Eine eindrucksvolle Tiefdruckentwicklung ereignete sich in der letzten
Januarwoche 2013 über dem nordamerikanischen Kontinent.
Besonders in der Osthälfte der USA und über dem Südosten
Kanadas gab es Sturm, teilweise ergiebige Schneefälle,
Gewitter und sogar etliche Tornados. Der Heranstransport ungewöhnlich
milder und feuchter Luft sorgte für etliche neue Temperatur- und
Niederschlagsrekorde.
Übersicht
Ein riesiger Langwellentrog erstreckte sich bereits am 29.01.2013
von Westkanada über die Rocky Mountains hinweg südwärts bis nach Mexiko.
Der Höentrog schwenkte während der nächsten 48 Stunden langsam
über den gesamten nordamerikanischen Kontinent ostwärts (siehe Abbildungen des Geopotentials unten).
Auf seiner Vorderseite setzte etwa knapp westlich der Appalachen am Boden eine
Tiefdruckentwicklung ein, bei der feuchtwarme Luftmassen aus dem Golf von Mexiko
und extrem trocken-kalte Luft vom kanadischen Schild mit in die Zirkulation einbezogen wurden.
Das Bodentief verlagerte sich mit seinem Zentrum unter kräftiger Intensivierung nordostwärts
und lag am 01.02. mit einem Kerndruck von unter 955 hPa über dem St.-Lorenz-Golf.
Das Tiefdruckgebiet überquerte mit seinen Sturm- und Niederschlagsfeldern
vor allem den Osten und Südosten der Vereinigten Staaten sowie den Südosten Kanadas.
Ein ungewöhnlich starker low-level-Jet mit Windgeschwindigkeiten
von 153 km/h im 850 hPa-Niveau (am 30.01., 12 UTC, in rund 1200 Metern Höhe)
über dem Südosten der USA begünstigte die Entstehung zahlreicher
Tornados.
Obenstehende Ensembleprognose vom 29.01.2013, 12 UTC, zeigt eindrucksvoll die
Entwicklung der Temperatur (obere Kurven) im 850 hPa-Niveau (ca. 1500 Meter Höhe)
für New York. Auf der Vorderseite des Tiefdruckgebiets stiegen die Temperaturen
in der sehr milden Golfluft auf mehr als +10deg;C. Mit der Ankunft der kanadischen
kontinentalen Kaltluft wurde ab dem 31.01. ein massiver Temperatursturz prognostiziert;
bis zum 02.02. sollten die Temperaturen in 1500 Metern Höhe um fast 30K auf
Werte um -17°C zurückgehen.
12-stündige 500hPa-Geopotential-, Bodendruck und rel. Topographie-Analysen vom 29.01., 12 UTC, bis 01.02.2013, 00 UTC | Quelle: www.wetter3.de
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29.01.2013, 12 UTC |
30.01.2013, 00 UTC |
30.01.2013, 12 UTC |
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31.01.2013, 00 UTC |
31.02.2013, 12 UTC |
01.02.2013, 00 UTC |
Niederschläge und Wolkenbild
Die untenstehenden Radarbilder zeigen die Ostwärtsverlagerung der
Niederschlagsgebiete des Tiefdruckkomplexes. Insbesondere die Kaltfront des Tiefs tritt als langgezogenes Band
hoher Reflektivitäten markant in Erscheinung.
Am 30.01., 06 UTC,
erstreckt sich das Niederschlagsband vom Huronsee südwärts
bis in den Osten von Texas und erreicht 24 Stunden später bereits
Zentralflorida und fast die Atlantikküste.
Die größten Niederschlagsintensitäten
traten dabei im Bereich von Gewittern über dem Südosten der USA auf.
Dort kam es sogar zur Ausbildung von Tornados.
Die Entwicklung des Bodentiefs spiegeln auch gut die Satellitenbilder vom 29. bis zum 31.01.2013
wider (siehe 8 Abbildungen unten). Während sich die subtropische Luft aus dem Golf von Mexiko
als ein ausgedehnter Wolkenschirm bemerkbar macht, der sich von den Großen
Seen ostwärts bis nach Neufundland verlagert, tritt die Kaltftront als
langgezogenes Wolkenband weiter im Süden deutlich hervor. Sie markiert
die Vordergrenze der süd- und ostwärts vorstoßenden
kanadischen trocken-kalten Luftmasse.
Auf dem Satellitenbild vom 31.01., 17:45 UTC, erstreckt sich das Wolkenband
von Yucatan üder den Süden Floridas bis nach Neufundland.
Die Gewitter lassen sich am besten auf dem Satellitenbild vom
30.01.2013, 23:45 UTC, ausmachen, wo sie
als helle, kleine und eng umrissene Wolkenbereiche
vor allem über dem Westen Floridas und Georgia an der
Vordergrenze des Wolkenbandes in Erscheinung treten.
Radarbilder
Radarbilder vom 30.01., 06:00 UTC, bis 31.01.2013, 06 UTC | Quelle:
http://weather.rap.ucar.edu
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30.01.2013, 05:58 UTC |
31.01.2013, 18:00 UTC |
31.01.2013, 06:00 UTC |
Satellitenbilder
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30.01.2013, 23:45 UTC |
31.01.2013, 05:45 UTC |
31.01.2013, 11:45 UTC |
31.01.2013, 17:45 UTC |
Wetterwerte und Auswirkungen
Temperatur
Zahlreiche Stationen meldeten zwischen dem 28. und dem 31.01. neue Temperaturrekorde
für den Monat Januar.
Laredo in Texas registrierte am 28.01. einen neuen Januarrekord mit 34.4°C (bisher: 33.9°C,
3. Jan. 1971), Topeka in Kansas mit 25°C (bisher: 23.3°C am 8. Jan. 2003)
oder beispielsweise auch ganz in Nordosten der USA die Station Caribou in Maine
mit 11.7°C (bisher: 11.7°C am 15. Jan. 1995).
Niederschlag und Schneefall
Extrem feuchte Luft gelangte auf der Vorderseite des Tiefs
aus dem Golf von Mexiko weit nach Norden bis ins Gebiet
der Großen Seen und nach Süd- und Ostkanada.
25-80 mm Niederschlag kam in Wisconsin, Illinois,
Michigan und Neuengland zusammen.
Houghton Lake in Michigan beobachtete eine Tages-Niederschlagsmenge
von 30.7 mm und stellte damit einen neuen Rekord auf; der alte mit
einer Niederschlagsmenge von 27.4 mm datierte aus dem Jahr 1938.
Am 29./30.01.2013 konnte in Memphis, Tennessee, gar eine Niederschlagsmenge von 112 mm
registriert werden. Und auch in Madison, Wisconsin, gab es am 29.01.2013 mit
41.1 mm einen neuen Tagesniederschlagsrekord (bisher: 1. Jan. 1892).
Im Bereich der auf der Rückseite des Bodentiefs
nachströmenden Kaltluft
kam es zu teilweise ergiebigen Schneefällen.
Besonders kräftig schneite es von Kansas über Iowa bis nach Wisconsin
sowie im Süden Ontarios und Quebecs. Dort fielen
während der 3 Tage vom 30.01. bis zum 01.02.
zwischen 20 und 35 cm Neuschnee. Nur geringfügig weniger
schneite es im Bereich der Appalachen von Virginia bis zum Lake Ontario.
Wind
Sturmböen wurde nahezu im gesamten Osten der USA und Südosten
Kanadas beobachtet. Die größte Windbö trat
am Blur Hill Observatory südwestlich von Boston, Massachusetts,
auf: 134 km/h.
Die Air Force Base in Langley (Virginia) meldete am 31.01.2013
eine Böe von 120 km/h, Nashville in Tennessee am 30.01. eine Böe von 104 km/h,
der JFK Flughafen in New York brachte es auf 94 km/h.
Bäume stürzten um, es kam zu Stromausfällen, 215.000 Haushalte waren betroffen.
Gewitter mit Hagel und Tornados
Besondere Erwähnung verdienen auch die ungewöhnlich heftigen
konvektiven Wettererscheinungen über dem Südosten der USA.
Laut vorläufiger Daten (Stand: 02.02.2013) des Storm Prediction Centers (NOAA)
kam es am 29. und 30.01. zu insgesamt 26 Tornados,
es lagen 11 Meldungen über großen Hagel vor,
darüberhinaus wurde von 593 schadenträchtigen Sturmereignissen berichtet.
In Georgia brachte vor der heranrückenden Kaltfront
ein heftiges Gewitter einen Tornado der Kategorie 3 hervor;
es war dort erst der 4. dieser Kategorie seit 1950,
insgesamt wurden in Georgia in einem Januar von 1951-2011 92 Tornados gezählt.
Dieser Tornado richtete im Nordwesten Georgias, rund 70 Kilometer nordwestlich von Atlanta,
im Ort Adairsville schwere Schäden an und verwüstete kurz vor Mittag Ortszeit
am 30.01.2013 etliche Gebäude, die Geschwindigkeit der zerstörerischen Winde
wurde auf rund 265 km/h geschätzt.
Wetterwerte; links: 72-h-Neuschnee (in inch) 30.01.-01.02.2013 jeweils 15 UTC, Mitte:
24 h-Niederschlagsmenge (als Schnee), 30.-31.01.2013, jeweils 06 UTC,
rechts: Meldungen extremer Wetterereignisse (grün: großer Hagel, blau: Wind, rot: Tornados | Datengrundlage:
www.ncdc.noaa.gov,
www.nohrsc.noaa.gov und
www.spc.noaa.gov
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24h-Neuschnee bis 21.01., 06 UTC |
Tmax am 20.01., 06-18 UTC |
Extremwetter-Reports Januar 2013 |
Text: BM
02. Februar 2013
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