Starke Niederschläge gingen Ende April 2009 im Süden Frankreichs, in Oberitalien und speziell in den südlichen Schweizer
Alpen nieder. Im Tessin fielen binnen 72 Stunden deutlich mehr als 100 mm, örtlich sogar über 200 mm. In Lagen oberhalb von
etwa 2.000 Meter gab es bis zu 150 cm Neuschnee. Vor allem in der Region Piemont im Nordwesten Italiens kam es zu
Überschwemmungen und Erdrutschen; in Alessandria wurden rund 6.000 Menschen evakuiert.
Wetterlage und Entwicklung
Am 25. und 26. etablierte sich über Westeuropa ein umfangreicher und in seinem Südteil ausgeprägter Höhentrog. Über der
Iberischen Halbinsel war dabei ein Höhentiefzentrum auszumachen, das bis zum 28. über den Löwengolf hinweg nach Korsika
zog. Auf dessen Vorderseite ließen großräumige Hebungsvorgänge auch am Boden den Luftdruck sinken und ein Tiefdruckgebiet
("Ulysses") entstehen. Es verlagerte sich bis zum 30. langsam über das westliche Mittelmeer und Norditalien hinweg nach
Slowenien. An der Ostflanke von Boden- und Höhentief wurde Warmluft nordwärts transportiert, die sich über dem Mittelmeer
mit viel Feuchtigkeit anreichern konnte und gleichzeitig intensiven Hebungsprozessen unterworfen war. Am Alpensüdrand staute
sich die feuchte Luft, was zu kräftigen, länger anhaltenden und von einzelnen Gewittern durchsetzten Niederschlägen
führte.
Bodendruckanalysen vom 26. bis 29.04.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
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26.04.2009, 00 UTC |
27.04.2009, 00 UTC |
28.04.2009, 00 UTC |
29.04.2009, 00 UTC |
500-hPa-Geopotential und Bodendruck vom 26. bis 29.04.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
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26.04.2009, 00 UTC |
27.04.2009, 00 UTC |
28.04.2009, 00 UTC |
29.04.2009, 00 UTC |
Die gemessenen Niederschlagsmengen waren vor allem in der Südschweiz beachtlich. So fielen beispielsweise am Lago di Robiei
vom 26., 06 UTC bis 30., 06 UTC insgesamt 245 mm. Jeweils knapp 200 mm innerhalb von 72 Stunden konnten Locarno-Monti und
Locarno vermelden. Bei einer durchschnittlichen Niederschlagssumme im April von 164 mm (Bezugszeitraum 1961 bis 1990)
bedeutete dies für Locarno-Monti 120 Prozent des Monatssolls. Die eineinhalbfache Menge des langjährigen Aprilmittels
konnte mit 148 mm binnen drei Tagen in Ulrichen im Goms verzeichnet werden. Besonders intensiv waren die Niederschläge
am 27., als dort eine Tagessumme von 93 mm registriert wurde. In Visp (Oberwallis) summierten sich an diesem Tag 57 mm
innerhalb von zwölf Stunden. Die Schneefallgrenze sank zeitweilig bis auf rund 1.000 Meter Höhe ab, oberhalb 2.000 Meter
fielen bis zu 150 cm Neuschnee. Aber auch im nur rund 1.400 Meter hoch gelegenen Evolène im Wallis häufte sich am 27. von
der Frühe bis zum Abend fast ein halber Meter Neuschnee an.
Hohe - wenngleich nicht ganz so außergewöhnliche - Niederschlagssummen kamen auch in Südfrankreich und in Oberitalien
zustande. Auf Porquerolles, einer kleinen Insel vor der französischen Mittelmeerküste bei Toulon, fielen bis zum 27., 06
UTC 77 mm innerhalb von zwölf Stunden; am Cap Corse auf Korsika 62 mm binnen eines Tages bis zum Morgen des 28. In Italien
stach Genua mit 98 mm im Zeitraum 26., 06 UTC bis 27., 06 UTC hervor - das entspricht 115 Prozent im Vergleich zum
langjährigen Aprilmittel.
Aufnahmen einer Webcam in Arolla (Schweizer Kanton Wallis, 1.998 m) vom 27.04.2009
Quelle: http://www.hotel-kurhaus.arolla.com
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27.04.2009, 07 MESZ |
27.04.2009, 12 MESZ |
27.04.2009, 17 MESZ |
27.04.2009, 21 MESZ |
Die heftigen Niederschläge lösten örtliche Überschwemmungen und Erdrutsche aus. In Alessandria im Nordwesten Italiens
mussten rund 6.000 Menschen sicherheitshalber ihre Häuser verlassen. Bereits zuvor war der Fluss Tanaro bei Asti über die
Ufer getreten und hatte Häuser und Felder überschwemmt. An der Grenze zwischen Italien und Frankreich wurden zwei Menschen
verletzt, als infolge eines Erdrutsches Steine auf ihr Auto gefallen waren. Auch bei Pavia in der Lombardei und im Tessiner
Ferienort Morcote gab es Erdrutsche. Menschen kamen dort jedoch nicht zu Schaden.
Wetterwerte
Nachstehend eine Auswahl 48-stündiger Niederschlagsmengen in Frankreich vom 25.04., 06 UTC bis 27.04., 06 UTC (jeweils
24-stündig bis zum angegebenen Tag, 06 UTC); dazu eine Auswahl gemessener Niederschlagsmengen in der Schweiz vom 26.04., 06
UTC bis 30.04., 06 UTC (jeweils 24-stündig bis zum angegebenen Tag, 06 UTC) und ein Vergleich mit den Mittelwerten der Jahre
1961 bis 1990 für April (soweit Vergleichswerte vorliegend). Quellen: DWD (Messwerte), MeteoSchweiz (Mittelwerte)
Ort |
26. |
27. |
Summe |
Mont Aigoual (F) Millau (F) Le Luc (F)
Cannes (F) Toulon (F) |
34 mm 43 mm 3 mm 4 mm 5 mm |
52 mm 34 mm 36 mm 32 mm 30 mm |
86 mm 77 mm 39 mm 36 mm 35 mm |
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Ort |
27. |
28. |
29. |
30. |
Summe |
Mittel |
% |
Robiei (CH) Locarno-Monti (CH) Locarno (CH) Lugano (CH)
Ulrichen (CH) Piotta (CH) Hinterrhein (CH) San Bernardino (CH) Zermatt (CH) Grimselpass (CH) |
70 mm 48 mm 50 mm 47 mm 15 mm
21 mm 29 mm 23 mm 3 mm 3 mm |
74 mm 84 mm 54 mm 57 mm 93 mm
78 mm 55 mm 46 mm 61 mm 21 mm |
77 mm 65 mm 76 mm 53 mm 37 mm
45 mm 43 mm 28 mm 7 mm 38 mm |
24 mm <1 mm 1 mm - 3 mm
- <1 mm <1 mm 1 mm 7 mm |
245 mm 197 mm 181 mm 157 mm 148 mm
144 mm 127 mm 97 mm 72 mm 69 mm |
- 164 mm - 152 mm 98 mm
132 mm 132 mm 180 mm 50 mm 209 mm |
- 120% -
103% 151% 109% 96% 54% 144% 33% |
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Schneehöhen
Nachfolgend eine Übersicht über die Neuschneemengen in der Schweiz innerhalb von 72 Stunden bis zum
30.04.2009, morgens. Quelle: slf.ch
Satellitenbilder
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26.04., 12:27 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
27.04., 13:12 UTC, NOAA-10 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
28.04., 13:02 UTC, NOAA-10 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
Text: CE
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