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Freitag, 02. Mai 2014, 22:45 MESZ
Heftige Gewitter, Tornados Südosten und Osten der USA 27.-30.04.2014 Tornado-Tracks und 24-h-Niederschlag Südosthälfte der USA, 27.-29.04.2014 Quelle: NOAA SPC |
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Ende April 2014 entwickelten sich in den südöstlichen und östlichen Landesteilen der USA unwetterartige Gewitter. Starkregen, Hagel und Orkanböen richteten gebietsweise schwere Schäden an. Von zerstörerischen Tornados mit etlichen Toten waren vor allem die Bundesstaaten Arkansas, Mississippi und Alabama betroffen. In Teilen Floridas führten heftige Regenfälle zu Überschwemmungen.
Wetterlage und Entwicklung Zum Monatsende April 2014 etablierte sich im Nordosten Nordamerikas ein ausgeprägtes Höhenhoch mit zugehörigem Bodenhoch, das am 28.04. und 29.04. einen Kerndruck von über 1050 hPa erreichte. Unterdessen vergrößerte ein Trog weiter im Westen des nordamerikanischen Kontinents seine Amplitude südostwärts. Als Resultat eines Cut-Off-Prozesses ging ein eigenständiges, abgeschlossenes Höhentief mit korrespondierendem Bodentief hervor, das nur langsam weiter ostwärts vorankam. Auf der Vorderseite des Tiefs, dessen minimaler Kerndruck von 27.04. auf 28.04. mit rund 985 hPa analysiert wurde, wurden feucht-warme und potentiell instabile Luftmassen Richtung Norden transportiert. Potentielle Instabilität tritt oft auf, wenn sich über feucht-warmen Luftmassen trocken-kalte Luft befindet. Bei großräumigen Hebungsmechanismen, wie beispielsweise vorderseitig des Höhentiefs, tritt in der feucht-warmen Luftmasse rasch Kondensation ein und latente Wärme wird freigesetzt, sodass sich diese Luftschichten feuchtadiabatisch abkühlen. Bei den trocken-kalten Luftmassen beginnt die Kondensation hingegen erst wesentlich später und es kommt demzufolge zunächst zu trockenadiabatischer Abkühlung. Dieser Vorgang führt zu einer weiteren Labilisierung der Troposphäre aufgrund des zunehmenden vertikalen Temperaturgradienten und spielt damit eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Gewittern. Rückseitig des Tiefs strömte trocken-kalte Luft nach Süden. Kräftige vertikale Windscherung von über 50 Knoten in den unteren sechs Kilometern der Troposphäre begünstigte die Entstehung von schweren Gewittern und Superzellen.
Dynamik und Tornadoentstehung Zur Entstehung von Tornados sind einige atmosphärische Voraussetzungen vonnöten, die Ende April 2014 in den südöstlichen und östlichen Teilen der USA erfüllt waren. Dazu gehören feucht-warme Luftmassen (viel latente Wärme) in der unteren Troposphäre, trocken-kalte Luft in der Höhe (Labilität) sowie verikale Windgeschwindigkeitszunahme und Windrichtungsänderung (Windscherung). Bei starker vertikaler Windscherung beginnen die konvektiv ausgelösten Wolken zu rotieren und es entstehen häufig sogenannte Superzellen, die die Entwicklung von Tornados begünstigen. Wenn sich bodennah horizontal ausgerichtete, zylinderförmige Windwalzen bedingt durch starke vertikale Windzunahme bilden und allmählich durch kräftige Konvektion im Bereich der Superzellen aufrichten, verringert sich der Durchmesser der Windwalze durch die vertikale Streckung. Kleiner werdende Durchmesser haben nach den Gesetzen der Physik höhere Rotationsgeschwindigkeiten zur Folge. Nach der Entwicklung einer ‚Funnel-Cloud' dauert es oft nicht lange, bis die rotierenden Wolkenrüssel den Erdboden berühren und so einen Tornado entstehen lassen.
Fujita-Skala und SWEAT-Index Tornados werden nach der ‚Fujita-Skala' klassifiziert, die auf Basis der beobachteten Tornados von F0 (leichte Zerstörungskraft) bis F5 (unglaubliche Zerstörungskraft) reicht. F6 bis F12 sind theoretische Skalenwerte, die bislang noch nicht beobachtet wurden. Knapp neun von zehn Tornados werden als schwach (F0/F1) eingestuft, rund jeder Hundertste als verheerend (F4/F5).
Tornados, Hagel und Rekord-Regenfälle Mit den schweren Gewittern ab dem 27.04. gingen vielfach Sturmböen, Starkregen und Hagel einher. Zunächst suchten die Unwetter ein Gebiet etwa von den südlichen Great Plains bis zum Mississippital heim. Am 28.04. wüteten die schwersten Gewitter vom Mississippital bis zu den südlichen Appalachen. In Arkansas verwüstete ein F4-Tornado ganze Landstriche auf seinem fast 70 Kilometer langen Weg, auf dem der Wirbelsturm 56 Minuten den Boden berührte. Die maximalen Windgeschwindigkeiten wurden auf 285 km/h bis 305 km/h geschätzt. Allein dieser Tornado kostete 14 Menschen das Leben und hinterließ in den Orten Mayflower und Vilonia eine Schneise der Verwüstung. Insgesamt bildeten sich über 40 Tornados, eine Vielzahl davon in den Bundesstaaten Mississippi und Alabama. In den Countys Van Zandt und Lee im Bundesstaat Texas wurden am 27.04. Hagelkörner mit einem Durchmesser bis 7 cm gesichtet, in Atlanta im Cass-County (TX) sollen sogar Hagelgeschosse mit über 11 cm Durchmesser vom Himmel gefallen sein. Aufgrund der geringen Verlagerungsgeschwindigkeit der Drucksysteme und der nur langsamen Abschwächung des Tiefdrucksystems fielen stellenweise ergiebige Regenfälle, die zum Teil zu Überschwemmungen führten. Am 29.04. fielen in Teilen Floridas, Alabamas und Missouris heftige Regenfälle mit örtlich fast 500 mm Niederschlag in nur 24 Stunden. In Pensacola (FL) fielen am 29.04. 395 mm Niederschlag - die größte Menge binnen eines Tages seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1880! Innerhalb einer Stunde fielen bis zu 144 mm Regen. Insgesamt erforderten die Unwetter Ende April mindestens 38 Tote. Experten schätzen die entstandenen Schäden auf über eine Milliarde US-Dollar.
Beispiel - Tornados in der Nordhälfte Mississippis am 28. April An der Animation der Storm Relative Motion (siehe Grafik unten links) lässt sich die dortige Tornadoentstehung nachvollziehen. Betrachtet man das Windfeld ohne die Bewegung der Gewitterzellen, so ist das Ergebnis die Storm Relative Motion, also quasi der Wind bei stationären Gewittern. Grenzen stark rote (Radialwind weg vom Radar) und grüne (Radialwind auf Radar zu) Bereiche aneinander, ist dies ein Indiz für kleinskalige Zirkulation in Superzellen, aus denen sich oft Tornados bilden. Auf der rechten Seite ist das Radarbild zu finden, in das der Ort Louisville (siehe Video unten) eingezeichnet ist. Zu erkennen ist auf den Grafiken der Storm Relative Motion und des Radarbilds, dass sich am Spätnachmittag (Ortszeit) in südwestlicher Strömung ein Tornado auf Louisville traf.
Video aus Louisville (MS) vom 28.04.2014: Text: SB 02. Mai 2014 |