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Donnerstag, 1. November 2012, 21:15 MEZ
Früher Schnee, Kälte Mitteleuropa 27.-29.10.2012 Satellitenbild: 29.10.2012, 09:18 UTC, METOP-A VIS/IR Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
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Nachdem in Deutschland und in den angrenzenden Ländern nur eine Woche zuvor örtlich Wärmerekorde für den Oktober gebrochen worden waren (siehe Artikel), brachte ein früher Wintereinbruch Ende Oktober 2012 Kälte und Schnee bis in tiefe Lagen. Neben vereinzelten Rekordschneehöhen traten im Verlauf der kalten Witterungsepisode auch einige Kälterekorde bezogen auf den Oktober auf.
Wetterlage und Entwicklung
Mit dem Kaltluftvorstoß weitete sich der zu "Ursual" und "Veronika" korrespondierende Höhentrog zunächst kaum nach Süden aus, zumal auf der Vorderseite des zu ex-"Rafael" gehörenden Höhentiefs anfangs großräumig Warmluftadvektion wirksam war. Erst ein markanter Randtrog, der vom Nordmeer über die Nordsee südwärts schwenkte, formte zusammen mit dem südwesteuropäischen Höhentief einen neuen Langwellentrog, der am 27. bis weit in den Norden Afrikas hinein reichte. Aus diesem schnürte sich zum 28. über den Westalpen ein neues, kleinräumiges Höhentief ab, das wesentlich zur Neuorganisation und Intensivierung von ex-"Rafael" beitrug.
An der Nordflanke des Bodentiefs bildete sich ein großer Luftdruckgradient aus, entsprechend intensivierte sich nördlich der Alpen und über Ostfrankreich der Zustrom der kalten Luft. In der mittleren und oberen Troposphäre war dagegen Warmluftadvektion vorherrschend, was kräftige großräumige Hebungsprozesse und die Bildung eines ausgedehnten Wolken- und Niederschlagsgebietes bedingte. Nach dessen Abzug setzte sich zum 29. Hochdruckeinfluss ("Mario") durch.
Mit Einfließen der kalten Luft gingen die Niederschläge in der Mitte Deutschlands bereits im Laufe des 26., im Süden am 27. bis in tiefe Lagen immer mehr in Schnee über. Selbst am Oberrhein schneite es, wenngleich dort der Schnee zumeist nicht liegen blieb. Im Süden Baden-Württembergs und Bayerns dauerten die Niederschläge bis in die Frühstunden des 29. an, innerhalb von 72 Stunden summierten sich verbreitet zwischen 20 mm und 30 mm Niederschlag. Die in der Fläche größten Schneehöhen wurden am Morgen des 28. gemessen. Chemnitz meldete 15 cm, das etwa 30 Kilometer nördlich gelegene Altgeringswalde auf nur 296 Meter Höhe sogar 20 cm. Am Stuttgarter Flughafen lagen 10 cm, zuvor hatte es dort im Oktober seit 1953 erst zwei Mal eine geschlossene Schneedecke von mindestens 1 cm Mächtigkeit gegeben. Die Station München-Stadt verzeichnete eine Schneehöhe von 8 cm, das letzte Mal so früh Schnee lag im Herbst 2003. Südlich von München konnten sogar Schneehöhen um 15 cm beobachtet werden, zum Beispiel in Starnberg (17 cm).
Bemerkenswert waren zudem die sehr niedrigen Tagestemperaturen am 27., die selbst in den tiefen Lagen kaum über den Gefrierpunkt hinauskamen. Dies wurde durch die anhaltenden Niederschläge erst ermöglicht. In Rheinstetten bei Karlsruhe lag der Höchstwert zwischen 6 UTC und 18 UTC bei nur +3,1 °C, in Baden-Baden-Geroldsau bei +1,1 °C. Da in der Nacht zuvor (bis 6 UTC) allerdings noch deutlich höhere Temperaturen gemessen worden waren, finden diese Werte keinen Eingang in die Klimastatistik, die nur 24-stündige Tiefst- und Höchsttemperaturen berücksichtigt. Am 28. herrschte in weiten Teilen Südbayerns dann sogar Dauerfrost (z. B. Oberhaching-Laufzorn -0,8 °C). In der in einem breiten Streifen diagonal über der Mitte Deutschlands vielfach klaren Nacht zum 29. gingen die Temperaturen gebietsweise weit in den frostigen Bereich zurück. Kälteste Station im Messnetz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war das thüringische Bad Lobenstein mit einem Tiefstwert von -10,3 °C, gefolgt von Renningen in Baden-Württemberg mit -9,8 °C. Noch etwas frostiger gestaltete sich die darauffolgende Nacht zum 30. im Erzgebirge; Deutschneudorf-Brüderwiese registrierte -11,2 °C. Neue Rekorde für die dritte Oktoberdekade und gleichzeitig für den Oktober insgesamt traten an 11 von 119 Stationen in ganz Deutschland, vor allem aber im Osten und Südwesten auf. Mannheim unterbot mit -5,5 °C seinen Rekord aus dem Jahre 1950 um ein Zehntel Kelvin, der Flughafen Saarbrücken (-6,1 °C) eliminierte seinen Rekord von 1955. Nachstehend Stationen mit Oktoberrekorden der Tiefsttemperatur in Deutschland am 29.10.2012 (links) sowie eine Einordnung der am 28.10.2012, 6 UTC gemessenen Schneehöhen an ausgewählten deutschen Stationen in die Klimatologie (rechts). Dargestellt sind für Chemnitz, Stuttgart/Flgh. und München-Stadt alle bisherigen Oktobertage mit einer Schneehöhe von mindestens 1 cm, für Freudenstadt die Oktobertage mit einer größeren Schneehöhe als am 28.10.2012. Datenquelle: DWD
Schneereich und kalt gestaltete sich das Geschehen Ende Oktober 2012 unter anderem auch in der Schweiz und in Österreich. Aus dem Schweizer Jura meldete Mervelier auf nur 556 Metern Höhe am Morgen des 28. eine Neuschneehöhe von 28 cm. 24 Stunden später konnten nach andauerndem Schneefall einige Schneehöhenrekorde für Oktober notiert werden. St. Gallen überbot mit einer Gesamtschneehöhe von 33 cm seinen bisherigen Rekord vom 30./31. Oktober 1974 gleich um 15 cm, in Langnau (Emmental) stellten 30 cm ebenfalls einen neuen Bestwert für Oktober in der 1958 begonnenen Messreihe dar. In Österreich wurden am Morgen des 28. in St. Johann im Pongau (Sbg.) auf 634 Meter Höhe 14 cm und in Lofer (ebenfalls Sbg.) auf 624 Meter Höhe 10 cm Schnee gemessen. Nach einer Abschätzung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) kommt Schnee im Oktober in Salzburg im Durchschnitt etwa alle 10 Jahre vor. Für andere Bundesländer variiert die Eintrittswahrscheinlichkeit. Der nasse und damit schwere Schnee machte vielen noch belaubten Bäumen zu schaffen. An zahlreichen Orten kam es zu Behinderungen durch Schneebruch, einige höher gelegene Straßen vor allem in Baden-Württemberg und Bayern mussten vorübergehend komplett gesperrt werden. Der Zeitpunkt der Schneefälle an einem Wochenende verhinderte möglicherweise größere Einschränkungen im Straßenverkehr.
Der frühe Wintereinbruch von Ende Oktober 2012 kann in Mitteleuropa als außergewöhnliches, wenngleich nicht als extremes Ereignis gelten. So erlebten zwar gerade einige tiefe Lagen für Oktober seit Beginn der Aufzeichnungen nicht gekannte Schneehöhen, in höheren Lagen der Mittelgebirge und der Alpen hatte es zu dieser Jahreszeit allerdings schon deutlich größere Mengen gegeben. Jedoch sorgten anhaltende Niederschläge zum einen für sehr niedrige, in Teilen der Schweiz für rekordniedrige Tageshöchsttemperaturen, während in der Nacht zum 29. gebietsweise neue Rekordtiefsttemperaturen für Oktober von den Wetterstationen erfasst wurden. Text: CE
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