Verbreitet frostig verliefen die Nächte Anfang der letzten Aprildekade 2010 in Nordwest- und Mitteleuropa.
Tiefsttemperaturen um -5 °C stießen örtlich in die Nähe der bisherigen Rekordmarken für Ende April vor.
Wetterlage und Entwicklung
Kein außergewöhnliches, aber ein doch beachtenswertes Ereignis stellen großflächig auftretende Nachtfröste zur Frühlingsmitte
in Mitteleuropa dar. Dafür benötigt werden eine kalte polare Luftmasse, klarer Himmel und windschwache Verhältnisse.
Ein erster Schwung polarer Kaltluft strömte zum 19. April 2010 hinter der lang gezogenen Kaltfront von Tiefdruckgebiet
"Philomena", das sich mit seinem Zentrum von der nördlichen Ostsee Richtung Weißes Meer verlagerte, in die
nördlichen Teile der Britischen Inseln sowie in den Norden Deutschlands. Entsprechend wurde zum Beispiel am nordschottischen
Loch Glascanoch eine Tiefsttemperatur von -4,8 °C gemessen. Die Kaltluft gelangte sowohl dort, später auch in
Mitteleuropa unter den Einfluss eines Hochs ("Norbert"), das sich mit seinem Schwerpunkt in der Nacht zum 20. über
dem Norden Deutschlands positionierte. In dieser vor allem im Nordosten der Bundesrepublik sternenklaren Nacht sanken die
Temperaturen verbreitet auf Tiefstwerte um -2 °C, in Genthin (Sachsen-Anhalt) wurden -4,0 °C gemessen.
Bodendruckanalysen vom 18. bis 20.04.2010, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
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18.04.2010, 00 UTC |
19.04.2010, 00 UTC |
20.04.2010, 00 UTC |
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 18. bis 20.04.2010, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
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18.04.2010, 00 UTC |
19.04.2010, 00 UTC |
20.04.2010, 00 UTC |
Derweil machte sich innerhalb der nordwestlichen Höhenströmung Tief "Queenie" auf den Weg über die Nordsee zum
Skagerrak. Sein Frontensystem überquerte am 20. die Nordhälfte Deutschlands, die Kaltfront erreichte in darauffolgenden Nacht
die Gebiete zwischen Main und Donau. Dahinter wurde ein neuer Schwall hochreichend kalter Luft polaren Ursprungs
herangeführt, in der sich im Norden zahllose Regen- und Graupel-, örtlich sogar Schneeregenschauer entwickelten. Aufgrund
starker Bewölkung und Wind blieb die Nacht dort frostfrei; anders in der Mitte Deutschlands, wo die frische Polarluft bei
klarem Himmel stark auskühlen konnte. So trat am Morgen des 21. vor allem in einem breiten Streifen vom nördlichen
Rheinland-Pfalz über Hessen bis nach Thüringen leichter Frost auf (z. B. Idar-Oberstein -1,4 °C), im Süden verhinderten
die Wolken der Kaltfront tiefere Temperaturen.
Bodendruckanalysen vom 21. bis 23.04.2010, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
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21.04.2010, 00 UTC |
22.04.2010, 00 UTC |
23.04.2010, 00 UTC |
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 21. bis 23.04.2010, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
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21.04.2010, 00 UTC |
22.04.2010, 00 UTC |
23.04.2010, 00 UTC |
Die Nacht zum 22. sollte die kälteste des Zeitraumes werden. Abgesehen vom Norden, wo sich auf der Rückseite von
"Queenie" noch immer dichtere Wolkenfelder hielten, klarte der Himmel über Deutschland unter dem Einfluss von
Hoch "Ottokar", das sich von den Britischen Inseln nach Südosten vorschob, nahezu überall auf. Die tiefsten
Temperaturen wurden - wie schon 24 Stunden zuvor - mit Werten um -5 °C in einem Streifen südlich der Mittelgebirge
registriert (z. B. Fritzlar -4,3 °C). In höheren Lagen war es örtlich noch deutlich kälter, eine private Wetterfirma
konnte beispielsweise in Albstadt-Degerfeld auf der Schwäbischen Alb -9,4 °C messen. An der Wetterstation in Gießen
wurde mit -3,8 °C ein neuer Rekord für die letzte Aprildekade verzeichnet.
Frostige Tiefsttemperaturen wurden in dieser Nacht auch von den Britischen Inseln, aus dem Norden Frankreichs und Benelux
gemeldet. Bis auf -4,8 °C ging das Quecksilber etwa in Eskdalemuir im Süden Schottlands zurück, -3,6 °C konnten an
der Station Kleine-Brogel im Nordosten Belgiens abgelesen werden.
Die Nächte zum 23. und 24. verliefen vielerorts ebenfalls noch leicht frostig, nun speziell auch im Norden Deutschlands
(z. B. Faßberg/Niedersachsen -5,2 °C in der Nacht zum 23.) und in den Niederlanden. In der Folge setzte sich
deutlich wärmere Luft durch.
Wetterwerte
Nachstehend eine Auswahl gemessener Tiefsttemperaturen in Deutschland vom 20. bis 24.04.2010, jeweils bis 6 UTC. Quelle: DWD
Ort |
20. |
Genthin (SA) Leck (SH) Kyritz (BB) Gardelegen (SA) Harzgerode (SA)
Rheinstetten (BW) |
-4,0 °C -3,2 °C -3,1 °C
-3,1 °C -3,1 °C 2,6 °C |
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Ort |
21. |
Idar-Oberstein (RP) Köln/Bonn Flgh. (NRW) Gießen (HE) Büchel (RP)
Nörvenich (NRW) Rheinstetten (BW) |
-1,4 °C -0,8 °C -0,3 °C
-0,1 °C 0,2 °C 3,1 °C |
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Ort |
22. |
Bad Königshofen (BY) Gilserberg (HE) Ostheim vor der Rhön (BY)
Dillenburg (HE) Schlüchtern (HE) Rheinstetten (BW) |
-6,7 °C -6,0 °C -5,5 °C
-5,4 °C -5,2 °C 3,8 °C |
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Ort |
23. |
Faßberg (NDS) Bamberg (BY) Genthin (SA) Harzgerode (SA)
Baruth (BB) Rheinstetten (BW) |
-5,2 °C -4,6 °C -4,5 °C
-4,4 °C -4,1 °C 4,4 °C |
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Ort |
24. |
Baruth (BB) Holzdorf (BB) Harzgerode (SA) Genthin (SA)
Gardelegen (SA) Rheinstetten (BW) |
-3,0 °C -2,8 °C -2,6 °C
-2,4 °C -2,0 °C 1,6 °C |
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Weitere Tiefsttemperaturen vom 22. und 23.04.2010 als Grafik:
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Tmin, 22.04.2010. Quelle: IMK, KIT |
Tmin, 23.04.2010. Quelle: IMK, KIT |
Satellitenbilder
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20.04., 01:07 UTC, NOAA IR
Quelle: DLR |
21.04., 02:37 UTC, NOAA IR
Quelle: DLR |
22.04., 02:26 UTC, NOAA IR
Quelle: DLR |
23.04., 02:16 UTC, NOAA IR
Quelle: DLR |
Text: CE
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In Zusammenarbeit mit:
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