![]() |
Weitere Informationen: Wetterrekorde, Sturmstärken, Klimakarten usw. |
Dienstag, 28. Februar 2012, 23:50 MEZ
Extreme Trockenheit
Südosten Großbritanniens Mittlere jährliche Niederschlagssumme über den Britischen Inseln: Nasser Nordwesten und trockener Südosten. Quelle: Klimadiagramme.de |
|
Extreme Trockenheit beschäftigt gegen Ende des Winters 2011/2012 den Südosten Großbritanniens. In den vorangegangenen zwei Jahren regnete es in Teilen Englands und in Wales etwa nur die Hälfte, stellenweise sogar nur um 30 Prozent der sonst klimatologisch zu erwartenden Niederschlagsmenge. Die lange Trockenperiode hat die größte Dürre seit dem Jahr 1976 zur Folge. Behörden riefen zu besonnenem Umgang mit Wasser auf, für überflüssige Wasserverschwendung wurden Geldstrafen verordnet. Schwere Trockenschäden in der Natur und in der Landwirtschaft lassen Ernteausfälle erwarten. Bei weiter andauernder Regenarmut droht die Rationierung des Trinkwassers.
Klimatologisch gesehen ist es normal, dass in den jährlichen mittleren Niederschlagssummen über den Britischen Inseln ein starkes Nordwest-Südost-Gefälle auftritt (siehe obige Grafik). So fallen beispielsweise in Stornoway auf den Hebriden im Nordwesten Schottlands durchschnittlich 1173 mm Niederschlag in einem Jahr, im Süden Englands kommt London auf nur 753 mm. Noch mehr Niederschläge entfallen mit über 2000 mm auf die westlichen Highlands, noch weniger regnet es mit teilweise unter 600 mm in den Grafschaften Kent oder Suffolk. Während in der Nordhälfte der Britschen Inseln in den vergangenen zwei Jahren und auch in den letzten Monaten außergewöhnlich viel Nass vom Himmel kam, blieben die Niederschläge in der Südhälfte besonders über Wales und England deutlich hinter ihrem Soll zurück. Dies äußerste sich im Laufe des Winters 2011/2012 in zunehmend extremer Trockenheit.
Schon 2010 und 2011 gingen vor allem in Wales und England als sehr trockene Jahre in die Geschichte ein. In Wales fielen im Jahr 2010 über die Fläche gemittelt etwas mehr als 1100 mm Regen. So trocken war es dort zuletzt im Jahr 1976. Auch England erlebte zwei deutlich zu trockene Jahre. Nur in den Jahren 1996 und 2003 trat in den letzten zwei Jahrzehnten noch weniger Regen auf. Allerdings waren diese Jahre isolierte, trockene Außreißer mit jeweils nasseren Vor- und Folgejahren, so dass die Trockenphasen und das entstandene Wasserdefizit besser ausgeglichen werden konnte. Ähnlich anhaltend trocken wie zurzeit war es in England analog zu Wales um das Jahr 1976. Nicht so weit zurückliegend sticht im Jahr 2010 das viel zu trockene Frühjahr heraus. Nach einem nasseren Sommer verbuchten die Herbst- und Wintermonate gegen Ende des Jahres erneut zu wenig Niederschläge. 2011 setzte sich die trockene Witterung fort, vor allem im Frühling mit einem sehr trockenen März und April. Auch der Herbst 2011 vermochte nicht genügend Regen zu bringen. Ähnlich niederschlagsarm verlief der Winter 2011/2012, in dem besonders im Januar und Februar zu wenig Niederschläge registriert wurden. Die Ursache der häufigen Trockenphasen und der ausbleibenden Niederschläge kann hauptsächlich auf eine Häufung blockierender Hochdruckgebilde über dem Ostatlantik zurückgeführt werden. Im Bereich eines sich mächtig aufwölbenden Höhenrückens werden dabei regenbringende Tiefdruckgebiete mit ihren Frontensystemen in einem großen Bogen um die Britischen Inseln gesteuert. Besonders der Süden Großbritanniens verbleibt unter Hochdruckeinfluss und erhält deutlich weniger Niederschläge.
Folgen und Schäden der andauernden extremen Trockenheit trägt vor allem die Landwirtschaft davon. Viele Felder und Wiesen sind vertrocknet, schlechte Ernten und dadurch steigende Lebensmittelpreise werden erwartet. Englands Flüsse führen so wenig Wasser wie zuletzt im Jahr 1976. Viele Fische verendeten durch Wasserknappheit, das Algenwachstum stieg stark an. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, sparsam mit dem Wasser umzugehen. In zahlreichen Haushalten dürfen Gartenschläuche zur Bewässerung nicht mehr eingesetzt werden, bei überflüssiger Wasserverschwendung drohen Geldstrafen. Regierung, Behörden und Wasserwerke schlossen sich zur gemeinsamen Koordination zusammen. Bereits 1976 litt Großbritannien unter einer schweren Dürre. Damals bildeten sich lange Menschenschlangen an Wasserausgabestellen. Bis jetzt ist die aktuelle Situation nicht so dramatisch. Bei weiter andauernder Trockenheit über das Frühjahr hinaus und bis in den Sommer hinein würde sich die Lage aber drastisch verschärfen. Auswertungen langjährig gewonnener Daten zwischen 1961 und 2006 belegen gegenüber dem langjährigen Mittel abnehmende Niederschläge während des Frühjahrs und während des Sommers in weiten Teilen Großbritanniens (unten folgende Grafik, gelbe Kreise). Die Größe der Kreise stellt dabei die Stärke der Abnahme dar. Während den Herbst- und Wintermonaten haben die Niederschläge dagegen stark zugenommen. In den Jahren 2010 und 2011 blieben kräftige Winterniederschläge aber überwiegend aus, dafür waren die Frühjahre und auch die Herbstmonate deutlich zu trocken. Bleibt das Jahr 2012 in den folgenden Monaten weiterhin zu trocken und niederschlagsarm, was statistisch gesehen als recht wahrscheinlich gilt, so wird sich die angespannte Wassersituation weiter zuspitzen. Tritt dieser Fall ein, so müsste man wie im Jahr 1976 mit einer Rationierung des Trinkwassers rechnen. Bereits Ende Februar wurde dieser Sachverhalt öffentlich diskutiert und angesprochen.
Niederschlagssummen während 2011 und Anfang 2012 an ausgewählten Orten in England. Oft fiel nur um die Hälfte des sonst üblichen Niederschlags, örtlich noch weniger. Auffallend ist das extrem trockene Frühjahr und der trockene Herbst.
Detaillierter Monatsrückblick der Jahre 2010 und 2011 für die im Süden Englands gelegene Hauptstadt London. Nur wenige Monate weisen einen Niederschlagsüberschuss auf, es überwiegen Monate oder ganze Jahreszeiten mit großen negativen Abweichungen. Darüber hinaus begann auch das Jahr 2012 sehr trocken. Im Januar kamen nur 34 mm zusammen, abermals weniger als die Hälfte der in diesem Monat klimatologisch zu erwartenden Niederschlagsmenge.
Text: DK 28. Februar 2012 |