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Freitag, 3. Juni 2011, 20:15 MESZ
Starkniederschlag, Gewitter Mitteleuropa 31.05./01.06.2011 Satellitenbild: 31.05.2011, 12:29 UTC, NOAA-19 VIS/IR Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
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Zum Abschluss des meteorologischen Frühjahres vollzog sich mit Passage einer Kaltfront Ende Mai 2011 in Mitteleuropa ein markanter Luftmassenwechsel. Dabei traten vor allem im Süden und Osten Deutschlands zunächst kräftige Gewitter und später länger anhaltende Regenfälle auf. Im Norden Bayerns fielen innerhalb von zwei Tagen örtlich mehr als 70 mm Niederschlag.
Wetterlage und Entwicklung Das spätere Hauptmerkmal dieser Wetterlage ließ sich bereits am 28.05.2011, also drei bzw. vier Tage vor dem eigentlichen Ereignis, auf den Höhenwetterkarten identifizieren. Es handelte sich um einen kurzwelligen Höhentrog, der innerhalb der zu dieser Zeit recht gut definierten nordatlantischen Frontalzone von Neufundland ausgehend nach Südosten ablief und dabei allmählich seine Amplitude vergrößerte. Am 30.05. war dieser westlich der Britischen Inseln angekommen und verleibte sich ein gealtertes Höhentief vor der Iberischen Halbinsel ein. Auf der Vorderseite von Höhentrog und ehemaligem -tief gerieten West- und Mitteleuropa in eine südwestliche Strömung, mit der ein Schub subtropischer Warmluft herangeführt wurde. So konnten im 850-hPa-Niveau, etwa 1.500 Meter Höhe entsprechend, um 18 UTC über dem Südwesten Deutschlands kurzzeitig Temperaturen von mehr als +18 °C analysiert werden.
Die vorangegangene Trockenperiode mit einem äußert geringen Wasserdargebot trug ihren Teil dazu bei, dass das Potential der Warmluft optimal umgesetzt werden konnte und nur ein geringer Teil der Energie für Verdunstungsprozesse benötigt wurde. So stiegen die Temperaturen an diesem Tag zum ersten Mal im Frühjahr im Westen Deutschlands überregional auf Höchstwerte von +30 °C und mehr. Bendorf verzeichnete mit +33,7 °C gar einen neuen Rekord für den Monat Mai.
Am 31.05. verlagerte sich die Hitze in den Osten Deutschlands, dann wurden beispielsweise rund um Berlin Maxima von örtlich +34 °C registriert. Im Westen machte sich dagegen die Kaltfront von Tief "Yves" samt vorlaufender Konvergenzlinie mit ersten kompakteren Wolkenfeldern und Schauern bereits in der Nacht bemerkbar. "Yves" hatte sich auf der Vorderseite des Höhentroges an der Bodenfrontalzone formiert und zog mit seinem Kern über die Britischen Inseln und die Nordsee nordostwärts. Während also in den Westen des Landes bereits im Laufe des Vormittags kühlere Luft einsickerte und sich die Frontpassage dort recht unspektakulär mit einigen Schauern gestaltete, entwickelten sich entlang der Konvergenzlinie am Nachmittag im Osten kräftige Gewitter. Waren in Mecklenburg-Vorpommern verzeichnete zwischen 17 und 18 Uhr MESZ eine Niederschlagsmenge von 27 mm. Aus den Alpen heraus zog später ein mit Gewittern durchsetztes Regengebiet nach Bayern; dabei fielen in Nandlstadt im Landkreis Freising zwischen 18 und 19 Uhr MESZ 32 mm, vier Stunden später in Schmidmühlen (Landkreis Amberg-Sulzbach) sogar 35 mm binnen einer Stunde. Auch die größten Gesamtmengen von 30 bis 50 mm an diesem Tag entfielen auf den nordbayerischen Raum, speziell auf die Regierungsbezirke Oberpfalz, Mittel- und Oberfranken. Alleine in der Oberpfalz zählte die Polizei 40 unwetterbedingte Einsätze, mehrheitlich in Form von vollgelaufenen Kellern, ausgehobenen Gullydeckeln und überschwemmten und verschmutzten Straßen. Zudem richteten mehrere Blitzeinschläge Schäden an.
Postfrontal stellte sich bodennah eine kräftige nördliche Strömung ein, derweil sich der Höhentrog mit seiner Achse der Westgrenze Deutschlands annäherte. Dieser war über Frankreich einem Abtropfprozess unterworfen, das daraus hervorgehende Höhentief zog am 01.06. zum Löwengolf. Somit resultierte eine markante vertikale Windscherung mit nördlichen Bodenwinden und einer überlagerten Südströmung auf der Vorderseite von Höhentrog und -tief. Sie schuf ideale Voraussetzungen für das Aufgleiten feuchtwarmer Luft auf die niedertroposphärisch einfließende Kaltluft und damit für großräumige Hebungsvorgänge. So griff noch am Abend des 31.05. ein ausgedehntes Regengebiet auf den Südwesten Deutschlands über. Am 01.06. tagsüber konzentrierten sich die zumeist leichten bis mäßigen Regenfälle auf Baden-Württemberg und Bayern, wobei verbreitet zwölfstündige Niederschlagsmengen zwischen 5 und 15 mm zusammenkamen.
Im Dauerregen wurden zum meteorologischen Sommerbeginn vielerorts nur Temperaturen zwischen +10 und +15 °C erreicht, und das ausgerechnet nach dem deutschlandweit sonnigsten und zweitwärmsten Frühjahr seit Beginn der Messungen. In manchen Regionen bedeutete dies einen Temperaturrückgang von teilweise mehr als 15 K innerhalb eines Tages. In den Schweizer Alpen gingen die Niederschläge örtlich bis etwa 1.000 Meter herab in Schnee über. In Adelboden im Berner Oberland wurden auf 1.320 Meter Höhe am Morgen des 01.06. 11 cm Neuschnee gemessen, ein nach Informationen von MeteoSchweiz sehr seltenes Ereignis. Noch höher gelegene Regionen präsentierten sich für einige Stunden dick verschneit. Wetterwerte Nachstehend die größten gemessenen 24-stündigen Regenmengen in Deutschland an Stationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 31.05., 6 UTC bis zum 01.06.2011, 6 UTC (links) sowie ausgewählte Höchsttemperaturen vom 30.05. bis zum 01.06.2011 (rechts). Die jeweils höchste Temperatur in diesem Zeitraum an der jeweiligen Station ist rot, das niedrigste Maximum blau dargestellt. Quelle: DWD
Text: CE
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