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Anfang Juli 2014 gelangten feucht-heiße Luftmassen nach Mitteleuropa und sorgten am 04. und 05.07. zunächst für lokal kräftige Gewitter. An den Folgetagen bildete sich nördlich der Alpen ein Bodentief aus, das kühlere Luftmassen von heißer Luft trennte. Im Übergangsbereich entwickelten sich kräftige konvektive Niederschläge mit zum Teil schweren Gewittern. Mancherorts fielen die Gewitter unwetterartig aus und gingen mit Sturmböen, Starkregen und Hagel einher. Sogar einzelne Tornados traten auf. Anhaltende, stratiforme Niederschläge setzten im Bereich der kälteren Luft ein, sodass sich das Regendefizit der Vormonate rasch verringerte.
Wetterlage und Entwicklung Nach einer mäßig warmen und weitgehend ruhigen zweiten Junihälfte 2014 gelangten Anfang Juli von Südwesten deutlich wärmere und zunehmend feuchtere Luftmassen suptropischen Ursprungs nach Mitteleuropa. In der energiereichen Heißluft, die vorderseitig eines quasistationären Höhentrogs über dem nördlichen Ostatlantik nordostwärts vorankam, stieg das Unwetterpotential langsam an. Ebenfalls trogvorderseitig fanden großräumige Hebungsvorgänge statt, die zusammen mit Konvergenzen am Boden die Auslösung von Gewittern begünstigten.
Am 06.07. machte sich von Westen eine wellende Kaltfront von Tief "Lucia", das mit seinem Zentrum zwischen den Britischen Inseln und Island lag, bemerkbar. Die Front erstreckte sich diagonal von Südwest- bis Nordeuropa und trennte die stark unterschiedlich temperierten Luftmassen voneinander. Eine der Kaltfront vorgelagerten Strömungskonvergenz verursachte lokal kräftige Gewitter. Im Übergangsbereich zwischen kühlerer Luft über dem Nordwesten und heißer Luft über dem Osten und Südosten Europas entwickelten sich besonders ab 06.07. stellenweise heftige Gewitter. Im Verlauf des 07.07. initiierte Hebung vorderseitig des herrannahenden Troges und eine südliche Anströmung der Alpen eine Lee-Zyklogenese. Das so entstandene Bodentief "Michaela" war maßgeblich daran beteiligt, die Luftmassengegensätze zu verschärfen. Von Westen sickerte zunehmend kältere Luft ein, im Nordosten und Osten Europas wurde weiterhin heiße Luft aus Süden advehiert, die bis weit in den Norden gelangte. Im Bereich der wellenden Kaltfront und der vorgelagerten Konvergenzlinie kam es stellenweise zu Unwettererscheinungen. Im Verlauf des 08.07. vergrößerte der Trog vor Westeuropa seine Amplitude merklich Richtung Südosten und es begann ein sogenannter Cut-Off-Prozess. Am 09.07. war der Abschnürungsvorgang des Höhentiefs vom Trog über dem östlichen Nordatlantik abgeschlossen und das eigenständige Höhentief kam über dem Alpenraum zum Liegen. Auf der kalten Seite im Westen und Süden des Tiefs gingen länger anhaltende, ergiebige Niederschläge stratiformer Natur nieder. Im Bereich der feucht-heißen Luft im Nordosten entwickelten sich dagegen heftige konvektive Niederschläge, die in Form von teilweise schweren Gewittern fielen.
Erste Gewitter über Frankreich Nach einem heißen Tag am 04.07. mit Temperaturen von verbreitet um 30 °C und Höchstwerten bis 32,9 °C in Rheinstetten (BW) entwickelten sich am Nachmittag und Abend vor allem über Frankreich und der Schweiz erste Gewitter, die sich zu einem organisierten Gewittercluster über Südost- und Ostfrankreich zusammenschlossen und später auch über Südwestdeutschland für Gewitter sorgten. Diese fielen lokal kräftig aus, wie beispielsweise in Simonswald-Obersimonswald (BW), wo in einer Stunde am Abend fast 50 mm Niederschlag fiel. Am 05.07. bildeten sich bereits am Mittag über dem Norden Deutschlands in schwül-warmer Luft erste Gewitter, die sich nordostwärts verlagerten. Lokal gingen kräftige Gewitter nieder, meist kam es aber nicht zu unwetterartigen Erscheinungen. Grund dafür war unter anderem kühlere Luft, die in den Südwesten einsickerte und die Temperaturen dort nur noch auf 20-25 °C klettern ließ.
Kräftige Gewitter von Nordspanien bis Dänemark Brisanter stellte sich die Wettersituation am 06.07. dar. Im Tagesverlauf entstand über Zentral-Frankreich eine Gewitterline, die sich am Nachmittag und Abend zu einer Squall-Line formierte und von Südfrankreich bis Nordostfrankreich erstreckte. Zuvor stiegen die Temperaturen wieder deutlich an und besonders von Baden-Württemberg bis Brandenburg war es heiß mit Höchstwerten bis 33,9 °C im bayerischen Kitzingen. Am späten Nachmittag bildeten sich auch über dem Nordwesten Deutschlands Gewitter. Gegen Abend erreichten die entlang einer Linie organisierten Gewitter über Frankreich den Westen Deutschlands. Für Schäden sorgten dabei vornehmlich Gewitterböen. In Weinbiet in der Pfalz wurden Orkanböen bis 126 km/h gemessen, am Frankfurter Flughafen mit 97 km/h schwere Sturmböen. Von Baden-Württemberg und Saarland bis Rheinland-Pfalz und Hessen deckte der Sturm zahlreiche Dächer ab, etliche Bäume wurden entwurzelt. Die Polizei und Feuerwehr musste hundertfach ausrücken, mehrere Menschen wurden durch das Unwetter verletzt. In Schönenberg-Kübelberg im Landkreis Kusel (RP) wurde ein Tornado gesichtet, der schwere Schäden anrichtete. Er wütete gegen 20:10 MESZ und wurde bis von Ramstein aus beobachtet. Umgeknickte Bäume und abgedeckte Hausdächer waren die Folge.
Tornado bei Schönenberg-Kübelberg (RP) In der Nacht zum 07.07. kam die Gewitterlinie bei langsamer Intensitätsabschwächung noch etwas weiter ostwärts voran, bevor sie sich zum Morgen hin auflöste. Viele Blitze von Sardinien über Süddeutschland bis nach Polen
In der Nacht zum 08.07. nahm die Gewitteraktivität ab und das Niederschlagsgebiet verlagerte sich nach Norden. Bis zum Morgen fielen von Nordrhein-Westfalen bis Brandenburg länger anhaltende und verbreitet ergiebige Regenfälle. Lokale Überflutungen nach ergiebigem Dauerregen und heftigen Gewittern
Am Vormittag des 09.07. verlagerte sich der Niederschlagsschwerpunkt weiter nach Südwesten. Über dem Südwesten betrugen die Temperaturen auf dem 850-hPa-Niveau nur 4 °C, das langjährige Mittel für diese Jahreszeit liegt bei etwa 10 °C. Im Norden dagegen wurden nochmals 16 °C erreicht. Entsprechend war die Temperaturverteilung am Boden: Stuttgart-Echterdingen meldete eine Höchsttemperatur von gerade einmal 12,8 °C, in Hamburg-Neuwiedernthal waren es nochmals knapp 30 °C (29,7 °C). Die bis weit nach Norden vorgedrungene Warmluft bescherte selbst Teilen im Norden Norwegens einen heißen Tag. Nördlich des Polarkreises wurden in Narvik 32,5 °C erreicht - ungewöhnlich für diese nördlichen Regionen. Die stärksten Niederschläge traten im Übergangsbereich der unterschiedlichen Luftmassen auf. Dann waren vor allem die Gebiete von den Alpen bis nach Nordostfrankreich von länger anhaltendem Regen betroffen. Nachmittags und abends entstand von Polen über den Norden und die Mitte Deutschlands eine Gewitterlinie, die erneut zu teils schweren Gewittern führte. Im niedersächsischen Großenkneten kamen bis 19 MESZ binnen einer Stunde 41,0 mm Regen vom Himmel. Örtlich kamen Hagelkörner mit Durchmessern bis 4 cm vom Himmel. In Ostsachsen wütete ein Tornado und sorgte für schwere Schäden. Mehrere Hausdächer wurden abgedeckt, ein Haus brach in Teilen in sich zusammen. Lokal kam es nach heftigem Starkregen zu Überflutungen. Am späten Abend zerfielen die Gewitter weitgehend. Gebietsweise heftige Gewitter traten auch am Adriatischen Meer und in Rumänien auf. Im rumänischen Buzau kamen bis 10.07., 08 MESZ 59,8 mm zusammen, im kroatischen Zadar waren es sogar 109,5 mm. In Aachen-Orsbach summierten sich die Niederschläge nach Gewittern und Dauerregen bis 10.07., 08 MESZ binnen 48 Stunden auf 106,0 mm. Zum Vergleich: in einem durchschnittlichen Juli fallen in Deutschland fast 80 mm Niederschlag.
Am 12.07. kam es erneut zur Bildung teils unwetterartiger Gewitter. Die Gewitterschwerpunkte lagen dabei einerseits vom Alpenrand über Baden-Württemberg bis in den Süden von Rheinland-Pfalz, andererseits im Nordosten Deutschlands. Diese waren meist kleinräumig und quasi stationär. Aus diesem Grund lagen trockene Gebiete nah bei Orten mit heftigem Starkregen, der lokal erneut zu Überflutungen führte. In Heckelberg (BB) fielen binnen einer Stunde bis 17 MESZ 43,1 mm, in Oberstenfeld-Prevorst (BW) bis 18 MESZ im selben Zeitraum 39,6 mm. Verbreitetes Hochwasser blieb weitgehend aus Abgesehen von lokalen Überflutungen durch heftigen Starkregen in Verbindung mit Gewittern und einzelner Ausuferungen von Bächen und kleineren Flussen (vor allem in Hessen und Nordrhein-Westfalen) nach andauernden und ergiebigen Regenfällen, blieb die Hochwasserlage aufgrund des enormen Regendefizits der Vormonate weitgehend entspannt. Zwar wurde die normal übliche Juli-Summe mancherorts innerhalb weniger Tage erreicht oder überschritten, doch die meist geringeren Niederschläge der vergangenen Monate verhinderten ein Hochwasserszenario. In Düsseldorf beispielsweise wurde die Monatssumme für Juli bereits nach der ersten Dekade deutlich übertroffen, für die vergangenen 365 Tage steht immer noch ein Defizit von knapp 100 mm zu Buche (Stand: 11.07.). Für größere Flüsse bedurfte es meist keiner melderelevanten Pegelstände, da die konvektiven Niederschläge einerseits zu regional fielen, die länger anhaltendend, stratiformen Niederschläge zu unterschiedlich verteilt waren.
Text: SB 11. Juli 2014, Update: 12. Juli 2014 |