![]() |
Weitere Informationen: Wetterrekorde, Sturmstärken, Klimakarten usw. |
Sonntag, 13. Mai 2012, 02:00 MESZ
Ungewöhnliche Wärme, Gewitter West-, Mitteleuropa 10./11.05.2012 Satellitenbild: 11.05.2012, 18:58 UTC, NOAA-16 IR Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
|
Ende der ersten / Anfang der zweiten Maidekade 2012 gelangte vorübergehend ein Schub subtropischer Warmluft nach West- und Mitteleuropa. Verbreitet wurden Höchsttemperaturen um +30 °C erreicht, in Frankreich sowie im Süden Deutschlands konnten an einigen Stationen neue Rekordtemperaturen verzeichnet werden. Eine ausgeprägte und örtlich mit kräftigen Gewittern einhergehende Kaltfront beendete die kurze Frühsommerhitze jedoch rasch.
Wetterlage und Entwicklung Nur rund zwei Wochen nach dem rekordheißen 28. April (siehe Artikel) gelangte zum 10. Mai 2012 erneut sehr warme Luft subtropischen Ursprungs nach West- und Mitteleuropa. Dies geschah mit einer kräftigen südwestlichen Strömung, die sich auf der Vorderseite eines vom Nordmeer über den nördlichen bis zum mittleren Nordatlantik reichenden Trogsystems etabliert hatte. Dem gegenüber stand ein von Nordafrika über das südliche Mitteleuropa bis zum Baltikum weisender Hochdruckrücken. Im Bodendruckfeld ließ sich - großräumig betrachtet - eine breite Tiefdruckrinne ausmachen, die von Spitzbergen über die Britischen Inseln bis zu den Azoren verlief und mehrere Tiefzentren in sich beherbergte. In 850 hPa, etwa 1.500 Meter Höhe entsprechend, stieß die +15-°C-Isotherme am 10. bis zur Mitte Frankreichs und in den Südwesten Deutschlands, einen Tag später sogar bis ins nördliche Polen nach Norden vor. Am Alpenrand konnte dann, bedingt durch leichten Föhn, sogar eine +20-°C-Blase analysiert werden.
Zum 11. kristallisierte sich innerhalb der Tiefdruckzone ein sich intensivierender Kern heraus, Tief "Ute". "Ute" zog mit ihrem Zentrum über die Britischen Inseln und die Nordsee hinweg nordostwärts; die an der Vorderseite des Höhentrogsystems angesiedelte Luftmassengrenze drang auf der Rückseite als deren Kaltfront nach Südosten vor und ersetzte die subtropische Warmluft durch wesentlich kühlere Meeresluft. Der Temperaturgegensatz in 850 hPa betrug dabei teilweise um 20 Kelvin auf etwa 1.000 Kilometer. Aus diesem Temperaturgegensatz, der infolge der präfrontalen Aufheizung der unteren Luftschichten am 11. tagsüber maximiert zu Tage trat, bezog die Kaltfront ihre wesentliche Energie für die Bereitstellung großräumiger Hebungsantriebe. Dynamische Antriebe waren ob des weit im Norden durchschwenkenden Höhentroges dagegen kaum auszumachen, zudem wurde die Front selbst durch Kaltluftadvektion überlaufen. Frühsommerhitze und Rekordtemperaturen Höchsttemperaturen von teilweise deutlich mehr als +30 °C wurden am 10. und 11. von der Iberischen Halbinsel über Südfrankreich, Norditalien und die Alpenländer bis in den Süden und die Mitte Deutschlands und nach Tschechien gemessen. Im Süden und Osten Frankreichs konnten am 10. an acht Stationen neue Rekorde für die erste Maidekade verzeichnet werden; das kleine Städtchen Dax an der südlichen Biskayaküste stellte mit +34,9 °C einen landesweiten Rekord für die ersten zehn Tage des Monats auf. Mit +28,7 °C lag das Maximum am Pariser Flughafen Charles de Gaulle 9 Kelvin über dem klimatologischen Mittel. Im Süden Spaniens (Sevilla / San Pablo Flgh.) stieg das Quecksilber auf +37,9 °C.
Am 11. lag der Schwerpunkt der frühsommerlichen Hitze im Südwesten Deutschlands. Im Norden Baden-Württembergs und am südlichen Oberrhein konnten Höchstwerte um +32 °C registriert werden, Spitzenreiter war - wie schon zwei Wochen zuvor - Kitzingen in Unterfranken mit +32,8 °C. An 9 von 119 Stationen wurden neue Rekorde für die zweite Maidekade notiert, auf der Wasserkuppe in der Rhön und in Mannheim die bisherigen Rekorde aus den Jahren 1969 und 1953 eingestellt. Würzburg übertraf seine alte Bestmarke vom 13.05.1969 mit +31,5 °C um 0,9 Kelvin. Nachstehend eine Übersicht über die am 10.05.2012 in Frankreich sowie die am 11.05.2012 in Deutschland ein- und neu aufgestellten Dekadenrekorde der Höchsttemperatur. Quellen: Météo-France, DWD
Örtlich kräftige Gewitter Bereits weit vor der eigentlichen Kaltfront entwickelten sich am Abend des 10. über dem Norden Deutschlands einige Gewitter. Die intensivsten Zellen zogen von Westfalen über das südliche Niedersachsen nach Brandenburg und lösten sich dort zum Morgen auf. Die größte Niederschlagsmenge wurde in Enger im Kreis Herford (Nordrhein-Westfalen) mit 42 mm registriert, wo gleich zwei Gewitter im Abstand von etwa zwei Stunden durchzogen. Bezogen auf einen Zeitraum von einer Stunde fielen maximal 25 mm in Dinslaken (ebenfalls Nordrhein-Westfalen). Zwischen 23:00 Uhr MESZ und Mitternacht meldete in Zusammenhang mit einem Gewitter Bad Lippspringe mit 94 km/h eine schwere Sturmböe.
Am Nachmittag des 11. formierten sich die Gewitter unmittelbar vor der Kaltfront entlang einer Linie Ostfrankreich - Saarland und südliches Rheinland-Pfalz - Hessen - Brandenburg und verschoben sich mit dieser allmählich südostwärts. Einzelne kräftige Zellen entstanden vor allem über Hessen und der Lausitz, von wo Meldungen über vollgelaufene Keller vorlagen. Größere Niederschlagsmengen wie am Vorabend traten aber nur vereinzelt auf; in Alsfeld-Eifa (Hessen) zum Beispiel fielen insgesamt 27 mm.
Entsprechend blieben größere Schäden aus; auch kam es zu keinen nennenswerten Behinderungen. Lediglich vereinzelt wurden Straßenabschnitte überspült. Von einer "Gewitter-Wand" oder gar "Tornado-Alarm", wie in einer großen Boulevardzeitung getitelt (s. Abbildung), konnte jedenfalls keine Rede sein.
Text: CE
|