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Sonntag, 05. August 2007, 17:15 MESZ
Heftige Gewitter, Starkregen Deutschland und Großbritannien 19.-23.07.2007 Satellitenbild: 20.07.2007, 12:00 UTC, MSG-2 VIS/IR Quelle: B. J. Burton |
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Wetterlage und Entwicklung Starkniederschlagsereignisse, teilweise verbunden mit heftigen Gewittern, traten um den 20.07.2007 in Teilen Nordwest- und Mitteleuropas auf. In einigen Gebieten Großbritanniens kam es infolge starker Regenfälle zu großflächigen Überflutungen, ein kräftiges Gewitter richtete im fränkischen Bayreuth Schäden in Millionenhöhe an. Wenige Tage nach dem Ende der Hitzewelle, die im Osten und Süden Deutschlands in manchen Orten Rekordtemperaturen brachte (siehe Artikel), stellte sich über West- und Mitteleuropa eine potentiell unwetterträchtige Wetterlage ein. Die großräumigen Strukturen wiesen dabei die dafür notwendigen ‚klassischen' Merkmale auf: Von Skandinavien erstreckte sich ein umfangreicher langwelliger Höhentrog über die Britischen Inseln südwestwärts bis zu den Azoren. Demgegenüber stand ein mächtiger Hochdruckrücken, der vom südlichen Europa über den Balkan und Osteuropa bis nach Westrussland reichte. Dazwischen etablierte sich eine von der Iberischen Halbinsel über Frankreich und Deutschland bis zum Baltikum verlaufende kräftige südwestliche Höhenströmung. Darin eingebettet konnte eine Luftmassengrenze analysiert werden, die heiße Luft mit Temperaturen von verbreitet über +20 °C im 850 hPa-Niveau im Südosten von deutlich kühlerer Luft im Nordwesten trennte. Nach Nordosten ablaufende Kurzwellentröge induzierten Hebungsvorgänge, die im Bereich der Frontalzone konvektive Umlagerungen auslösten. Zusätzlich wirkte sich der Tagesgang unterstützend für die Entwicklung von Schauern und Gewittern aus. Am Vormittag des 19. erreichten Überreste eines zusammenhängenden Niederschlagsgebietes mit eingelagerten Gewittern, das in der Nacht zuvor über Frankreich entstanden war, den Westen und Südwesten Deutschlands. Es breitete sich im Tagesverlauf nach Nordosten aus. An dessen südlichen Ende bildeten sich in der Nähe zur warmen Luft über Nordbayern am Nachmittag zum Teil kräftige Gewitter, die sich linienhaft organisierten. Eine Gewitterzelle traf dabei am späten Nachmittag die Stadt Bayreuth. Im etwas außerhalb des Stadtzentrums gelegenen Ökologisch-Botanischen Garten der Universität Bayreuth wurden innerhalb kürzester Zeit etwa 30 mm Regen registriert. Straßen wurden überflutet, Sturm-, möglicherweise auch Orkanböen knickten Äste ab und entwurzelten Bäume. Zudem fiel Hagel. Auch in das bekannte Festspielhaus drang Wasser ein, größere Schäden waren dort aber nicht zu beklagen. Zum Abend weiteten sich neue Gewitter von den Alpen her nach Südbayern aus. Die Landeshauptstadt München war davon gleich drei Mal betroffen: Am frühen Abend, gegen Mitternacht und am Morgen des 20. gingen bei Gewittern insgesamt 41 mm Regen nieder. Am 20. schien sich das Geschehen des Vortages zu wiederholen. Erneut griffen am Vormittag von Frankreich her Überreste der Gewitter vom Vortag in Form eines ausgedehnten Niederschlagsgebietes auf den Westen und Südwesten über. Der Ausfluss kalter Luftmassen aus diesem Gebiet triggerte um die Mittagszeit über dem östlichen Schwarzwald neue Gewitterzellen, während sich das ursprüngliche Niederschlagsgebiet etwa entlang des Oberrheins allmählich auflöste. Diese neuen Zellen schlossen sich ebenfalls zu einer linienartigen Struktur zusammen, die bis zum Abend Deutschland ostwärts überquerte. Gleichzeitig zogen dann aus den Alpen wiederum neue Gewitter und größere Regengebiete Richtung Südbayern. Auf der synoptischen Skala war für diese Entwicklungen eine Frontalwelle verantwortlich, die sich an der immer noch quer über Deutschland verlaufenden Luftmassengrenze zu einem kleinen Tief ("Dietmar") intensivierte und von Frankreich her über Westdeutschland zu den Niederlanden wanderte. Auf der Vorderseite wurde die warme und feuchte Luft vorübergehend weit nach Norden gelenkt. Am 21. befand sich die Luftmassengrenze etwa über dem Alpenraum. Ein weiterer Kurzwellentrog ließ über Ostbayern erneut ein kleines Tief ("Erdmann") entstehen, das bis zum Abend des 22. über die neuen Bundesländer zur Ostsee zog. Korrespondierend dazu verlagerte sich ein großes Gebiet mit schauerartig verstärktem Regen nordostwärts. In Kyritz im Nordwesten Brandenburgs summierte sich der Regen im 48-stündigen Zeitraum bis zum 23., 06 UTC auf 86 mm. Das ist mehr als die durchschnittlich im gesamten Monat zu erwartende Menge. Ein anderes großes Thema in diesen Tagen waren die Überschwemmungen in Teilen Großbritanniens. Mehrere Flüsse führten Hochwasser, darunter auch die Themse. Mehr als 300.000 Menschen hatten keine Anschluss an das Trinkwassernetz, etwa 50.000 Haushalte waren ohne Strom. Besonders betroffen waren die Regionen Gloucestershire, Herefordshire, Lincolnshire, Oxfordshire und Berkshire. Zahlreiche Menschen mussten per Hubschrauber aus ihren Häusern evakuiert werden. Mindestens zwei Menschen kamen ums Leben; der Schaden wird auf rund 3 Milliarden Euro geschätzt. Die Überflutungen wurden als die schlimmsten in Großbritannien seit 60 Jahren bezeichnet. Ausgelöst wurden die heftigen Regenfälle durch einen Ableger des Tiefs "Dietmar". Anhaltende und kräftige Hebungsprozesse sowie die in der Umgebung des sekundären Tiefzentrums über Südengland nur geringen Verlagerungsgeschwindigkeiten der Niederschlagsgebiete sorgten für die ergiebigen Regenmengen. Der Großteil des Regens verteilte sich dabei auf 24 Stunden. Zwischen dem 20., 06 UTC und dem 21., 06 UTC gingen z.B. in Brize Norton (Mittelengland) 118 mm und in Pershore 112 mm nieder. Text: CE
Wetterwerte Nachstehend die höchsten 24-stg. Niederschlagsmengen an vorliegenden Stationen in Deutschland vom 19., 06 UTC bis 20., 06 UTC und vom 20., 06 UTC bis 21., 06 UTC, die höchsten 48-stg. Niederschlagsmengen an vorliegenden Stationen in Deutschland vom 21., 06 UTC bis 23., 06 UTC sowie die höchsten 24-stg. Niederschlagsmengen an vorliegenden Stationen in Großbritannien vom 20., 06 UTC bis 21., 06 UTC (Quellen: DWD, WetterOnline):
Hierbei ist zu beachten, dass für die Niederschlagswerte bis zum 21., 06 UTC deutlich mehr Stationen zur Verfügung standen. Der Großteil der aufgeführten Stationen liegt in Südbayern. Von den 81 mm in Oy-Mittelberg fielen 67 mm am 20. zwischen 18 und 20 UTC, in Notzingen (Lkr. Esslingen, Baden-Württemberg) ging fast der komplette Niederschlag binnen einer Stunde am 20. zwischen 12 und 13 UTC nieder.
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