Mitte Juni bildete sich im Pazifik der erste Taifun der neuen Saison. "Guchol" traf auf seiner Zugbahn nach Norden
unter Abschwächung auch Japan. Starkregen und Sturm richteten insbesondere im Nordosten Japans große Schäden an.
Ausgedehnte Gebiete der Küstenregion, die bereits im März 2011 durch das schwere Erdbeben und den Tsunami heimgesucht
wurde, wurden überflutet. Insgesamt mussten über 10000 Menschen ihre Häuser vorübergehend verlassen. Auf ähnlicher
Zugbahn sorgte kurze Zeit später der tropische Sturm "Talim" auf Taiwan für Starkregen und Überflutungen.
Entstehung und Entwicklung
Für Japan beginnt die diesjährige Taifun-Saison ungewöhnlich früh. "Guchol" war erst der elfte
Taifun, der die Hauptinseln im Monat Juni seit Aufzeichnungsbeginn erreichte. Die Hauptsaison bilden die Monate August und
September, wenn durchschnittlich knapp 10 Taifune oder tropische Stürme auf einer der Hauptinseln Landfall machen.
Grund für die ungewöhnlich nördliche Zugbahn des System war eine untypische Druckverteilung.
Die sich in dieser frühen Phase der Saison entwickelnden tropischen Stürme lassen Japan in der Regel unangetastet
und nehmen bereits auf der Philippinischen See eine östliche Zugbahn ein. Ein sich vom Pazifischen Ozean nach Nordwesten
in Richtung Japan verlagerndes, ausgeprägtes Hochdruckgebiet verhinderte jedoch ein vorzeitiges Abdrehen des Taifuns
"Guchol". Zwischen einem mit den Hochdruckgebiet korrespondierenden Höhenrücken im Osten und einem Trog
über dem Asiatischen Kontinent stellte sich entlang der Ostküste Asiens und Japan eine kräftige südliche
Höhenströmung ein, in der sich "Guchol" rasch nach Norden verlagern konnte.
Satellitenbilder (MTSAT1 IR) vom 16.06. bis 19.06.2012 | Quelle: Eumetsat/NASA |
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16.06.2012, 12:16 UTC |
17.06.2012, 12:16 UTC |
18.06.2012, 12:16 UTC |
19.06.2012, 12:16 UTC |
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Zugbahn "Guchol", 11.06 - 20.06
Quelle: Digital Typhoon |
Am 11. Juni entwickelte sich aus einer tropischen Depression südöstlich von Guam der tropische Sturm "Guchol".
Auf der zunächst westlichen Zugbahn intensivierte sich "Guchol" über dem sehr warmen Wasser der Philippinischen
See und wurde am 14. Juni (12 UTC) zu einem Taifun erster Kategorie hoch gestuft. Am 15. Juni (18 UTC) schlug das System als Taifun
der Kategorie 3 eine nord-nordwestliche Zugbahn ein. "Guchol", nun ein Super-Taifun der Kategorie 4, erreichte Japans
südlichste Präfektur Okinawa am 18. Juni. Der Kerndruck fiel dabei auf 930 hPa ab, die Windgeschwindigkeiten
erreichten Werte bis 130 Knoten (180 km/h). Unter rascher Abschwächung zog "Guchol" als tropischer Sturm
mit seinem Kern nordostwärts über die Hauptinsel Honshu hinweg und löste sich auf den Pazifischen Ozean im Laufe
des 20. Juni langsam auf.
Satellitenbilder (MTSAT2 IR) vom 17.06. bis 20.06.2012 | Quelle: Digital Typhoon |
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17.06.2012, 18:00 UTC |
18.06.2012, 03:00 UTC |
19.06.2012, 03:00 UTC |
20.06.2012, 03:00 UTC |
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Zugbahn "Talim", 17.06 - 20.06
Quelle: Digital Typhoon |
In der immer noch bestehenden kräftigen Südströmung folgte "Guchol" ein weiterer
tropischer Sturm "Talim" auf ähnlicher Zugbahn. "Talim" entwickelte sich in der südlichen Chinesischen See
am 17. Juni (18 UTC). Die tropische Depression entwickelte sich rasch zu einem tropischen Sturm, der sich auf einer nordöstlichen Zugbahn
in Richtung Taiwan verlagerte und die Insel mit seinem Kern am 20. Juni (16 UTC) erreichte. Im Verleich zu "Guchol" erreichter der Kerndruck nur
ein Minimum von 985 hPa. Nachdem der tropische Sturm Taiwan überquerte schwächte er sich schnell ab und löste sich auf der östlichen
Chinesischen See auf.
Niederschläge und Auswirkungen
Bereits vor Eintreffen des Taifuns "Guchol" erfasste ein Gebiet großräumiger Hebung Japan.
Auf Kyushu setzten am 18. Juni (6 UTC) anhaltende, konvektiv durchsetzte Niederschläge ein, die sich langsam
nordöstwärts verlagerten. Am Flughafen Fukue (Goto) fielen am 18. Juni zwischen 00 und 12 UTC 86 mm,
in Fukuoka (Kyushu) 54 mm.
Radarbild und Niederschlagssummen | Quelle: Digital Typhoon/JMA/DWD |
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18.06.2012, 12:00 UTC |
18.06.2012, 12:00 UTC |
18.06.2012, 00-12 UTC |
Mit Annäherung des tropischen Sturms intensivierten sich die Niederschläge und erfassten zunächst die
Hauptinsel Shikoku, später auch den Süden Kyushus. Insbesondere an der Ostküste zwischen Osaka und
Yokohama regnete es ergiebig. So registrierte man an der Station Shionomisaki am 19. Juni zwischen 00 UTC und 12 UTC 84 mm Regen,
in Omaezaki waren es 76 mm.
Radarbild und Niederschlagssummen | Quelle: Digital Typhoon/JMA/DWD |
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19.06.2012, 06:00 UTC |
19.06.2012, 06:00 UTC |
19.06.2012, 00-12 UTC |
Nach Landfall des ehemaligen Taifuns "Guchol" ca. 200 km südwestlich von Tokio am 19. Juni um 10 UTC
zeigten Radarbilder die höchsten Reflektivität zwischen Shizuoka und Tokio. Regenraten über 50 mm/h wurden
vor allem in Küstennähe erfasst. Dieses Niederschlagsgebiet zog weiter nordwärts und beeinflusste, allerdings
unter Abschwächung, schließlich den Norden Honshus und Hokkaidos. Die größte Niederschlagsmenge zwischen
19. Juni (12 UTC) und 20. Juni (00 UTC) wurde in Sendai mit 108 mm registriert. Mito meldete noch 64 mm, in Tokia fielen im
betrachteten Zeitraum 39 mm Regen
Radarbild und Niederschlagssummen | Quelle: Digital Typhoon/JMA/DWD |
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19.06.2012, 12:00 UTC |
19.06.2012, 12:00 UTC |
20.06.2012, 00-12 UTC |
Enorme Niederschlagsmengen in Verbindung mit Sturm sorgten besonders an den Küsten im Norden Honshus für
Überflutungen. Am Morgen des 20. Juni (Ortszeit) sorgte eine Springflut in Ishinomaki (40 km nordwestlich von Sendai)
für chaotische Verhältnisse. Straßen mussten gesperrt werden, etliche Häuser wurden überflutet.
Bereits am 19. Juni wurde von den örtlichen Behörden eine Evakuierung angeordnet. Großflächige
Überschwemmungen werden auch in der von Katastrophen gebeutelten Region um Fukushima gemeldet. Kein Vorankommen gab es
zeitweise für Züge auf der Tokaido-Shinkanse, einer Eisenbahn-Schnellfahrstrecke. Über 7000 Passagiere
saßen fest. Zwischen 19. und 20. Juni stand der Flugverkehr auf dem Heneda Airport in Tokio still.
Folgend ist eine kleine Auswahl an Stationen mit den jeweiligen 48-stündigen Regenmengen aufgeführt. Der größte Wert
wurde dabei an der Station Miyagawa (Präfektur Nagano auf Honshu) mit 405 mm registriert. Solche enormen Regenmengen sind dort zwar genauso verheerend,
wie anderswo auch, allerdings treten solche Mengen dort durchaus häufiger auf. So liegt der Rekord ungleich höher bei 1346 mm, gemeldet am
04.09.2011 nach Durchzug von Taifun "Talas".
Ort |
Regen/48 h |
Miyagawa Amigasan Owase Ikawa
Hanazono Yamanaka Nambu Takanesan Dorobu Okunikko |
406 mm 368 mm 324 mm 293 mm 286 mm 286 mm 285 mm 280 mm 269 mm 265 mm |
48-h-Regen, 18.06., 18 UTC - 20.06., 18 UTC
Quelle: Digital Typhoon |
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Stündlicher Niederschlag und Summe in Miyagawa Quelle: KITAMOTO Asanobu |
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Im Gegensatz zum Taifun "Guchol" war auf den Satellitenbildern, die den tropischen Sturm "Talim" zeigen, kaum Zirkulationen erkennbar.
Dies schlug sich auch in den deutlich niedrigeren Windgeschwindigkeiten nieder. Allerdings umfasste der tropische Sturm ein großes System organisierter Konvektion.
Besonders der Süden der Insel Taiwan war von diesen heftigen Niederschlägen betroffen. Begünstigt durch Staueffekte am Gebirgszug, welcher sich
in Süd-Nord-Richtung einmal quer über die Insel erstreckt, fielen in den Landkreisen Pingtung und Kaohsiung verbreitet über 500 mm Regen in 48 Stunden.
Ort |
Regen/48 h |
Yuyoushan Da-Han Shan Majia Weiliaoshan
Xinfa Xinan Shangdewen Gaozhong Nantianchi Ali |
744 mm 682 mm 593 mm 590 mm 576 mm 558 mm 556 mm 532 mm 503 mm 498 mm |
48-h-Regen, 19.06, 16 UTC - 21.06, 16 UTC
Quelle: Central Weather Bureau Taiwan |
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24-h-Summe bis 19.06., 16 UTC Quelle: CWB |
24-h-Summe bis 20.06., 16 UTC Quelle: CWB |
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In Anbetracht des drohenden Starkregens und der Überflutungen wurden tausende Menschen in Sicherheit gebracht.
Insgesamt wurden über 5000 Menschens evakuiert, Schulen und Behörden blieben geschlossen. Chaos herrschte auch
auf dem internationalen Flughafen. 247 Flüge mussten gestrichen werden.
Niederschlagssummen 13.06.2012 - 19.06.2012 und Zugbahn "Guchol" & "Talim" | Quelle: NASA |
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Text: AL
21. Juni 2012
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