Ein schwerer Sturm suchte Mitte April 2012 die Ägäis und den Westen der Türkei heim. Böen in orkanartiger Stärke
verursachten Schäden, vier Menschen kamen ums Leben. Besonders betroffen war die Millionenmetropole Istanbul.
Wetterlage und Entwicklung
Lange Wellen in der mittleren und oberen Troposphäre bestimmten im April 2012 das Wettergeschehen in weiten Teilen Europas.
Doch anders wie zuvor im März lagen weite Teile des Kontinents im April häufig unter einem langwelligen Höhentrog, der von
Nordwesten her immer wieder regeneriert wurde. Zu Beginn der 16. Kalenderwoche überdeckte tiefes Geopotential ganz Europa von
der Iberischen Halbinsel im Westen bis zum Schwarzen Meer im Osten sowie vom Eismeer im Norden bis zum südlichen Mittelmeer
im Süden. Dabei handelte es sich um ein mehrgliedriges Trogsystem, bestehend aus sich abschwächenden und intensivierenden
langwelligen Anteilen. Im Verlauf griff der westliche Trogteil nach Süden aus und stieß bemerkenswert weit in den Norden
Afrikas hinein vor. Die 552-gpdm-Isohypse, die im Mittel den Verlauf der Frontalzone kennzeichnet, erreichte zum 17. sogar
die Mitte Algeriens.
300-hPa-Wind und relative Vorticity (= Maß für Wirbelstärke) vom 17. bis 19.04.2012 | Quelle: wetter3.de |
 |
 |
 |
17.04.2012, 00 UTC |
18.04.2012, 00 UTC |
19.04.2012, 00 UTC |
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 17. bis 19.04.2012 | Quelle: Wetterzentrale |
 |
 |
 |
17.04.2012, 00 UTC |
18.04.2012, 00 UTC |
19.04.2012, 00 UTC |
Auf der Vorderseite des Troges kam über Libyen eine Zyklogenese in Gang. Das resultierende Tiefdruckgebiet
("Natalie") konnte sich unter günstigen Entwicklungsbedingungen rasch intensivieren und am Morgen des 18. mit einem
Kerndruck von unter 985 hPa über dem südöstlichen Griechenland analysiert werden. An seiner Ostflanke wurde sehr warme Luft
subtropischen Ursprungs nach Norden geführt, die +25-°C-Isotherme in 850 hPa erreichte in der Nacht zum 18. die ägyptische
Mittelmeerküste. Zwischen der Warmluft im Osten und der von Norden einfließenden Kaltluft im Westen auf der Rückseite von
"Natalie" bauten sich große Temperaturgegensätze auf, die Zone mit dem größten Temperaturgradienten markierte eine
ausgeprägte Kaltfront.
Bodendruckanalysen vom 17. bis 19.04.2012 | Quelle: FU Berlin / DWD |
 |
 |
 |
17.04.2012, 00 UTC |
18.04.2012, 00 UTC |
19.04.2012, 00 UTC |
In deren Umfeld traten neben kräftigen Regenfällen auch Gewitter auf. Die eigentliche Gefahr ging jedoch von kräftigen Böen
aus, die auf den Inseln der Ägäis sowie im Westen der Türkei verbreitet Sturm- und orkanartige Stärke erreichten. Aus Kreta
meldeten sowohl Chania als auch Heraklion mit 107 bzw. 106 km/h Böen der Stärke 11. In Dalaman im Südwesten der Türkei wurden
98, auf Rhodos und Kos jeweils 83 km/h gemessen. Istanbul verzeichnete mit 106 km/h ebenfalls orkanartige Böen.
Satellitenbilder (Meteosat-9 VIS/IR) | Quelle: F. Valk |
 |
 |
 |
17.04.2012, 12:00 UTC |
18.04.2012, 12:00 UTC |
19.04.2012, 12:00 UTC |
Insbesondere in der türkischen Millionenmetropole richtete der Sturm Schäden an. Etwa 350 Hausdächer wurden abgedeckt,
hunderte Bäume entwurzelt. Fassadenteile, Baugerüste und Werbeplakate sowie Straßenschilder rissen sich los, mehrere Menschen
wurden verletzt. Eine Brücke über den Bosporus musste zwischenzeitlich für den Verkehr gesperrt werden. Am internationalen
Flughafen fielen mehr als 40 Flüge aus. Im gesamten Westen der Türkei kamen durch die Folgen des Sturms vier Menschen ums
Leben.
Text: CE
|
In Zusammenarbeit mit:
|
|
|
|