![]() |
Weitere Informationen: Wetterrekorde, Sturmstärken, Klimakarten usw. |
Unwetterartige, mit Gewittern durchsetzte Regenfälle gingen Anfang November 2011 über dem Süden Frankreichs, der Südschweiz und vor allem über dem Nordwesten Italiens nieder. Nachdem es dort schon eine Woche zuvor heftige Niederschläge gab, fielen in nur kurzer Zeit erneut über 400 mm Regen. Überschwemmungen, Sturzfluten und Orkanböen richteten schwere Schäden an, besonders betroffen war die italienische Hafenstadt Genua an der Ligurischen Küste. Sieben Menschen kamen ums Leben.
Wetterlage und Entwicklung Innerhalb der letzten 14 Tagen ist es bereits das zweite Mal, dass sich über dem westlichen Mittelmeerraum gebietsweise intensive Regenfälle entladen. Ende Oktober war besonders die norditalienische Provinz La Spezia betroffen, wo innerhalb weniger Tage ergiebige Regensummen über 500 mm auftraten (siehe Artikel). In den ersten Novembertagen stellte sich erneut eine unwetterartige Wetterlage über dem westlichen Mittelmeer ein. Dafür verantwortlich war ein umfangreicher Höhentrog über dem Atlantik, der sich ostwärts Richtung europäisches Festland verlagerte, sich dabei intensivierte und weiter nach Süden vorstieß. Auf seiner Vorderseite bildete sich im Lee der Pyrenäen ein Bodentief namens "Rolf" aus, welches sich auf dem Weg Richtung Balearen und Sardinien weiter verstärkte, dort für einige Tage verweilte und im westlichen Mittelmeerraum für heftige Wettererscheinungen sorgte. Simultan schnürte sich der südliche Teil des Höhentroges ab und verblieb oberhalb des Bodentiefs als eigenständiges quasistationäres Höhentief. Durch die über mehrere Tage hinweg sich kaum verändernde Großwetterlage gab es vor allem über Südfrankreich, Nordwestitalien sowie über der Südschweiz wiederholte und schubweise ergiebige Niederschläge.
Abseits großräumig generierter Hebungsprozesse war vor allem die bodennah mit eingebundene warme und feuchte Luft der Hauptgrund solcher intensiven Regenfälle. Auf der Ostflanke von "Rolf" konnte im 850-hPa-Niveau, etwa 1500 m über dem Meeresspiegel entsprechend, vorübergehend die +15 °C-Isotherme bis nach Sardinien und Korsika nordwärts vordringen. Starke Verdunstung über den bis zu 21 °C warmen Wasseroberflächen des Mittelmeeres reicherten die Luft zusätzlich mit Feuchte an. Gleichzeitig sickerte mit dem ankommenden Trog Höhenkaltluft ein, so dass sich die vertikalen Temperaturgegensätze verschärften und sich die Atmosphäre labilisierte. Somit traten verbreitet gewittrig verstärkte Regenfälle auf, mit Schwerpunkt an der Ligurischen Küste im Raum Genua, wo innerhalb von 24 Stunden örtlich bis zu 465 mm Regen fiel.
Mit der Intensivierung des Bodentiefs und der sich damit aufbauenden Luftdruckgegensätze gewann der Wind zunehmend an Stärke. An der französischen Mittelmeerküste wurden Orkanböen registriert, auch auf Korsika erreichte der Wind Orkanstärke. Selbst im inländischen Flachland von Frankreich oder Italien traten schwere Sturmböen oder orkanartige Windböen auf. Die mit dieser Wetterlage verbundene höchste Windgeschwindigkeit konnte mit 167 km/h auf dem Mont Aigoual in den Cevennen aufgenommen werden. Mit einer sich ausbildenden lebhaften und südlichen Höhenströmung stellte sich in den Alpen Südföhn ein. Auf den Alpengipfeln bließ Föhnsturm mit Orkanböen bis zu 143 km/h. Während die Temperaturen in einigen Alpentälern und am Alpennordrand in der erwärmten Föhnluft auf Werte jenseits der 20 °C stiegen (Hohenpeißenberg: +22,3 °C), bildeten sich auf der Alpensüdseite kräftige Stauniederschläge aus, dies vor allem im Tessin in der Südschweiz mit bis zu 282 mm binnen drei Tage. Tief "Rolf" - ein tropisches Tief?
Ergiebige Niederschläge, Überschwemmungen und Schäden Besonders der Süden Frankreichs, die Südschweiz und der Nordwesten Italiens waren von den heftigen gewittrigen Regenfällen betroffen. Die höchsten Niederschlagssummen verbuchten Wetterstationen entlang der Côte d'Azur, in den Cevennen, im Tessin, im Piemont und in Ligurien. Verbreitet kamen in diesen Regionen 100 mm bis 200 mm innerhalb eines Tages zusammen, gebietsweise auch deutlich mehr. Oft regnete es über mehrere Tage hinweg in ergiebigen Mengen. Die größte 24-stündige Regenmenge registrierte Vicomorasso nahe Genua mit 465 mm, gefolgt von Crocetta di Orero mit 350 mm. Beide Stationen befinden sich an den nördlichen Ausläufern des Apennin, auf dessen Luvseite die anströmende feuchtwarme Luft aus dem Ligurischen Meer zum Ausregnen gezwungen wird. Auch die norditalienische Metropole Mailand konnte eine stattliche Tagessumme von 232 mm verbuchen.
Aus Mailand wurden Schäden durch Überschwemmungen berichtet. Noch heftiger fiel die Situation in Teilen Südfrankreichs und in Ligurien aus. Zahlreiche Flüsse traten dort über die Ufer, in gebirgigen Regionen rissen Sturzbäche Autos und Bäume mit sich und unterspülten Straßen und Häuser. Besonders schlimm traf es Genua, wo große Teile der Stadt mehrfach überflutet wurden und Autos sowie mitgerissene Möbel wie Boote durch die Stadt schwammen. In den gefährdeten Gebieten blieben die Schulen geschlossen, die Stadt Vernazza in der Gegend der Cinque Terre wurde vorsorglich evakuiert. In den französischen Regionen galt Alarmstufe Orange, regional wurde im Piemont und in Ligurien der Notstand ausgerufen. Insgesamt sieben Menschen fanden in den Fluten und Sturmwinden den Tod.
Wetterwerte Nachstehend ausgewählte binnen 24 Stunden maximal gemessene Niederschlagssummen sowie die höchsten Windböen im westlichen Mittelmeerraum, in den Alpen, Frankreich (F), Italien (I), Deutschland (D), Österreich (A) und in der Schweiz (CH) vom 03. bis zum 08.11.2011. Quellen: DWD, infoclimat.fr, meteoliguria.it, regione.piemonte.it, MeteoSchweiz
Text: DK
|