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Dienstag, 15. Oktober 2013, 23:15 MESZ
Tropischer Wirbelsturm Superzyklon "Phailin" Indien 10.-14.10.2013 "Phailin" am 12.10.2013, 9:00 UTC vor der Ostküste Indiens. Quelle: DWD Ninjo |
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Mitte Oktober 2013 entwickelte sich über dem Golf von Bengalen Superzyklon "Phailin", der mit mittleren Windgeschwindigkeiten von bis zu 259 km/h der höchsten Wirbelsturmkategorie 5 angehörte und als einer der kräftigsten tropischen Wirbelstürme über dem Nordindischen Ozean in die Geschichte eingeht. "Phailins" Zugbahn führte nach Nordostindien, wo der tropische Zyklon im Bundesstaat Odisha an Land ging und enorme Schäden verursachte.
Entstehung und Entwicklung von Superzyklon "Phailin"
"Phailin" erreichte seinen Höhepunkt inmitten des Golf von Bengalen vom 11.10., 12 UTC bis 12.10., 0 UTC, als der tropische Wirbelsturm mit mittleren Windgeschwindigkeiten von 140 kt (259 km/h) und Böen bis zu 170 kt (315 km/h) die höchste Wirbelsturmkategorie 5 erreichte und als Superzyklon eingestuft wurde. Damit zog "Phailin" mit "Usagi" gleich, der über dem Westpazifik bisher der weltweit stärkste tropische Wirbelsturm in dieser Saison war. Während "Phailins" stärkster Ausprägung fand der so genannte "eyewall replacement cycle" statt, ein Prozess, bei der die nicht mehr intakte innere eyewall des tropischen Wirbelsturms durch eine nachrückende äußere eyewall ersetzt wird. Mit diesem Vorgang durchlebt der tropische Wirbelsturm eine vorübergehende Schwächephase, gleichzeitig dehnt sich damit aber das zentrumnahe Gebiet der höchsten Windgeschwindigkeiten aus. Satellitenbeobachtungen (NOAA) zufolge erreichte "Phailin" am 10./11.10. einen minimalen Kerndruck von 910 hPa - einer der niedrigsten Luftdrücke, die jemals im Gebiet des Nordindischen Ozeans beobachtet wurden. Allerdings sind diese Beobachtungen mit Unsicherheiten behaftet, zudem fehlen in dieser Region Bojenmessungen und Aufklärungs- bzw. Forschungsflüge für die Verifikation. Das JTWC gab einen minimalen Kerndruck von 914 hPa, das NRL 918 hPa aus.
Zugbahn und Daten
Analysegrafiken
Satellitenbilder
Animationen (Quelle: NOAA SSD)
Auswirkungen: Enorme Schäden durch Orkan, Sturmflut, Überschwemmungen und Erdrutsche Der tropische Wirbelsturm hinterließ in Indien enorme Schäden. Während in den Küstengebieten der Bundesstaaten Odisha und Andhra Pradesh heftige Winde und eine Sturmflut das Hauptproblem waren, gab es im Binnenland Odishas und Andhra Pradeshs sowie auch in den Bundesstaaten Jharkhand, Bihar und Chhattisgarh sintflutartige Niederschläge, die für Überschwemmungen und Erdrutsche sorgten. In Banki (Odisha) regnete es am 13.10. 381 mm in 24 Stunden. Am selben Tag waren es in Balimundali (Odisha) 305 mm, in Itchapuram (Andhra Pradesh) 198 mm. Zuvor schüttete es mit dem Tropensturm auf den Andamanen kräftig. Ergiebiger Gewitterregen brachte am 09.10. in Maya Bandar 24-stündig 336 mm. Die heftigen Regenfälle lösten vor allem in Odisha, Andhra Pradesh und Jharkhand Überschwemmungen und Erdrutsche aus. An der Küste türmten die Sturmwinde eine meterhohe Sturmflut auf, die teilweise einige hundert Meter in das Küstenhinterland vordrang und große Schäden hinterließ. Nach den Times of India und der BBC war die Sturmflut bis zu 3 Meter hoch, Prognosen sahen die höchste Sturmflut mit etwa einem Meter rund um die Stadt Gopalpur. "Phailin" zerstörte über 200.000 Häuser und entwurzelte zahllose Bäume. Vor allem in und um Bhubaneswar, der Hauptstadt Odishas, gab es massive Sturmschäden. Über 5 Millionen Einwohner waren von Wind in Orkanstärke betroffen, etwa eine halbe Million Inder galten nach dem Wirbelsturm als obdachlos. Großflächig gab es Probleme bei der Strom- und Wasserversorgung. Mindestens 36 Menschen starben infolge des tropischen Wirbelsturms, verglichen mit ähnlich starken Ereignissen in der Vergangenheit eine kleine Zahl. Dass der Superzyklon nicht noch mehr Todesopfer forderte, ist einer der größten Evakuierungsaktionen der indischen Geschichte zu verdanken. Da der indische Wetterdienst IMD bereits Tage zuvor vor einem kräftigen tropischen Wirbelsturm warnte, wurden in Odisha und Andhra Pradesh knapp 1 Million Einwohner in Sicherheit gebracht.
Historie tropischer Wirbelstürme über dem Nordindischen Ozean und Einordnung von "Phailin" Während über dem Westpazifik jährlich üblicherweise mehrere tropische Wirbelstürme entstehen, die die höchste Kategorie 5 auf der Saffir-Simpson Hurrikan-Skala erreichen, so sind über dem Nordindischen Ozean solch starke tropische Wirbelstürme wesentlich seltener. Superzyklon "Phailin" Mitte Oktober 2013 gehörte mit mittleren Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 kt (259 km/h) und Böen bis zu 170 kt (315 km/h) zu den kräftigsten tropischen Sturmsystemen, die im letzten Jahrhundert über dem Nordindik gewütet haben. Er erreichte einen aus Beobachtungen abgeleiteten minimalen Kerndruck von 910-918 hPa (siehe oben), ging als Kategorie-4-Zyklon mit Windgeschwindigkeiten von etwa 120 kt (222 km/h) an Land und forderte mindestens 36 Menschenleben. Der letzte ähnlich starke tropische Wirbelsturm in dieser Region entwickelte sich Ende Oktober 1999, als der große "1999 Odisha Cyclone" über dem Golf von Bengalen ebenfalls mittlere Windgeschwindigkeiten bis zu 140 kt (259 km/h) annahm und einen minimalen Kerndruck von 912 hPa aufwies. Als erster tropischer Wirbelsturm erhielt damals der "1999 Odisha Cyclone" vom indischen Wetterdienst den Titel "Superzyklon". Er ging mit Windgeschwindigkeiten von 135 kt (250 km/h) verglichen mit "Phailin" nur etwa 160 Kilometer weiter nördlich ebenfalls im indischen Bundesstaat Odisha mit einer bis zu 5.9 Meter hohen Sturmflut an Land und forderte offiziell 9.658 Todesopfer. Für Indien ist der große "1999 Odisha Cyclone" bis heute der vierttödlichste Zyklon der letzten 100 Jahre. Vergleichbar kräftig zu "Phailin" und zum "1999 Odisha Cyclone" fielen über dem Nordindik auch die tropischen Wirbelstürme "Sidr" im Jahr 2007 und der "1991 Bangladesh Cyclone" aus. Insgesamt entfallen 26 von 35 der weltweit tödlichsten tropischen Wirbelstürme auf die Region rund um den Golf von Bengalen. In den letzten zwei Jahrzehnten entfielen 42 % aller Todesopfer durch tropische Wirbelstürme auf Bangladesch, 27 % auf Indien. Im November 1977 kamen 14.204 Menschen ums Leben, als der "Andhra Pradesh Cyclone" verglichen mit "Phailin" nur wenig weiter südlich auf das indische Festland traf. Am verheerendsten verlief aber der große "Bohla Cyclone" im November 1970, der in Bangladesch (damals Ostpakistan) an Land ging, im Gangesdelta eine über 10 Meter hohe Sturmflut hervorrief und zwischen 300.000 und 500.000 Menschenleben forderte.
Text: DK 15. Oktober 2013 |