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Samstag, 09. November 2013, 18:35 MEZ
Tropischer Wirbelsturm Taifun "Haiyan" Philippinen, Nordvietnam, Südchina 07.-11.11.2013 "Haiyan" am 07.11.2013, 22:30 UTC Quelle: NASA |
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Die Serie starker Taifune der diesjährigen Pazifischen Saison reißt nicht ab. Als zwölfter tropischer Wirbelsturm und insgesamt fünfter Taifun der höchsten Kategorie suchte "Haiyan" Anfang November die Philippinen heim. "Haiyan" geht als einer der stärksten Wirbelstürme seit Aufzeichnungsbeginn in die Geschichte ein. Mit maximalen mittleren Windgeschwindigkeiten bis 315 km/h, Böen bis 380 km/h und extremen Niederschlägen traf er auf die Philippinen und sorgte für verheerende Auswirkungen, insbesondere auf der Insel Leyte. Update am 12. Novemer 2013, 18:00 UTC: Im weiteren Verlauf traf "Haiyan" auf Nordvietnam und Südchina. Heftige Starkregenfälle führten zu großglächigen Überschwemmungen, die mindestens weitere 18 Menschenleben forderten. Die Gesamtzahl der Opfer wird nach neusten Berichten auf mehr als 10 000 geschätzt.
Wetterlage, Entwicklung und Auswirkungen
Den Entwicklungshöhepunkt erreichte "Haiyan" am 7. November (18 UTC). Der Kerndruck sank auf ein Wert zwischen 862 hPa (JMA) und 884 hPa (JTWC). Die maximale mittlere Windgeschwindigkeit betrug 314 km/h, die Windböen erreichten Geschwindigkeitswerte bis 379 km/h (JTWC). Wenig später, nämlich um 20:40 UTC, machte "Haiyan" als ein extrem gefährlicher Kategorie-5-Taifun auf der Philippinischen Insel Semar nahe Guiuan Landfall. Selbst nach Landfall behielt "Haiyan" seine Intensität zunächst bei und wurde bis einschließlich 8. November (6 UTC) weiter als Taifun der höchsten Kategorie geführt. Erst nach dem "Haiyan" die westichen Philippinen überquert hatte, schwächte er sich langsam, aber kontinuerlich, ab. Am 9. November (6 UTC) wird "Haiyan" als Ketegorie-3-Taifun etwa 500 Kilometer nordwestlich der Philippinischen Insel Palawan auf der Südchinesischen See analysiert. Seine weitere Verlagerung führt "Haiyan" in Richtung Nordwesten, wo er zwischen 10. und 11. November als Taifun erster Kategorie oder tropischer Sturm im Bereich nördliches Vietnam auf das asiatische Festland trifft.
Über 900 000 Menschen waren bis 9. November von Taifun "Haiyan" betroffen. Auf den Inseln Samar Leyte waren die Auswirkung am gravierendsten. Die enormen Windgeschwindigkeiten mit Böen über 300 km/h sorgten für massive Sturmschäden, sowie eine Sturmflut an den Küsten. Der Meteorologische Service der Philippinen (PAGASA) schätzt die maximale Höhe der Sturmflut in Leyte auf 5,2 Meter. Eine Flut dieser Dimension ist für die Philippinen außergewöhnlich. Die Stadt Tacloban auf Leyte wurde vollständig überschwemmt. Palo, ein Ort auf Leyte, soll 10 Meter hoch überflutet sein. Mindestens 100 Menschen kamen trotz umfangreicher Evakuierungen ums Leben. In vielen Regionen fiel der Strom aufgrund beschädigter Stromleitungen stundenlang aus.
Update am 12. November 2013, 18:00 UTC Wie von den meisten Modellen prognostiziert, verlagerte sich "Haiyan" nach Überquerung der Philippinen auf der Südchinesischen See mit sehr wenig Intensitätsverlust als Taifun der höchsten Kategorie in west-nordwestlicher Richtung. Ab dem 9. November schlug "Haiyan" an der Südwestflanke des subtropischen Hochdruckgebietes zunehmend eine nordwestlichere Zugbahn ein und geriet über weniger warmes Wasser und in einen Bereich mit höherer vertikaler Windscherung. Die insgesamt schlechteren Bedingungen spiegelten sich in einer langsamen Abschwächung des Gesamtsystems nieder. Am 10. November (18 UTC) wurde "Haiyan" - etwa über den Paracel-Inseln 200 Kilometer vor der Vietnamesischen Küste lokalisiert - nur noch als Kategorie-4-Taifun eingestuft.
Mit einem nun immer mehr nördlich ausgerichteten Verlagerungsvektor zog "Haiyan" mit seinem Kern knapp westlich an der Chinesischen Insel Hainan vorbei und traf am 10. November (21 UTC) nahe Haiphong/Vietnam nach weiterer Abschwächung auf Festland. Zum Zeitpunkt des Landfalls wurde ein Kerndruck von 970 hPa und mittlere Windgeschwindigkeiten bis 111 km/h analyisiert. Durch direkte und indirekte Reibungsbeeinflussung der Grenzschicht über den Landflächen füllte sich das System nun rasch auf, so dass sich "Haiyan" im Laufe des 11. November über der chinesischen Guangxi-Provinz zu einem tropischen Sturm und schließlich zu einer tropischen Depression abschwächte.
Trotz der kontinuierlichen Abschwächung, waren die Auswirkungen des Taifuns "Haiyan" insbesondere über Nordvietnam und dem äußersten Süden Chinas noch bemerkenswert. Während nur an der Nordvietnamesischen Küste bei Landfall des Taifuns Sturmböen und Sturmfluten ein Thema waren, kam es ansonsten verbreitet zu heftigen Niederschlägen. Die TRMM-Analysen aus Satellitendaten zeigen neben einem Maximum der Niederschlagsmengen im Bereich der zentralen Philippinen mit örtlich nahe 500 mm, weitere Maxima über dem zentralen Vietnam mit 300 - 500 mm und über der Guangxi-Provinz mit 200 - 300 mm. Dies deckt sich im allgemeinen mit den Niederschlagsdaten der Wetterstationen. In Behai, einer Küstenstadt in der Guangxi-Provinz, gingen bis 12 UTC am 11. November eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 324 mm nieder. In Lang Son im Norden Vietnams wurde am gleichen Tag eine Niederschlagsmenge von 147,6 mm registriert. Die Starkregenfälle führten zu großflächigen Überschwemmungen, die in China mindestens 5, in Vietnam mindestens 13 Menschenleben kosteten
Die Auswirkungen in China und Vietnam sind im Vergleich zu denen auf den Philippinen allerdings sehr klein. Neueste Berichte und Schätzungen gehen von weit mehr als 10 000 Opfern auf den Philippinen aus. Damit gehört Taifun "Haiyan" zu den tödlichsten tropischen Wirbelstürmen der jüngeren Vergangenheit (zum Vergleich: Bei Hurrikan Katrina kamen knapp 2000 Menschen ums Leben). Chaotische Zustände und ein nicht optimales Krisenmanagement erschweren Rettungs- und Aufräumarbeiten. Es wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen, bis man den Gesamtschaden in etwa abschätzen kann. Historische Einordnung Taifun "Haiyan" wurde in vielen Medien als "Jahrhundertsturm" bezeichnet. Hinsichtlich der während des Taifuns registrierten oder geschätzten Windgeschwindigkeiten darf dieses Ereignis durchaus als herausragend bezeichnet werden. Die mittlere Windgeschwindigkeit - es handelt sich um ein 1-Minuten-Mittel - von 315 km/h ist die vierthöchste jemals bei tropischen Zyklonen gemessene. Nur Taifun Nancy, Violet und Ida brachten höheren Windgeschwindigkeiten hervor (siehe Tabelle). [An dieser Stelle muss allerdings darauf hingewießen werden, dass die Windgeschwindigkeiten vor 1970 in der Regel durch Flugzeugmessungen erfasst und häufig betragsmäßig überschätzt wurden. Da auch die Datenerfassung zu dieser Zeit sporadischer war, sollte man die angegebenen Werte mit Vorsicht genießen.] Die Maximalgeschwindigkeit der Windböen betrug laut JTWC 379 km/h. Auch dieser Wert ist bemerkenswert und liegt nahe am Weltrekord für Windböen außerhalb von Tornados, der von Cyclon Olivia (1996) gehalten wird. Damals wurde eine Windböe von 408 km/h registriert. Die höchsten Windgeschwindigkeiten traten in diesem Fall, wie auch in vielen anderen, aber hauptsächlich über den Wasserflächen auf. Die Tatsache, dass "Haiyan" unmittelbar nach seinem Entwicklungshöhepunkt auf Land traf und Windböen bis 314 km/h produzierte, lässt die Schlussfolgerung zu, dass es sich bei Taifun "Haiyan" um den stärksten tropischen Wirbelsturm handelt, der je auf Land traf. Ähnlich hohe Windgeschwindigkeiten (bis 306 km/h) über Landflächen wurden letztmalig bei Hurrikan "Camille" im Jahre 1969 in Mississippi registriert. Der minimale Kerndruck, der auf einen Wert zwischen 858 bis 884 hPa geschätzt wird, ist ebenfalls ein außerordentlich niedriger Wert. Zum Vergleich: Der bisher als wohl intensivster tropischer Wirbelsturm in Geschichte eingegangene Taifun "Tip" (1979) brachte es auf einen rekordniedrigen Kerndruck von 870 hPa. Es ist also durchaus möglich, dass "Haiyan" auch hier einen neuen Rekord aufstellen konnte.
Was den maximalen Durchmesser des Systems angeht, liegt "Haiyan" allerdings fernab des Rekordes. Während "Haiyan"s Zirkulationsfeld einen Durchmesser von weniger als 1000 Kilometern besaß, produzierte Taifun "Tip" ein Zirkulationsfeld mit einem Durchmesser von mehr als 2000 Kilometern. Der wirtschaftliche Schaden wird auf 8 bis 19 Milliarden US-Dollar geschätzt (Quelle: CATDAT/James Daniell). Damit wird "Haiyan" mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der teuerste tropische Wirbelsturm sein, der je auf das Philippinische Archipel traf. Den bisher größten Schaden richtete Taifun "Bopha" (2012) mit 1,7 Milliarden US-Dollar an. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Taifun "Haiyan" hinsichtlich der Größe des Gesamtsystems nicht außergewöhnlich in Erscheinung trat, aber aufgrund seiner Intensität bezüglich des Kerndruckes und der produzierten Windgeschwindigkeiten - was sich übrigens auch in einem sehr kleinen und scharf abgegrenzten "Auge" manifestierte - zu den stärksten tropischen Wirbelstürmen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gezählt werden sollte.
Text: AL 09. November 2013 |