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Donnerstag, 13. November 2014, 00:45 MEZ zuletzt aktualisiert: 18. Nov. 2014, 00:00 MEZ Starkniederschlag/Gewitter westliches/zentrales Mittelmeer, Südalpen 09.-12.11.2014 Überflutungen am Lago Maggiore bei Stresa am 12.11.2014 Quelle: youreporter.it |
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Nach bereits ergiebigen Niederschlägen von mehreren Hundert Millimetern Anfang November stellten sich ab dem 09.11.2014 auf der Alpensüdseite sowie im zentralen Mittelmeerraum erneut kräftige Starkniederschläge ein. Besonders betroffen waren die Gebiete vom Tessin über das Piemont bis nach Ligurien. In Genua fielen bis zum 12.11., 06 UTC 281 mm in 72 Stunden. Der Pegel des Lago Maggiore überschritt die höchste Gefahrenstufe und erreichte einen Pegelstand von 196,4 m. In Norditalien kamen in Folge der starken Regenfälle bislang 5 Menschen ums Leben (Quelle: tagesschau.de). Update am 18. Novemer 2014, 00:00 MEZ: Nach kurzzeitiger Wetterberuhigung setzten ab dem 14.11. von Frankreich erneut Starkniederschläge ein, die am 15.11. auf den Nordwesten Italiens und den Süden der Schweiz übergriffen. Durch Überschwemmungen und Erdrutsche kamen an den beiden Tagen nochmals insgesamt neun Menschen ums Leben (Quelle: orf.at).
Wetterlage und Entwicklung Weniger als eine Woche nachdem Tief "Quendresa I" in weiten Teilen des Mittelmeerraumes sowie auf der Alpensüdseite mit Starkregen und Sturm für heftige Wettererscheinungen sorgte (siehe auch vorangegangener Artikel) stellte sich auf der Alpensüdseite ab dem 09.11. erneut eine Starkregenlage ein. Am 08.11. lag Tief "Quendresa" mit dem dazugehörigen Höhentief noch knapp östlich der Insel Sizilien, während über Westeuropa bereits der nächste Trog weit nach Süden bis in den Süden Algeriens vorstieß. In der hebungsaktiven Zone vorderseitig des Troges, hervorgerufen durch positive differentielle Vorticityadvektion, setzte am 09.11. Druckfall am Boden ein und vom westlichen Mittelmeer bis in den Süden Algeriens bildete sich eine Tiefdruckrinne "Roswitha II" aus. In einer südlichen Strömung vorderseitig der Tiefdruckrinne wurden feuchtwarme Luftmassen aus dem Mittelmeerraum gegen die Alpen geführt was zusammen mit den großräumigen Hebungsprozessen zur Ausbildung kräftiger Niederschläge führte. Am Südrand der Alpen sowie im nördlichen Apennin gingen verstärkt durch orographische Effekte zum zweiten Mal innerhalb einer Woche enorme Regenmengen nieder.
Bis zum 11.11. füllte sich der Trog in seinem Südteil zunehmend auf, wurde jedoch sodann durch einen neuen vom Atlantik herein schwenkenden Trog ersetzt, auf dessen Vorderseite sich über dem Golf von Genua bis zum 12.11 ein neues Tief "Stephanie II" ausbilden konnte. Die zu Starkniederschlägen neigende Witterung blieb dem zentralen Mittelmeerraum, sowie den Regionen auf der Alpensüdseite somit bis zum 12.11 erhalten. Dagegen stellte sich auf der Alpennordseite mit einer sich ausbildenden lebehaften südlichen Höhenströmung vorderseitig des Troges Südföhn ein. Somit stiegen die Temperaturen am 11.11. in einigen Alpentälern auf über 20 Grad. In Oberstdorf kletterte die Temperatur auf 20,1 Grad, in Vaduz (LI) wurden sogar 20,6 Grad gemessen. Mit dem Föhndurchbruch traten in einigen Alpentälern zum Teil schwere Sturmböen auf. Die Station Altdorf (CH) meldete Böen bis 98 km/h, in Vaduz (LI) wurden Böen bis 78 km/h gemessen. Auf den Alpengipfeln wehte der Wind zum Teil in Orkanstärke. Auf dem Patscherkofel bei Innsbruck traten Böen bis 140 km/h auf, die Zugspitze meldete Böen bis 137 km/h. Über dem Mittelmeer führte die im Bereich der Höhentröge eingesickerte Kaltluft in der Höhe im Zusammenspiel mit dem noch um 20 °C warmen Mittelmeerwasser zur Labilisierung der Troposphäre, was von Algerien über Sardinien und Korsika bis nach Südfrankreich, Ligurien und Mittelitalien örtlich kräftige Starkregenereignisse konvektiver Art zur Folge hatte. Zum Teil wurden CAPE Werte von über 1000 J/kg erreicht. Die CAPE (Convectively available potential energy) beschreibt die Energie, die der Luft für die Konvektion zur Verfügung steht und ist somit ein Maß für die Gewitterbereitschaft.
Am 09.11. setzten zunächst im Süden Frankreichs zum Teil ergiebige Regenfälle ein. An der Station Salon-de Provence (F) fielen bis zum 10.11., 06 UTC 79 mm in 24 Stunden, in Le Luc (F) kamen im gleichen Zeitraum 72,3 mm vom Himmel. In den Folgetagen verlagerte sich der Niederschlagsschwerpunkt in den Nordwesten Italiens sowie in die Südschweiz. Am stärksten waren die Regionen vom Tessin über das Piemont bis nach Ligurien betroffen. In Genua summierte sich die Niederschlagsmenge bis zum 12.11., 06 UTC auf 281 mm innerhalb 72 Stunden. Im Durchschnitt fallen dort im gesamten Monat November nur 111 mm. In den Bergen nahe Genua fielen die Regenmengen sogar noch deutlich höher aus. Bespielsweise regnete es in Alpicella bis zum 12.11., 14 UTC mehr als 240 mm in nur 38 Stunden (siehe auch Graphik). In der Italienischen Region Ligurien sowie im Piemont hatten die intensiven Regenfälle vielerorts Überschwemmungen und zahlreiche Erdrutsche zur Folge. Häuser, Straßen und Bahnverbindungen wurden überflutet, in einigen Haushalten fiel der Strom aus. In Leivi nahe Genua starben 2 Menschen, als ihr Haus unter der Last einer Schlammlawine zusammenstürzte. Insgesamt kamen in Norditalien in Folge der Regenfälle in dieser Woche bislang 5 Menschen ums Leben. Allein in der Region Piemont belaufen sich die Sachschäden bislang auf über 100 Millionen Euro (Quelle: ANSA). Nachdem bereits in der vergangenen Woche Niederschlagsmengen von mehreren Hundert Millimetern niedergingen, war die Situation auch an den Seen Lago Maggiore und Lago di Lugano angespannt. Während die Pegel der Flüsse im Tessin die Alarmschwellen zum Hochwasser meist nicht erreichten, überschritt der Pegel am Lago di Lugano die Gefahrenstufe 4. Am Lago Maggiore wurde sogar die Gefahrenstufe 5 überschritten. Bis zum 13.11. stieg der Pegel auf einen Höchststand von 196,4 m. Die Rekordmarke von 197,58 m aus dem Jahr 2000 wurde damit nicht erreicht. Im Jahresdurchschnitt liegt der Pegel des Sees bei etwa 193,5 m.
Update am 18. November 2014, 00:00 MEZ Weitere Entwicklung Der Trog, der sich am 12.11. von Westeuropa bis in den zentralen Mittelmeerraum erstreckte schnürte sich in seinem Südteil ab und das daraus entstandene abgeschlossenes Höhentief verlagerte sich am 13.11. mitsamt dem Bodentief "Stephanie II" in den östlichen Mittelmeerraum. Unter einem sich über Spanien und dem westlichen Mittelmeerraum aufwölbenden Rücken beruhigte sich das Wetter im zentralen Mittelmeerraum sowie auf der Alpensüdseite vorrübergehend und unter großräumigem Absinken hörten die Regenfelle in den mit hohen Niederschlagsmengen versehenen Regionen im Laufe des 13.11. auf. Über dem Atlantik lagerte weiterhin ein umfangreicher Langwellentrog zusammen mit dem steuernden Zentraltief "Stephanie I" im Bodendruckfeld. Vorderseitig eines eingelagerten Kurzwellentroges setzte am 14.11. über Spanien erneut Druckfall am Boden ein, was die Ausbildung eines Randtiefs zur Folge hatte, dass sich im Laufe des 15.11 über Südfrankreich bis in den Norden Italiens verlagerte. Vorderseitig des Tiefs wurden erneut warme und sehr feuchte und damit energiereiche Luftmassen nach Norden gegen die Alpen geführt. Gleichzeitig verursachte mit der Höhe zunehmende positive Vorticityadvektion vorderseitig des Troges zusammen mit der Warmluftadvektion intensive Hebungsvorgänge, die in Südfrankreich, im Nordwesten Italiens sowie im Schweizer Kanton Tessin erneut ergiebige Regenfälle zur Folge hatten. Durch zusätzlich erzeugte Labilität der Atmosphäre über dem warmen Mittelmeerwasser wurden die Niederschläge zum Teil konvektiv verstärkt, wodurch besonders in Teilen Liguriens aber auch in den Cevennen extreme Regenmengen innerhalb kurzer Zeit zu Stande kamen.
Mit der Ostwärtsverlagerung des Kurzwellentroges verlagerte sich der Niederschlagsschwerpunkt in der Nacht zum 15.11. und am Tag darauf über den Südosten Frankreichs nach Italien und in den Süden der Schweiz. Ähnlich wie bereits am Vortag in Frankreich gingen besonders in Teilen Liguriens heftige Gewitter mit sehr intensiven Niederschlägen nieder. Am Passo die Giovi nördlich von Genua fielen bis zum 15.11., 18 UTC 361 mm in nur 12 Stunden, davon allein 270 mm bis 12 UTC. Die Station Genua meldete im gleichen Zeitraum 159 mm. Zwischen dem 09.11., 06 UTC und dem 16.11., 06 UTC fielen dort 459,4 mm in nur einer Woche. Das entspricht etwa dem vierfachen des durchschnittlichen Novemberniederschlags. Damit wurde die Region erneut von Überschwemmungen heimgesucht. In Genua standen ganze Stadtbezirke unter Wasser. Zahlreiche Erdrutsche machten Straßen und Bahnstrecken unpassierbar.
Neben dem Großraum Genua regnete es am 15.11. auch im Piemont, der Lombardei und im Tessin wieder kräftig. Mit den erneuten Niederschlägen stiegen dabei auch die Pegel der Seen Lago Maggiore und Lago Lugano erneut an. Mit einem Pegelhöchststand von aktuell 271,88 m hat nun auch der Lago di Lugano die höchste Gefahrenschwelle überschritten. In der Lombardei und im Tessin starben jeweils zwei Menschen, als ihr Haus in Folge eines Erdrutsches einstürzte.
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