Nachdem bereits Ende Januar ein Schneesturm das öffentliche Leben
entlang der US-Ostküste weitgehend zum Stillstand gebracht hatte, war Anfang Februar nahezu ein Drittel der gesamten USA von einem weitaus stärkeren Sturm betroffen. Der drittgrößte Schneesturm seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sorgte für Neuschneemengen von 70 cm und Temperaturen unter -30 Grad.
Wetterlage und Entwicklung
Ein weiteres Mal bestimmte Anfang Februar ein ausgedehnter Höhentrog die großräumige
Wetterlage in den USA. Dieser erstreckte sich von der Hudson-Bucht im Norden
Kanadas bis über den Golf von Mexiko. Vorderseitig dieses Troges konnte sich am 01.02.
über Texas ein Tiefdruckgebiet entwickeln, aber nur schwach verstärken. Mit einem
minimalen Luftdruck im Zentrum des Tiefdruckgebietes von 998 hPa befand sich das System am 01.02., 12 UTC über dem Osten Texas'. Für die weitere Entwicklung der Wetterlage
und die folgende Kältewelle ist erwähnenswert, dass sich zeitgleich über dem Nordwesten der USA ein außergewöhnlich kräftiges Bodenhoch mit einem Luftdruck
von 1054 hPa befand. Dieses hatte zur Folge, dass sich zwischem dem intensivierenden Tiefdruckgebiet im Süden
und dem Hochdruckgebiet im Nordwesten auf Grund des starken Druckgradienten eine kräftige
nordöstliche Strömung etablieren konnte, welche kalte Luftmassen südwärts
transportierte. Am 01.02., 18 UTC erreichte das Bodentief den Mississippi mit einem
Luftdruck um 998 hPa. Die Luftdruckdifferenz zwischen Hochdruckgebiet über Montana und Tief betrug
zu diesem Zeitpunkt 57 hPa. Weitere sechs Stunden später hatte sich das Tiefdruckgebiet
um 2 hPa leicht intensiviert und sich nordwärts in Richtung der großen Seen verlagert.
Entlang der Ostflanke des Bodentiefs wurden warme und feuchte Luftmassen nordwärts transportiert, die dort auf kalte und trockene Luftmassen trafen. In Folge der starken Warmluftadvektion kam es entlang der Luftmassengrenze zu starken und großräumigen
Hebungsvorgängen mit entsprechender Niederschlagsbildung. Zwischen dem inzwischen nach Süden verlagertem Hochdruckgebiet über South Dakota und dem Tief herrschte zu diesem
Zeitpunkt ein Druckgradient von 50 hPa auf einer Entfernung von 1500 km. In Folge dessen
entwickelte sich besonders auf der Westseite des Tiefdruckgebietes ein Sturmfeld, so dass es
verbreitet zu starken Schneeverwehungen von bis zu drei Meter Höhe kam. Höchste Windgeschwindigkeiten wurden
am 02.02. in Wisconsin, Iowa und Illinois gemessen. In Dubuque (Iowa) erreichten
die Spitzenböen an diesem Tag 102 km/h. Deutlich höhere Windgeschwindigkeiten
wurden in Milwaukee und Racine registriert. In Böen wurden dort 172 km/h bzw. 156 km/h
gemessen. Schnell verlagerte sich das Sturmtief nordostwärts und erreichte bereits am 03.02., 00 UTC den Westatlantik, so dass sich aus Richtung Westen allmählich Hochdruckeinfluss
durchsetzen konnte.
Bodendruckanalysen mit Fronten vom 01. bis 03.02.2011 | Quelle: NOAA |
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01.02.2011, 12 UTC |
02.02.2011, 00 UTC |
02.02.2011, 12 UTC |
03.02.2011, 00 UTC |
Satellitenbilder vom 01. bis 03.02.2011 | Quelle: NASA |
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01.02.2011, 12:15 UTC |
02.02.2011, 00:15 UTC |
02.02.2011, 12:15 UTC |
03.02.2011, 00:15 UTC |
Im Süden der USA fielen bereits am 01.02. Regenmengen um
35 mm. Nördlich des Ohio und Missouri fiel dagegen verbreitet Schnee. Bis zu 20 cm
Neuschnee innerhalb von 24 Stunden wurden örtlich registriert. Seinen
Höhepunkt erreichte der Schneesturm in den folgenden zwei Tagen. Während
im Süden der Vereinigten Staaten ein weiteres Mal Regenmengen von mehr als 35 mm
fielen, schneite es in den nördlichen Landesteilen kräftig. Innerhalb von 24 Stunden schneite es bis zu 70 cm, 20 cm davon innerhalb von nur vier Stunden. Genaue Werte sind der unten stehenden Tabelle zu entnehmen. Am 03.02. konzentrierten sich die Schneefälle auf den Nordosten
der USA. Örtlich fiel innerhalb von nur drei Stunden bis zu 27 cm Neuschnee.
Auf der Westseite des Sturmtiefs gelangte kalte trockene Luft arktischen Ursprungs in Richtung
Süden. Selbst im Süden der USA wurden Temperaturen unter -20 Grad registriert. Am 02.02. sank die Temperatur in Amarillo (Texas) auf -20,6 Grad. In Las Vegas wurden sogar -22 Grad
gemessen. Derart niedrige Temperaturen weichen um bis zu -16 Grad vom klimatologischen Mittel ab.
Auch in Mexiko, besonders im Bergland, wurden Temperaturen deutlich unter dem
Gefrierpunkt gemessen. In Ciudad Juarez sank die Temperatur am 03.02. auf -13 Grad. Auch in den USA sanken die Temperaturen im Vergleich zum Vortag nochmals deutlich. In Chicago wurden z.B. -17,8 Grad gemessen.
In Folge des Schneesturms kamen mindestens zwölf Menschen ums Leben.
Allein in Chicago starben am 02.02. sieben Menschen. Besonders schwer betroffen
war ein weiteres Mal der Flugverkehr. Landesweit mussten knapp 10.000 Flüge gestrichen werden. Auf den Flughäfen in Kansas City, Chicago, Tulsa und Dallas musste zeitweise
der Betrieb eingestellt werden. Auch die New Yorker Flughäfen waren zum wiederholten
Male stark betroffen. Von den Flughäfen John F. Kennedy und La Guardia wurden
1100 Ausfälle gemeldet. In Folge des Schneesturms wurde in den
Bundesstaaten Illinois, Indiana, Missouri und Oklahoma der Notstand ausgerufen und
die Nationalgarde mobilisiert um bei der Beseitigung der Schneemassen zu helfen. Bis zu
100 Millionen Menschen waren von den Auswirkungen des Schneesturms betroffen, was in etwa einem
Drittel der Bevölkerung der USA entspricht.
Wetterwerte
Nachstehend eine Auswahl gemessener Neuschneemengen in den USA vom 31.01., 12 UTC bis 02.02., 05 UTC. (*bis zum Ende des Ereignisses) Quelle: NOAA
Maine |
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Indiana |
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Missouri* |
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HANCOCK CRANBERRY ISLES DEER ISLE 3 N SOUTH BRISTOL 3 SSW BATH CHERRYFIELD 4 W |
35,6 cm 34,3 cm 33,0 cm 30,5 cm 28,0 cm 27,9 cm |
CROWN POINT 1.1 N HIGHLAND 1.1 S HAMMOND 3.0 SW SCHERERVILLE 2.0 WSW PORTAGE 0.9 ESE PORTER 0.6 S |
47,0 cm 44,5 cm 41,2 cm 40,4 cm 39,9 cm 39,1 cm |
GREEN RIDGE 3.3 SW URBANA 2.7 NNE JERICO SPRINGS LIBERAL 0.7 SSE NEW BLOOMFIELD JEFFERSON CITY |
55,9 cm 55,9 cm 50,8 cm 48,3 cm 48,3 cm 46,5 cm |
Vermont |
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Illinois* |
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Oklahoma* |
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WOODFORD WATERBURY CENTE 2 SE JOHNSON LANDGROVE SWANTON COLCHESTER POINT 2 E |
55,9 cm 41,9 cm 35,6 cm 34,3 cm 30,5 cm 30,0 cm |
ANTIOCH 2.1 ESE GLEN ELLYN 2.3 N ST. CHARLES 6.0 NW BEACH PARK 1.4 W GENEVA 0.9 N MARSEILLES 5.6 WNW |
68,6 cm 61,7 cm 57,7 cm 55,1 cm 54,6 cm 54,6 cm |
MIAMI OWASSO 1 W ADA 0.3 NNW AFTON PAHASKA 2 S TULSA 5.4 SSE |
50,8 cm 48,3 cm 47,0 cm 45,7 cm 43,2 cm 38,1 cm |
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Interpolierte 24-stündige Neuschneemengen in den USA 31.01.-03.02., jeweils 06-06 UTC | Quelle: NOAA/NOHRSC |
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Schneehöhe in den USA 31.01.-03.02. | Quelle: NOAA/NOHRSC |
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Niederschlagsradarbilder 01.-02.02. | Quelle: UCAR |
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01.02.2011, 11:59 UTC |
01.02.2011, 17:58 UTC |
01.02.2011, 23:59 UTC |
02.02.2011, 06:00 UTC |
Tiefst- und Höchsttemperaturen, Abweichung der Tiefst- und Höchsttemperaturen
vom langjährigen Mittel vom 01.-02.02., sowie Mitteltemperatur und Abweichung der
Mitteltemperatur vom langjährigen Mittel am 02.02. | Quelle: CPC |
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Text: JQ
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In Zusammenarbeit mit:
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