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Freitag, 29. März 2013, 13:00 MEZ
Ungewöhnliche Kälte Mitteleuropa 21.03. - 24.03.2013 Prognose für den 23.03.2013: Abweichung der Minimumtemperatur zum langjährigen Mittel Quelle: Wettergefahren-Frühwarnung |
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Trockenkalte Kontinentalluft polaren Ursprungs sowie eine vorhandene und für Ende März ungewöhnlich mächtige Schneedecke ließen einige Nächte in weiten Teilen Mitteleuropas gegen Ende März 2013 außergewöhnlich kalt ausfallen. In Deutschland wurden in der Mitte und im Osten alte Temperaturrekorde teilweise deutlich unterschritten und damit etliche neue Dekadenrekorde der Tiefsttemperatur aufgestellt.
Für Ende März außergewöhnlich kalte und frisch eingeflossene Polarluft, die gradientschwache Position am Rande eines Hochdruckgebietes, wolkenarme Nächte und eine vorhandene Schneedecke; das waren die Zutaten für rekordkalte Spätwinternächte im nördlichen Mitteleuropa in der dritten Märzdekade 2013. Verantwortlich hierfür waren mehrere günstig aneinander gereihte meteorologische Prozesse: Zum Ersten brachte einige Tage zuvor das Tief "Birk" dem östlichen Mitteleuropa starke Schneefälle (siehe Artikel). Im Osten Deutschlands sowie in weiten Teilen Polens gab es 10 bis 20 cm Neuschnee, in Ostseenähe konnten sogar Zuwächse von bis zu 30 cm beobachtet werden. Solche Schneemengen sind in der zweiten Märzhälfte selten und im Hinblick auf deren Verbreitung als außergewöhnlich zu bezeichnen. Über einer vorhandenen Neuschneedecke kann sich die Kaltluft in windschwachen, wolkenarmen Nächten besonders stark abkühlen. Die Schneedecke fungiert als Isolator zwischen der darüber lagernden Luft und dem darunter liegenden Erdboden. Ist keine Schneedecke vorhanden, wirkt der Bodenwärmestrom der nächtlichen negativen Strahlungsbilanz und damit der Luftabkühlung entgegen.
Zum Dritten und wie schon angedeutet machte sich über Mitteleuropa nach Tief "Birk" zunehmend Hochdruckeinfluss bemerkbar. Vorderseitig eines Höhenrückens hervorgerufene großräumige Absinkbewegungen (durch negative Vorticityadvektion) und vor allem mächtige Kaltluftadvektion (gleichbedeutend mit negativer Schichtdickenadvektion) ließen den Luftdruck am Boden merklich ansteigen. Mehr und mehr streckte das hochreichend kalte Hochdruckgebiet "Jill" seine Fühler bis in das nördliche und östliche Mitteleuropa aus. Damit verbunden waren Wolkenauflösung, mitunter sternenklare Nächte und eine Windabnahme, besonders zum 24.03. hin. In den wolkenarmen oder gar wolkenlosen Nächten konnte die trockenkalte Luft massiv abkühlen. Erstens, weil in der trockenen Luft die atmosphärische Gegenstrahlung aufgrund fehlender Wolken und aufgrund des niedrigen Wasserdampfgehaltes der Luft gering ausfällt. Und zweitens, weil die Taupunkte zwischen etwa -10 und -15 °C sehr niedrig lagen und damit keine Kondensationswärme bei Dunst- oder Nebelbildung freigesetzt werden konnte.
In Deutschland fielen die Nächte vom 21./22., 22./23. und 23./24.03. am kältesten aus. In der Mitte und im Osten des Landes wurden zahlreiche neue Dekadenrekorde der Tiefsttemperatur aufgestellt und alte Rekorde mitunter eindrucksvoll unterboten. In Angermünde im Nordosten Brandenburgs wurde am 23.03. der alte Dekadenrekord von -7,2 °C mit -11,3 °C um über 4 K unterboten. Einen Tag später pulverisierte die Station mit -15,2 °C abermals ihren erst am Vortag neu aufgestellten Temperaturrekord für die dritte Märzdekade. Die Zeitreihe von Angermünde reicht zurück bis in das Jahr 1951. In Potsdam gehört das jahrhundertalte Dekadenminimum vom 24.03.1899 seit den -11,4 °C vom 24.03.2013 der Geschichte an. Um 1 K unterschritt dort das Quecksilber den über das gesamte 20. Jahrhundert bestehenden Bestwert von -10,4 °C. Die jüngeren Zeitreihen von Zinnwald-Georgenfeld in Sachsen und Manschnow in Brandenburg können seit dem 24.03.2013 sogar einen neuen Monatsrekord für März verbuchen. Dies ist umso eindrucksvoller, wenn man bedenkt, dass im März mit steigendem Sonnenstand und mit dem bevorstehenden Frühjahr das Erreichen absoluter Monatsminima gegen Monatsende immer unwahrscheinlicher wird. Die Mehrzahl der bisherigen und nun gebrochenen Dekadenrekorde datierten im März 1958, als eine ähnliche Nordostwetterlage sehr kalte Polarluft nach Mitteleuropa führte. Rückseitig eines Mittelmeertiefs gelangte die Kaltluft damals aber deutlich weiter südwärts und sorgte auch in der Südhälfte Deutschlands für etliche Dekadenrekorde, die dort vielerorts bis heute Bestand haben. Im letzten Märzdrittel 2013 blieb die außergewöhnliche Kälte auf die Nordosthälfte der Republik beschränkt. In den südlichen Bundesländern herrschte mildere Atlantik- und Mittelmeerluft vor, in der nur leichte Nachtfröste auftraten.
29. März 2013 |