Mit "Martin" zog zu Beginn der zweiten Junidekade ein frühsommerliches Sturmtief über das nördliche
Mitteleuropa hinweg. Verbreitet traten Sturm-, im höheren Bergland auch orkanartige Böen auf; dazu fiel kräftiger
Regen. An einigen Stationen im Norden Deutschlands kam innerhalb von 48 Stunden gut die Hälfte des mittleren
Monatsniederschlages für Juni zusammen.
Wetterlage und Entwicklung
"Martin" ging bereits am Abend des 9. als Randtief aus einem langgestreckten nordatlantischen Tiefdruckkomplex
hervor. Auf seinem Weg über die westliche Biskaya und die Bretagne nach Nordfrankreich geriet es unter einen kurzwelligen
Anteil eines nordeuropäischen Langwellentroges und konnte sich somit verstärken. Der Druckfall im Zentrum des Tiefs betrug
dabei gerade einmal etwa 5 hPa innerhalb von 24 Stunden - am Mittag des 11. lag "Martin" mit einem Kerndruck von
unter 1005 hPa über dem äußersten Nordosten Deutschlands. Doch auf seiner Rückseite stieß rasch ein Keil des Azorenhochs
nordostwärts vor und trug maßgeblich zu einer Verschärfung der Luftdruckgegensätze bei. So verlagerte sich an der Südflanke
des Tiefs am 10. und 11. ein Starkwindfeld über die Mitte Frankreichs und die südliche Mitte Deutschlands hinweg
nordostwärts. Dabei wurden im 850-hPa-Niveau mittlere Windgeschwindigkeiten bis 55 kt (102 km/h) analysiert. Den Höhepunkt
seiner Entwicklung erreichte "Martin" am 12. über Südschweden und der südlichen Ostsee mit einem Kerndruck von
etwas unter 1000 hPa; das Gebiet mit dem stärksten Wind verschob sich auf die Südwest- und Westseite des Tiefs.
Bodendruckanalysen vom 10. bis 12.06.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
|
 |
 |
 |
10.06.2009, 00 UTC |
11.06.2009, 00 UTC |
12.06.2009, 00 UTC |
500-hPa-Geopotential und Bodendruck vom 10. bis 12.06.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
|
 |
 |
 |
10.06.2009, 00 UTC |
11.06.2009, 00 UTC |
12.06.2009, 00 UTC |
Am 10. fiel zunächst im Norden Frankreichs teilweise kräftiger Regen; bis zum Morgen des 11. gingen beispielsweise in
Creil, etwa 50 Kilometer nördlich von Paris gelegen, 25 mm binnen 24 Stunden nieder. Stärkere Böen traten in der Mitte des
Landes auf (z. B. Châteauroux 72 km/h). Im Laufe des Abends erfasste das Regengebiet dann auch Belgien und die
Niederlande. In Ell, einem kleinen Ort in der südniederländischen Provinz Limburg, summierten sich binnen zwölf Stunden
bis 2 Uhr nachts 26 mm.
Im Westen und Südwesten Deutschlands brachte die Warmfront von "Martin" am Abend des 10. häufig nur leichten,
die rasch nachfolgende Kaltfront in der Nacht zum 11. dann kräftigeren und teilweise schauerartig verstärkten Regen. Örtlich
waren auch Gewitter mit von der Partie. Zwischen 2 Uhr und 8 Uhr fielen zum Beispiel auf dem Kleinen Feldberg im Taunus
18 mm. Auf dem Feldberg im Schwarzwald lebte der Wind bereits in der ersten Nachthälfte deutlich auf und erreichte in Böen
Stärke 10. Erst mit Passage der umgebogenen Okklusion am Morgen jedoch wurden die stärksten Böen mit Geschwindigkeiten bis
130 km/h - und damit voller Orkan - gemessen; ein für ein Sturmtief Mitte Juni durchaus beachtlicher Wert. Im Laufe des
Vormittags konnten an zahlreichen Stationen im Süden Deutschlands Sturmböen verzeichnet werden (z. B. Öhringen 76 km/h). Am
Spätnachmittag und Abend meldeten dann vor allem Stationen in der Nordosthälfte Deutschlands Sturm- und schwere Sturmböen
(z. B. Rostock 104 km/h).
Die stärksten Niederschläge konzentrierten sich in Form von kräftigen Schauern auf die Mitte sowie auf den Norden
Deutschlands, wo im Bereich der rückwärtig um das Tiefzentrum gebogenen Okklusion lang anhaltend Regen fiel. Im Osten
Bayerns und in Sachsen entwickelten sich ab den Mittagsstunden verbreitet Gewitter. Entsprechend präsentierte sich die
12-stündige Verteilung der Niederschlagsmengen bis 14 Uhr am frühen Nachmittag: 40 mm prasselten in dieser Zeit in Cuxhaven
vom Himmel, bei den Schauern in der Mitte war Bad Marienberg im Westerwald mit 19 mm ganz vorne dabei und aus dem
Bayerischen Wald übermittelte Zwiesel 18 mm. Bis 20 Uhr am Abend kamen in Schleswig-Holstein stellenweise nochmals 20 mm
hinzu; die 48-stündigen Gesamtmengen bis zum Morgen des 12. reichten bis 52 mm in Schönhagen an der Grenze zu Dänemark. In
Bremerhaven (37 mm) und St. Peter-Ording (36 mm) wurde jeweils die Hälfte des Niederschlagssolls im Juni knapp erfüllt bzw.
erfüllt. Am 12. selbst gab es im Bereich der auf der Rückseite des Tiefs von Nordwesten her einströmenden, hochreichenden
Kaltluft vor allem zwischen Weser und Elbe noch verbreitet Schauer und einige Gewitter. An der Ostseeküste wehte der
Westwind in Böen mit Sturmstärke (z. B. Kap Arkona 86 km/h), sonst wurden besonders in der Nordosthälfte noch starke bis
steife Böen registriert. In der Südwesthälfte Deutschlands setzte sich Hochdruckeinfluss durch.
Von kräftigen Regenfällen und Windböen war neben Westeuropa und Deutschland auch das gesamte südliche Ostseeumfeld
betroffen. In Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen fielen zwischen dem 11., 20 Uhr und dem 12., 20 Uhr 51 mm - fast so viel wie
nach dem klimatologischen Mittel im gesamten Monat Juni zu erwarten ist (54 mm). Am Leuchtturm Hammerodde auf Bornholm
(Dänemark) wurden am 11. 96 km/h gemessen, in Kołobrzeg an der polnischen Ostseeküste 83 km/h.
Die eingeflossene Meereskaltluft erwärmte sich zwar am 12. langsam wieder, unter klarem Himmel und dank abflauendem Wind
kühlte es in der Nacht zum 13. in einem Streifen quer über der Mitte Deutschlands allerdings stark ab. Am Leipziger
Flughafen wurde eine Tiefsttemperatur von +4,4 °C gemessen - Rekord für die zweite Junidekade. Bad Lippspringe und
Göttingen verpassten mit jeweils +2,1 °C neue Bestmarken nur um ein bzw. zwei Zehntel Grad. Örtlich trat leichter
Bodenfrost auf (z. B. Warburg -1 °C).
Wetterwerte
Nachstehend die höchsten 48-stündigen Niederschlagsmengen in Deutschland bis zum 12.06., 06 UTC (soweit vorliegend); dazu
ausgewählte Spitzenböen vom 11. und 12.06. Quellen: DWD, WetterOnline
Ort |
Nds. |
Schönhagen (SH) Hohn (SH) Nordholz (NDS)
Cuxhaven (NDS) Aachen (NRW) |
52 mm 50 mm 50 mm
48 mm 44 mm |
|
Ort |
Böe, 11. |
Feldberg/Schw. (BW) Brocken (SA) Rostock (MV)
Berlin-Dahlem (B) Westermarkelsdorf (SH) |
130 km/h 115 km/h 104 km/h
94 km/h 90 km/h |
|
Ort |
Böe, 12. |
Rostock (MV) Kap Arkona (MV) Kiel Leuchtturm (SH)
Barth (MV) Potsdam (BB) |
101 km/h 94 km/h 86 km/h
86 km/h 83 km/h |
|
Wolken, Niederschlag und Wind
Nachfolgend eine Animation der Niederschlagsradarbilder vom 10.06., 20 MESZ bis zum 12.06., 08 MESZ in 15-min-Schritten sowie
kombinierte Darstellungen von IR-Satellitenbildern, Niederschlagsradarbildern und gemessenen mittleren Bodenwinden in Knoten
für Mitteleuropa vom 11.06., 00 UTC bis 18 UTC in jeweils 6-stündigem Abstand. Quellen: DWD, DWD JavaMAP
 |
Radaranimation vom 10.06., 20:00 MESZ bis 12.06., 08:00 MESZ in 15-min-Schritten /
Größe ca. 10 MB | Quelle der Bilder: DWD |
|
 |
 |
11.06., 00 UTC |
11.06., 06 UTC |
 |
 |
11.06., 12 UTC |
11.06., 18 UTC |
|
Satellitenbilder
 |
 |
 |
10.06., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk |
11.06., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk |
12.06., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk |
Text: CE
|
In Zusammenarbeit mit:
|
|
|