Zwischen Ende Februar und Anfang März 2012 sorgten rekordverdächtig starke Regenfälle für großflächige
Überflutungen im Südosten Australiens. Am schlimmsten betroffen war ein Streifen zwischen dem Osten des Bundesstaates
Northern Territory, über South Australia und den Südosten New South Wales bis nach Victoria. Im Norden des Bundesstaates Victoria
wurde eine Fläche halb so groß wie der Bodensee unter Wasser gesetzt. Tausende Menschen mussten evakuiert werden.
Wetterlage und Entwicklung
Die wiederholten, sehr starken Regenfälle in Australien stehen in Zusammenhang mit einem sogenannten "La Niña" -Ereignis.
Bei "La Niña" beobachtet man einen verhältnismäßig großen Luftdruckunterschied zwischen Südamerika und
Indonesien. Dies spiegelt sich in einem hohen Wert für die "Southern Oscillation" wieder. Dabei verstärkt sich die "Walker-Zirkulation",
was mit einer Zunahme der Passatwinde einhergeht. Diese Passate treiben das warme Wasser des Pazifiks Richtung Westen. Entlang der Westküste
Südamerikas steigen kalte Wassermassen aus den Tiefen empor und sorgen dort für eine rasche Abnahme der Wasseroberflächentemperaturen.
Dagegen beobachtet man im Westpazifik vergleichsweise warme Wassertemperaturen, wie z.B. auch vor der Küste Australiens. Die östlichen Winde
transportieren energiereiche Luftmassen, die sich auf ihrem Weg über den Pazifik mit viel Feuchtigkeit anreichern konnten, bis ins Landesinnere
Australiens und begünstigen dort die Ausbildung großflächiger konvektiver Systeme, die für ergiebige Regenfälle sorgen.
Southern Oscillation Index | Quelle: Queensland Government |
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Ende Februar positionierte sich ein Bodentrog über dem Südosten Australiens. An dessen Ostflanke stellten sich nördliche bis
nordöstliche Winde ein. Diese führten feucht-warme Luft bis nach New South Wales und Victoria, während sich zwischen dem Bodentrog und einem
kräftigen Hochdruckgebiet über der Großen Australischen Bucht südöstliche Winde einstellten und trocken-kalte Luft nach Süd- und
Westaustralien transportierten. An der Grenze dieser beiden Luftmassen, die durch hohe Gradienten der pseudopotentielle Temperatur angezeigt wird,
bildete sich ein Wolkenband, welches sich in Nordwest-Südost-Richtung einmal quer über Australien erstreckte. Zu Märzbeginn verlagerte
sich das nun abgeschlossene Tiefdruckgebiet zunächst langsam, später unter Intensivierung rascher nach Osten und verließ den Kontinent auf die Tasmanische See.
500-hPa-Geopotentialkarten und Bodendruck | Quelle: wetter3.de |
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28.02.2012, 12:00 UTC |
29.02.2012, 12:00 UTC |
01.03.2012, 12:00 UTC |
02.03.2012, 12:00 UTC |
Pseudopotentielle Temperatur und Bodendruck | Quelle: wetter3.de |
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28.02.2012, 12:00 UTC |
29.02.2012, 12:00 UTC |
01.03.2012, 12:00 UTC |
02.03.2012, 12:00 UTC |
Während dieses Prozesses konnten über New South Wales und Victoria pseudopotentielle Temperaturen teils jenseits der 70 Grad-Marke
analysiert werden. In Verbindung mit hohen Werten der potentiell verfügbaren konvektiven Energie (CAPE) ergibt dies ideale Voraussetzungen für
starke Konvektion, die bei Auslösung zu heftigen Regenfällen führt.
Satellitenbilder (MTSAT1 IR) vom 26.02. bis 04.03.2012 | Quelle: Eumetsat |
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26.02.2012, 09:00 UTC |
27.02.2012, 09:00 UTC |
28.02.2012, 09:00 UTC |
29.02.2012, 09:00 UTC |
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01.03.2012, 09:00 UTC |
02.03.2012, 09:00 UTC |
03.03.2012, 09:00 UTC |
04.03.2012, 09:00 UTC |
Auswirkungen
Entlang des auf den Satellitenbilder gut erkennbaren Wolkenbandes, also dort, wo es zur Auslösung von Konvektion kam, gingen rekordverdächtig
starke Regenfälle nieder. Betroffen war zunächst ein Gebiet zwischen Ayers Rocks (südliches Northern Territory) und Canberra (New South Wales), sowie
die Grenzregion zwischen New South Wales und Victoria. Stellenweise fiel über 100 mm Regen. So wurden z. B. an der Station Tungamah (Victoria) am 28. Februar 124 mm erfasst.
Dabei wurde der seit 1955 bestehende Rekord für eine tägliche Niederschlagssumme um mehr als 30 mm übertroffen. Auch an vielen anderen Stationen wurden neue Rekorde aufgestellt.
In den ersten Märztagen verlagerte sich das Starkregenband langsam nach Nordosten, um am 4. März den Süden von New South Wales heimzusuchen. Insbesondere in einer Region
200 Kilometer westlich der Stadt Canberra fielen verbreitet 100 mm, stellenweise gar mehr als 150 mm. In der Kleinstadt Grong Grong registrierte man am
4. März eine Niederschlagsmenge von 194 mm. Dabei wurde der bisherige Rekord aus dem Jahre 1955 um knapp 130 mm überboten.
24-h-Niederschlagssummen in Australien | Quelle: bom.gov.au |
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01.03.2012 |
02.03.2012 |
03.03.2012 |
04.03.2012 |
Die heftigen Regenfälle führten in dieser Region zu einer ausgewachsenen Flutkatastrophe.
Insbesondere die Flüsse Lachlan und Murrumbidgee traten über die Ufer. Stellenweise drang das Wasser 5 Kilometer weit über die Ufer.
Insgesamt wurde eine Fläche halb so groß wie der Bodensee überflutet. Im Ort Nathalia mussten 1400 Menschen evakuiert werden, weil die notdürftig
angebrachten Aluminiumdämme zu brechen drohen. Bereits tausende Häuser, sowieso Straßen und Brücken sind beschädigt.
Zudem fürchtet man, dass durch die Wassermassen Nährboden fortgerissen wurde. Es ist die schlimmste Flutkatastrophe
in dieser Region seit fast 40 Jahren.
Überschwemmungen in Australien (Satellit/MODIS) | Quelle: NASA Earth Observatory |
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Vor den Regenfällen |
Nach den Regenfällen |
In der Woche zwischen dem 28. Februar und dem 6. März sorgten die anhaltenden Niederschläge für bemerkenswerte Summen.
Besonders betroffen war das Gebiet zwischen Canberra und Melbourne. Unweit der Australischen Alpen fielen stellenweise 300 mm und mehr.
Stellvertretend soll an dieser Stelle Thredbo Village genannt werden. Am Ort nahe des Mount Kosciuszko, der höchste Erhebung des Kontinents, erfasste
man zwischen dem 1. und 5. März eine Niederschlagsmenge von 382 mm. Damit wurde das Niederschlagssoll des Monats nach fünf Tagen nicht nur erfüllt,
sondern es wurde gar ein neuer Monatsrekord aufgestellt.
30-tägige Niederschlagsreihe | Quelle: Climate Prediction Center / NCEP |
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Canberra |
Wagga (New South Wales) |
Nachstehend die größten Niederschlagssummen zwischen 1. und 5. März im Vergleich zum Monatsmittelwert.
An vielen Stationen wurde somit das Soll nicht nur erfüllt, es wurden teils schon lang bestehende Monatsrekorde gebrochen.
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Akkumulierter Niederschlag zwischen 28.02 und 06.03. Quelle: bom.gov.au |
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Ort |
Ist |
Soll |
alter Rekord |
Thredbo Village Grong Grong Burrowye Wodonga
Ivanhoe Mandurama |
382 mm 247 mm 209 mm 191 mm 190 mm 164 mm |
106 mm 36 mm 51 mm 50 mm 28 mm 47 mm |
303 mm (1978) 220 mm (1939) 176 mm (1989) 160 mm (1956) 186 mm (1989) 143 mm (1969) |
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Text: AL
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