Intensive Regenfälle gingen Mitte/Ende Oktober 2011 in Teilen West- und Südeuropas nieder. Zunächst waren vor allem
Portugal und Irland, später ein breiter Streifen von Südfrankreich über Norditalien bis nach Slowenien und Kroatien betroffen.
Am schlimmsten war die Lage im östlichen Ligurien, wo örtlich über 500 mm Regen innerhalb weniger Stunden fielen und durch
Überflutungen mindestens neun Menschen ums Leben kamen.
Wetterlage und Entwicklung
Die unwetterartigen Ereignisse spielten sich an ein und demselben Frontenzug ab - dieser gehörte zur Tiefdruckgebiet
"Meeno", das bereits am 20. über Neufundland analysiert werden konnte und sich innerhalb einer kräftigen
Frontalzone rasch über den mittleren Nordatlantik gen Osten verlagerte. Zunächst ohne relevante Intensitätsänderungen
unterwegs, geriet es zum 22. auf die Vorderseite eines von Westen heranschwenkenden kurzwelligen Höhentroges. Großräumige
Hebungsvorgänge ließen den Kerndruck des Tiefs innerhalb von 18 Stunden um 15 hPa auf weniger als 980 hPa südwestlich von
Irland sinken. In der Zwischenzeit hatte sich über dem Nordatlantik ein ausgeprägter Langwellentrog etabliert, an dessen
Ostflanke "Meeno" nach Norden direkt über Irland hinweggeführt wurde. Mit Ausbildung eines weiteren Tiefkerns über
Südwesteuropa formierte sich schließlich ein flächenmäßig großes Tiefdrucksystem, das am 24. den gesamten Westen Europas
überdeckte. Ausgehend von "Meeno" erstreckte sich eine Luftmassengrenze von Norden nach Süden, die Warmluft
subtropischen Ursprungs auf ihrer Ost- von nachstoßender Meereskaltluft auf der Westseite trennte. Eingelagert in eine
rinnenartige Struktur konnten dabei über dem westlichen Mittelmeer weitere lokale Druckminima analysiert werden.
Bodendruckanalysen vom 24. bis 27.10.2011 | Quelle: FU Berlin / DWD |
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24.10.2011, 00 UTC |
25.10.2011, 00 UTC |
26.10.2011, 00 UTC |
27.10.2011, 00 UTC |
500-hPa-Geopotential und Bodendruck vom 24. bis 27.10.2011 | Quelle: Wetterzentrale |
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24.10.2011, 00 UTC |
25.10.2011, 00 UTC |
26.10.2011, 00 UTC |
27.10.2011, 00 UTC |
Mit Passage der Luftmassengrenze respektive des erwähnten ersten Randtiefs waren am Abend des 23. und in der Nacht zum 24.
zunächst weite Teile Portugals von kräftigen Regenfällen betroffen. Die größte zwölfstündige Niederschlagsmenge bis 6 UTC am
24. wurde in Viana do Castelo im Norden des Landes mit 95 mm registriert; 75 mm davon fielen binnen sechs Stunden bis 0 UTC.
66 mm konnten in Castelo Branco, 60 mm in den Penhas Douradas verzeichnet werden. Intensiv regnete es auch in Galicien im
Nordwesten Spaniens (z. B. Vigo/Peinador 114 mm in 24 Stunden).
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 24. bis 27.10.2011 | Quelle: Wetterzentrale |
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24.10.2011, 00 UTC |
25.10.2011, 00 UTC |
26.10.2011, 00 UTC |
27.10.2011, 00 UTC |
Das ursprüngliche Tief "Meeno" selbst sorgte im Laufe des 24. auf den Britischen Inseln für Starkregen und Sturm.
Am Flughafen in Dublin fielen innerhalb von zwölf Stunden bis 18 UTC 55 mm Regen, das entspricht 81% der sonst im
gesamten Monat Oktober üblichen Niederschlagsmenge. Am nur etwa 20 Kilometer südwestlich gelegenen Casement Aerodrome
konnten im selben Zeitraum sogar 78 mm gemessen werden. Medienberichten zur Folge handelte es sich um die heftigsten
Regenfälle in der irischen Hauptstadt seit 40 Jahren.
12-stündige Niederschlagsmengen in verschiedenen Teilen Europas | Quelle: DWD JavaMAP |
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Iberische Halbinsel / Portugal bis 24.10.2011, 6 UTC |
Großbritannien/Irland bis 24.10.2011, 18 UTC |
Südfrankreich bis 25.10.2011, 6 UTC |
Norditalien bis 25.10.2011, 18 UTC |
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Interpolierter 6-stg. Niederschlag bis 25.10., 20:30 UTC in Ligurien.
Quelle: meteoliguria.it |
Stdl. Niederschlagsmengen in Brugnato am 25.10.2011.
Quelle: meteoliguria.it |
Am 25. und 26. verlagerten sich die Starkregenfälle nach Südfrankreich und Norditalien. Auf dem Mont Aigoual im Süden der
Cevennen in 1.564 Metern Höhe fielen in 24 Stunden bis zum 25., 6 UTC 144 mm, in Cannes im darauffolgenden
24-Stunden-Zeitraum 83 mm. Doch diese recht großen Niederschlagsmengen erscheinen geradezu noch gering im Vergleich zu den
Wassermassen, die an der ligurischen Küste in Nordwestitalien fielen. In Brugnato, einer kleinen Ortschaft in der Provinz La
Spezia, kamen innerhalb von rund zwölf Stunden etwa 500 mm, im Gesamten in 30 Stunden 542 (!) mm Regen zusammen. Der
Hauptniederschlag ging dabei zwischen Mittag und frühem Abend nieder und war während dieser Zeit stets von Gewittern durchsetzt.
Niederschlagsmengen dieser Größenordnung kommen normalerweise nur in tropischen Regionen vor, wurden bei ähnlichen Wetterlagen
aber auch schon früher in dortigen Regionen gemessen. Sucht man nach großräumigen Hebungsantrieben, findet sich am 25.
zwischen 0 und 18 UTC ein Gebiet mit kräftiger Warmluftadvektion insbesondere in der unteren Troposphäre über dem Golf von
Genua. Die herangeführte Luft legte aufgrund einer Anströmung aus Süd bis Südwest einen langen Weg über das rund +20 °C
warme Mittelmeerwasser zurück und konnte sich mit reichlich Feuchtigkeit anreichern. Dies erklärt auch den konvektiven
Charakter der Niederschläge. Die Quasistationarität der Lage über etwa einen Tag hinweg sowie nicht zuletzt orografische
Unterstützung durch die nördlichen Ausläufer des Apennin schufen weitere Voraussetzungen für ein solch extremes
Niederschlagsereignis.
Blitzkarten vom 25.10.2011; eingerahmt die Region Brugnato | Quelle: DWD |
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25.10.2011, 11-12 MESZ |
25.10.2011, 13-14 MESZ |
25.10.2011, 15-16 MESZ |
25.10.2011, 17-18 MESZ |
850-hPa-Geopotential und -Temperaturadvektion vom 25.10.2011 | Quelle: wetter3.de |
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25.10.2011, 00 UTC |
25.10.2011, 06 UTC |
25.10.2011, 12 UTC |
25.10.2011, 18 UTC |
Mit Voranschreiten des Frontenzuges nach Osten regnete es am 26. und 27. abschließend in Slowenien und an der kroatischen
Adriaküste kräftig. Auch dort waren die Niederschläge konvektiver Natur, anders sind die teilweise recht großen Unterschiede
in den Niederschlagsmengen auf engem Raum nicht zu erklären (z. B. Split/Resnik Flgh. 126 mm, Split/Marjan 39 mm jeweils in
24 Stunden bis zum 27., 6 UTC). In Mali Lošinj summierten sich 113 mm, im Westen Sloweniens kamen verbreitet zwischen
50 und 80 mm zusammen.
Videostandbilder | Quelle: YouTube |
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Überflutungen und Schäden in und um Brugnato in der italienischen
Provinz La Spezia in Ligurien. |
In Dublin setzte der Regen Straßen, Häuser und Irlands größtes Einkaufszentrum unter Wasser. Der öffentliche Nahverkehr war
stark behindert, Rettungskräfte mussten Bewohner besonders schwer betroffener Häuser in Sicherheit bringen. Zwei Menschen
fanden den Tod.
Im südportugiesischen Faro stürzte das Terminaldach des internationalen Flughafens ein, fünf Menschen wurden verletzt. Neben
kräftigem Regen blies dort der Wind in Sturmstärke (86 km/h in Böen).
Katastrophale Auswirkungen hatten die Regenfälle im Nordwesten Italiens. Mindestens neun Menschen kamen ums Leben, mehrere
Personen galten zunächst noch als vermisst. Alleine in Borghetto Vara in der Provinz La Spezia starben drei Menschen beim
Einsturz eines Hauses. Über die Ufer tretende Bäche und Flüsse entwickelten sich in dem gebirgigen Gelände zu reißenden
Strömen und zerstörten Häuser, Brücken und Straßen. Schutt, Schlamm und Wasser überschwemmten ganze Ortschaften, der
Gesamtschaden ging in die Millionen. Die Regierung rief für die betroffenen Regionen den Notstand aus.
Satellitenbilder (Meteosat-9 VIS/IR) | Quelle: F. Valk |
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24.10.2011, 12:00 UTC |
25.10.2011, 12:00 UTC |
26.10.2011, 12:00 UTC |
27.10.2011, 12:00 UTC |
Text: CE
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