze (2962 Meter) wuchs die Schneedecke bis zum selben Tag auf 200 cm. Auch auf dem Wendelstein (1835 Meter) lag mehr als ein halber Meter Schnee. Selbst Berge unter 1000 Meter Höhe wie die Wasserkuppe (925 Meter) oder der Kahle Asten (841 Meter) konnten 39 bzw. 30 cm vermelden. Nach weiteren Niederschlägen in der Nacht zum 14. waren es zum Morgentermin an allen Stationen noch einige Zentimeter mehr. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass in der Osthälfte des Landes auch in den Niederungen verbreitet dünne Schneedecken zustande kamen (z.B. Chemnitz (420 Meter) 4 cm, Weiden/Oberpfalz (439 Meter) 2 cm, Kümmersbruck (419 Meter) und Schwandorf (356 Meter) je 1 cm am 11., 06 UTC). Die Schneefälle verursachten teilweise große Behinderungen, inneralpin galt zeitweise die zweithöchste Lawinenwarnstufe vier. Die Zufahrt zu den bekannten Wintersportorten Lech und Zürs am Arlberg war so früh wie seit 1974 nicht mehr gesperrt. Glimpflich dagegen verlief in den Niederlanden und in Norddeutschland die befürchtete Sturmflut. Bei einem Wasserhöchststand in Hamburg von 3,33 Meter über dem mittleren Hochwasser standen nur wenige Straßen und Keller unter Wasser. Auch sonst blieben die Windböen in Mitteleuropa ohne größere Schäden. Anders sah dies am Schwarzen Meer bzw. genauer im Asowschen Meer östlich der Halbinsel Krim aus: Dort gingen nach Medienberichten vier Frachtschiffe unter oder liefen auf Grund. Aus einem von ihnen flossen 2000 Tonnen Heizöl ins Meer mit schwerwiegenden Folgen für die Umwelt. Mindestens drei Seeleute kamen ums bei den Unglücken ums Leben. Text: CE
Wetterwerte Nachstehend verschiedene Wetterwerte: Zum einen die 10 höchsten gemessenen Windböen in Deutschland (plus Karlsruhe) vom 09., 10. und 11.11.2007, soweit vorliegend. Zum anderen die jeweils 10 größten gemessenen 24-stündigen Niederschlagsmengen in Deutschland (plus Karlsruhe) vom 09. bis 12.11.2007, je bis 06 UTC. Abschließend eine Auswahl gemessener Schneehöhen, ebenfalls in Deutschland, vom 09. bis 14.11.2007, jeweils um 06 UTC. Quellen aller Daten: DWD, WetterOnline.
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