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Samstag, 24. Mai 2014, 20:30 MESZ
Heftige Gewitter West-/Mitteleuropa 21.05.-23.05.2014 Superzelle bei Stuttgart (BW) am 23.05.2014, 19:30 MESZ © Sven Baumstark |
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Zu Beginn der dritten Maidekade 2014 stellte sich in West- und Mitteleuropa die erste heftige Gewitterlage der anstehenden Sommersaison an. Zunächst wüteten besonders in Teilen Frankreichs teils unwetterartige Gewitter, die sich später weiter nach Deutschland ausbreiteten. Nach Höchsttemperaturen von zum Teil über 30 °C entwickelten sich in feucht-heißer Luft stellenweise schwere Gewitter mit Sturmböen, Starkregen und Hagel.
Suptropikluft beschert erste heiße Tage Über dem östlichen Atlantik dehnte ein Trog seine Amplitude weiter Richtung Süden aus und erstreckte sich zum Ende der zweiten Maidekade über Westeuropa bis nach Nordafrika. Auf der Vorderseite des Troges setzte ein Tief über der Biskaya und ein kräftiges Hochdruckgebiet über Russland eine südliche Strömung in Gang, die sehr warme Luft von der Sahara über Mitteleuropa bis nach Nordwest-Russland führte. Zum 20.05. kam es zu einem Cut-Off-Vorgang und es schnürte sich ein eigenständiges Höhentief ab, das sich am 21.05. mit seinem Zentrum im Nordwesten der Iberischen Halbinsel befand. Das Höhentief mit korrenspondierendem Bodentief namens 'Zeynep' kam nur sehr langsam ostwärts voran, sodass in einem breiten Strom weiterhin Subtropikluft nach Deutschland advehiert wurde.
Zunächst teils schwere Gewitter über Frankreich, später über BeNeLux und Deutschland Über Frankreich bildeten sich im Bereich einer wellenden Kaltfront am 21.05. Gewitter, die regional unwetterartig ausfielen und mit Starkregen, schweren Sturmböen und Hagel einhergingen. Zunächst entwickelten sich bevorzugt in den südwestlichen Regionen Frankreichs erste Schauer und Gewitter, die sich am Nachmittag organisiert als 'Squall Line' entlang der Kaltfront verstärkten und nordostwärts bis etwa in die Mitte Frankreichs vorankamen. In Poitiers-Biard fielen am 21.05. in nur wenigen Stunden 51 mm Regen, in Romarantin wurden mit 104 km/h orkanartige Böen gemessen. Auf dem Mont Aigoual (1564 m) im Massif Central wehte der Wind mit schweren Orkanböen bis 150 km/h. Am Abend ließ die Gewitteraktivität nach. Am 22.05. bewegte sich das Höhentief weiter nordostwärts und das zugehörige Bodentief kam über der Bretagne zum Liegen. Dadurch vergrößerten sich über Mitteleuropa in der Höhe die Geopotentialgegensätze und von Süden wurden feuchtere Luftmassen herangeführt. Am 21.05. kletterten die Temperaturen in Deutschland erstmals über die 30 °C-Marke, am 22.05. stiegen die Temperaturen in Bayern sogar auf fast 32 °C. Im österreichischen Salzburg-Freisaal wurden sogar eine Höchsttemperatur von 33 °C gemessen. Salzburg
Entwicklung kräftiger Gewitterzellen im Südwesten und Norden Deutschlands Vom Südwesten bis in den Norden Deutschlands entwickelten sich entlang einer Konvergenzlinie ebenfalls einige kräftige Gewitter. Im Osten Deutschlands herrschten südöstliche Winde vor, im Westen kam der Wind aus südwestlichen bis westlichen Richtungen. In einem Streifen von der Ostsee über die Mitte bis nach Baden-Württemberg trafen die aus den jeweiligen Richtungen wehenden Winde aufeinander und wurden zum Aufsteigen gezwungen, sodass sich in der feucht-warmen und labilen Luft bei kräftiger Konvektion Gewitterzellen ausbildeten. Drei schwere Gewitter mit Hagelkörnern von lokal 2-4 cm Durchmesser entstanden über dem Südschwarzwald, der Schwäbischen Alb und östlich von Ulm. Ersteres zog am Westrand des Schwarzwaldes nordöstlich entlang und östlich an Karlsruhe vorbei, über den Spessart, den Harz und löste sich nördlich davon auf. Zweiteres wählte als Superzelle eine nördliche Zugbahn und verfehlte Stuttgart nur knapp. In der Stuttgarter Region entstanden eindrucksvolle Videos (siehe unten) der Superzelle, der nördlich von Stuttgart die Puste ausging. Letzteres zog ebenfalls nördlich schwächte sich im Norden Bayerns zunächst ab, bevor es im Mittelgebirgsraum zu neuer Stärke fand und nördlich davon in abgeschwächter Form bis nach Dänemark vorankam. In Deutschland liefen etliche Keller voll, eine vielzahl von Bäumen knickte infolge von Gewitterböen um. Durch Starkegen, Sturm und Hagel kam es unter anderem zu Verkehrunfällen und abgedeckten Hausdächern. Bereits am Vormittag vorhandene hohe Wolken verhinderten von den Alpen über den Südwesten bis in die Mitte Deutschlands kräftigere solare Einstrahlung und stärkere Erwärmung der unteren Luftschichten. Außerdem gelangte der Westen Deutschlands am Abend hinter der wellenden Front bereits in stabilere Schichtungsverhältnisse. Diese Faktoren trugen dazu bei, dass die Gewittererscheinungen nicht noch zahlreicher und heftiger ausfielen. Aufgrund der relativ schnellen Verlagerungsgeschwindigkeit der Gewitter fielen die Niederschlagssummen trotz Starkregenereignissen meist nicht sehr ergiebig aus. Abschließend vor allem im Osten stellenweise unwetterartige Gewitter Am 23.05. waren von Gewittern schwerpunktmäßig Teile Tschechiens, West-Polen und Sachsen betroffen. Über Tschechien bildeten sich teils unwetterartige Gewitterzellen, die nordwärts vorankamen und auf Westpolen und Sachsen übergriffen. Lokal fielen in kurzer Zeit über 40 mm Niederschlag, wie beispielsweise im tschechischen Prag mit 45 mm. Die gewittrige Wetterlage hielt zwar auch an den Folgetagen an, das Unwetterpotential ging allerdings zurück.
Zeitraffer der Superzelle bei Stuttgart (© Marco Puckert) Text: SB 24. Mai 2014 |