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Montag, 20. Oktober 2014, 23:00 MESZ
Ungewöhnliche Wärme Deutschland, Mitteleuropa 07.-20.10.2014 Grafik: Interpolierte 2-m-Temperatur in Europa (COSMO-EU-Analyse) am 09.10.2014, 13 UTC. Quelle: DWD JavaMAP |
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Der Oktober 2014 startete bereits ungewöhnlich warm, in der zweiten Oktoberwoche verstärkte sich vorderseitig des Tiefkomplexes "Katrin" die Warmluftzufuhr noch weiter und ließ die Temperaturen besonders im Alpenraum mit Föhnunterstützung mehrere Tage in Folge über die 25°C-Marke steigen. Dort wurden auch einige neue Temperaturrekorde für die erste Oktoberdekade, teils auch Monatsrekorde aufgestellt. Am 9. Oktober erreichten die Temperaturen dann auch in Süddeutschland rekordverdächtige Höhen. Am Wochenende 18./19.Oktober wiederholte sich die warme Lage, diesmal jedoch mit Hoch "Oz". Dabei war es örtlich sogar wärmer als zehn Tage zuvor.
Wetterlage und Entwicklung Die Wetterlage zu Monatsbeginn war von einer Hochdruckbrücke zwischen dem Azorenhoch und einem kräftigen Hoch über Skandinavien geprägt. Dabei wurden mit Sonne bereits Werte nahe 25°C gemessen. Ab dem 04.10. näherte sich langsam ein Trog über dem Atlantik, dessen Randtröge und korrespondierenden Bodentiefs das Wetter im westlichen Mitteleuropa wechselhaft, aber ausgesprochen mild gestalteten. Am 05.10. war dies Tief "Joanna", von 07.-10.10. "Katrin" I und II. Dabei unterlag das Frontensystem letzterer ständiger Wellenbewegung, am 08. und 09. war bodennah über Deutschland hauptsächlich Warmluft aktiv, danach floss wieder etwas kühlere Luft ein. In Westdeutschland summierten sich Regenfälle in letztgenanntem Zeitraum auf teils über 50 mm, während südöstlich davon zeitweise sommerliches Wetter herrschte. Die großräumige Druckkonstellation blieb bestehen, sodass sich am folgenden Wochenende bereits ein neues Tief ("Livia") mit neuer Warmluft auf den Weg nach Mitteleuropa machte. Zur Monatsmitte etablierte sich erneut eine kräftige südwestliche Strömung vorderseitig eines kräftigen Atlantiktrogs, der seine Amplitude immer weiter vergrößerte und stromab zur Aufwölbung eines Höhenrückens beitrug. Dieser dehnte sich am 19. bis Mittelfinnland aus, der Südteil des Trogs tropfte nahe den Kanarischen Inseln ab.
Rekordverdächtige Wärme Anfang Oktober Zwischen dem umfangreichen Tiefdruckkomplex mit Zentraltief "Katrin" über dem Atlantik und Hoch "Nikolai", das sich in der Folge weiter nach Südosteuropa zurückzog, kam eine starke südwestliche Strömung in Gang, die für sehr warme Luft subtropischen Ursprungs weit nach Mitteleuropa führte. Die Temperaturen im 850 hPa-Niveau (rund 1500 Meter) lagen zuvor mit 5-8°C für die Jahreszeit nicht besonders tief und stiegen ab dem Abend des 06.10. vom westlichen Mittelmeerraum her zunächst in Süddeutschland, am 08. bis nach Polen und den Balkanländern und am 10. bis ins Baltikum auf Werte von über 10°C. Nordöstlich der Alpen wurden bis zu 16°C analysiert, was einer positiven Abweichung von 10 K zum langjährigen Mittel entspricht. Östlich des langgestreckten Frontensystems von "Katrin" setzte sich die Sonne durch und mit Föhnunterstützung konnten trotz fortgeschrittener Jahreszeit sommerliche Temperaturen erreicht werden. Durch den schon deutlich niedrigeren Sonnenstand als im Spätsommer muss genug Wind vorherrschen, damit sich Höhenwarmluft auch in tieferen Lagen komplett durchsetzen kann. Beispielsweise waren diese Bedingungen in Feldkirch in Österreich vorhanden, an drei aufeinanderfolgenden Tagen wurde die Sommertags-Marke von 25,0°C überschritten: am 07.10. glatt, am 08.10. mit 27,2°C nochmal deutlich wärmer, genauso wie am 09.10. mit 28,2°C. Gemeinsam mit Bregenz war dies die höchste gemessene Temperatur dieser Wärmephase in Mitteleuropa, in beiden Fällen bedeutete dies an diesen Stationen einen neuen Rekord für den gesamten Monat Oktober (Quelle vol.at). Alte Rekordwerte wurden um ein halbes bis anderthalb Grad übertroffen. Vaduz im Fürstentum Liechtenstein machte bereits in der Nacht auf den 08.10. Schlagzeilen, mit 22,4°C wurde durch den konstanten Föhn die wärmste Oktobernacht seit Messbeginn registriert, damit eine tropische Nacht, dies kam in der Messreihe auch erst zum vierten Mal in einem Oktober vor (Quelle meteoschweiz.ch), selbst im Hochsommer kein häufiger Wert. In Deutschland lagen die Tiefstwerte teilweise auch über 15°C, am wärmsten blieb es mit 17,8°C in Obersulm-Willsbach. Am 07. und 08.10. stiegen die Temperaturen in Bayern bereits auf 24°C, am 09.10. wurden dann Sommertage im Münchner und Stuttgarter Raum aufgezeichnet. Notzingen (BW) hatte den höchsten Wert der DWD-Stationen mit 27,2°C inne, München/Stadt mit 27,0°C den höchsten in Bayern. An der privaten Meteomedia-Station in Ludwigsburg waren es sogar 27,6°C. Kempten kam mit 26,6°C bis auf vier Zehntel an den Dekadenrekord der über 60-jährigen Messreihe heran. In Frankreich lagen die Werte an fünf Tagen am Stück (07.-12.10.) noch einmal über 25°C (Maximum 09.10. mit 29,5°C in Carpentras, auch der äußerste Süden Europas erreichte kaum höhere Werte). Städte wie Graz und Villach maßen auch drei Sommertage von 09.-11.10., die westlichen Balkanländer vier (Maximum in Banja Luka (BIH): 29,6°C).
Spätsommerliches Wetter Mitte Oktober Entscheidend für die Entwicklung der kräftigen Trog-Rücken-Struktur war die Entstehung von Tief "Noa", das nach deutlicher Verstärkung die Position des vorhergehenden Zentraltiefs "Margit" einnahm. Dadurch konnte sehr warme Luft aus dem Seegebiet der Kanarischen Inseln nach Mitteleuropa vorstoßen (siehe Rückwärtstrajektorie ). Die Temperaturen im 850-hPa-Niveau lagen am 16. nach der unwesentlichen Abkühlung zuvor weiterhin über 5°C. Südeuropa wurde großflächig von der 10°C-Isotherme überdeckt, im Lauf des 18. dann auch ganz Deutschland, am 19. Polen. Dessen Vorankommen von Spanien her zeigt sich auf den Wetterkarten in ihrer charakteristischen, antizyklonal gekrümmten Form. Im Alpenraum wurde eine 16°C-Isotherme analysiert, das war an einem 19.Oktober seit mindestens 1979 nicht vorgekommen. Diese Werte kamen durch die kräftige Südströmung durch Überströmung des Kantabrischen Gebirges und der Pyrenäen in Nordspanien und Südwestfrankreich zur vollen Entfaltung: es wurden nochmals Hitzetage gemessen, mit bis zu 31,9°C in Santander (ES) und 31,5°C in Dax (F). Selbst für die südlichen Regionen sind dies außergewöhnlich hohe Werte. In Deutschland reichte es bei dieser Wetterlage erneut zu Sommertagen.
Dekadenrekorde und Einordnung Am 09.10. lagen die Tagesmaxima der Temperatur verbreitet 10 K über den jahreszeitlich üblichen Werten und damit im Bereich rekordverdächtiger Werte. In Kempten war es bspw. nur am 02.10.2001 mit 27,0°C wärmer. Ansonsten stehen in Süddeutschland viele Rekorde vom 03.10.1985 zu Buche, mit extremen Werten von bis zu 30,8°C in Freiburg. Für eine Hitzelage am Oberrhein waren zu viele Wolken unterwegs und die wärmste Luft traf nicht mit dem stärksten Gradienten zusammen. Andererseits hätte der Kemptener Wert und bspw. mit Abstand der aus Stuttgart/Echterdingen (26,2°C) nur zwei Tage später einen Dekadenrekord bedeutet (dann 2.Dekade - 24,0°C am 13.10.1921). Bei den letzten Wärmelagen Anfang Oktober 2011 und 2009 lagen die Spitzenwerte ebenfalls um 27°C. Trotz der damals etwas höheren Werte ist die lange Dauer der hohen Werte sehr beachtlich: zusammen mit den hohen Nachtwerten teils deutlich über 10 °C war die erste Oktoberdekade 2014 bspw. in Rheinstetten mit 15,3°C um 5,3 K wärmer im Vergleich zum Mittel des Gesamtmonats (1961-1990). 2009 waren es 15,2°C und 2011 14,3°C nach den ersten zehn Tagen. Der diesjährige Oktoberstart gehört damit zu den wärmsten seit Aufzeichnungsbeginn. Die Lage am 19.10. erinnerte an die zwei Jahre zuvor, an drei der vier Stationen mit neuen Dekadenrekorden wurde nach 2012 bereits wieder ein neuer Höchstwert aufgestellt. Mit mehr SW- als SO-Winden wären noch verbreiteter Sommertage aufgetreten. Begünstigt waren die Nordränder der Mittelgebirge in NRW, RP und BW.
Text: FB 12. Oktober 2014 aktualisiert: FB, 20. Oktober 2014 |