Mit Schnee und Rekordtemperaturen schlug Anfang 2009 der Winter in Mitteleuropa zu. In Ostdeutschland fielen örtlich
knapp 40 cm Schnee, Tiefsttemperaturen unter -20 °C waren keine Seltenheit. An einigen Stationen wurden neue Rekorde
für die erste Januardekade, teilweise sogar für die gesamte Messreihe aufgestellt. Auch im Süden Frankreichs und in
Norditalien schneite es kräftig - selbst Marseille verschwand unter einer dicken Schneedecke.
Wetterlage und Entwicklung
Nachdem bereits Anfang des Monats in Deutschland vielfach Dauerfrost herrschte, kam am 4. und 5. der Schnee dazu. Diesen
hatte das kleine Tief "Akai" im Gepäck, das sich am 2. über dem Nordmeer formierte und bis zum 5. über Südskandinavien, die
Ostsee und Osteuropa nach Westrussland zog. Im Bereich des schmalen Warmsektors des Tiefs wurde nur kurzzeitig etwas mildere
Meeresluft in die nördliche Strömung mit einbezogen, dahinter setzte sich rasch wieder polare Kaltluft durch. Diese war
jedoch, im Gegensatz zur maritimen Polarluft zuvor, sibirischen und damit kontinentalen Ursprungs. An dem okkludierenden
Frontensystem des Tiefs bildete sich am 4. vor einem von Norden heranschwenkenden, markanten Höhentrog über Norddeutschland
ein kleines Randtief aus. Ein weiteres Randtief entstand am 5. über den Niederlanden. Beide Randtiefs sorgten für eine
Verlangsamung der Front auf ihrem Weg nach Süden. Rückseitig der Front stieg der Luftdruck in der eingeflossenen
Kaltluftmasse bald an und auch über dem Alpenraum konnte, zumindest bis zum 5., relativ gesehen hoher Luftdruck analysiert
werden. Somit lag die Front eingebettet in eine flache Tiefdruckrinne, die durch ein bodennah konfluentes Strömungsmuster
mit Südwest- bis Südwinden südlich und einer nordöstlichen Windrichtung nördlich von ihr gekennzeichnet war. Daraus
resultierte ein Teil des Hebungsantriebs; den anderen wesentlichen Teil trug der langsam südwärts vorankommende Höhentrog
bei. In der Nacht zum 6. überlief der Trog die Bodenfront, sodass ihre Wetterwirksamkeit immer mehr nachließ. Der Ostteil
des Troges schwenkte bis zum 7. über Osteuropa ostwärts; der Westteil schnürte sich zu einem eigenständigen Höhentief ab,
verlagerte sich über Frankreich südwestwärts und regte über dem westlichen Mittelmeerraum eine neue Tiefdruckentwicklung
an.
Mit der Front waren vor allem in der Mitte Deutschlands kräftige Schneefälle verbunden. In Essen lagen am Morgen des 5.
17 cm Schnee, in Leipzig sogar 24 cm. Bis zum Abend schneite es weiter, selbst am Flughafen Köln/Bonn konnten um 19 Uhr
8 cm Schnee gemessen werden. 12 cm waren es am Düsseldorfer Flughafen, soviel wie seit 10 Jahren nicht mehr. Im Osten stach
Chemnitz mit 38 cm hervor, in Dresden türmte sich die weiße Pracht 22 cm hoch. Richtung Süden wurden die Schneefälle
unergiebiger, für immerhin 6 cm reichte es aber auch im sonst so schneearmen Oberrheintal bei Karlsruhe. Fast leer aus
gingen hingegen die Gebiete südlich der Donau, dort verzeichnete bis zum Morgen des 6. nur das oberschwäbische Laupheim
mit insgesamt 5 cm Schneehöhe nennenswerten Neuschneezuwachs.
Unter sternenklarem Himmel, windschwachen Verhältnissen, dem frisch gefallenen Schnee sowie im Bereich der ohnehin kältesten
arktischen Luftmasse konnten die Temperaturen in den darauffolgenden Nächten zum 6. und zum 7. in einem Streifen quer über
der Mitte Deutschlands auf neue Rekordwerte absinken. Besonders betroffen war davon der Osten des Landes. Im Stationsnetz
des Deutschen Wetterdienstes wurde am Morgen des 6. in Garsebach bei Meißen in Sachsen mit -24,8 °C die tiefste
Temperatur gemessen. Am Flughafen Leipzig-Schkeuditz waren es am Morgen -21,6 °C und am Abend -21,8 °C - beide Werte
bedeuteten Rekord für die erste Januardekade. Die Tageshöchsttemperatur - Betonung auf "Höchst" - lag bei -16,4 °C, die
mittlere Tagestemperatur bei -18,9 °C. Eine solch tiefe Tagesmitteltemperatur konnte dort seit 22 Jahren nicht mehr
beobachtet werden; überhaupt wiesen seit 1977 nur zwei Tage im Januar 1987 niedrigere Tagesmittelwerte auf. In 5 cm Höhe
über der Schneeoberfläche wurden noch deutlich tiefere Temperaturen registriert (z.B. Dresden -32 °C).
In der Nacht zum 7. sank das Thermometer in Dippoldiswalde-Reinberg im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bis auf
-27,7 °C. Eine private Wetterfirma konnte in Oderwitz in der Oberlausitz sogar -29,1 °C messen. Neue Dekadenrekorde
wurden unter anderem in Wittenberg und Oschatz aufgestellt. Aber nicht nur im Osten, auch in Nordrhein-Westfalen wurde es
knackig kalt. Bad Lippspringe verbuchte mit -23,0 °C nicht nur einen neuen Dekaden-, sondern gleich einen neuen
absoluten Rekord für die gesamte Messreihe seit 1951. Der alte Rekord vom Februar 1956 wurde dabei um ein halbes Grad
unterboten. Ebenfalls ein neuer absoluter Rekord durfte im brandenburgischen Holzdorf bejubelt werden (-25,4 °C
gegenüber -24,6 °C am 2. Februar 1956). Ungewöhnlich kalt wurde es mit -23,0 °C auch in Gütersloh, mit -19,9 °C
in Düsseldorf und -19,2 °C in Köln. Während Düsseldorf den Rekord aus dem Jahre 1997 nur um wenige Zehntel Grad
verfehlte, konnten in Köln allerdings 1985 noch deutlich tiefere Temperaturen beobachtet werden.
Derweil führte das neu entstandene Tief über dem westlichen Mittelmeer im Süden Frankreichs und im Norden Italiens vom 6.
bis zum 8. zu heftigen Schneefällen bis in tiefe Lagen. Am Morgen des 7. meldete Mailand 26 cm. Piacenza und Brescia kamen
einen Tag später auf 37 und 11 cm, Turin hatte am Abend des 8. sogar 53 cm zu bieten. Selbst in Marseille, sonst nicht für
üppige Schneefälle berühmt, fielen 29 cm Neuschnee.
Schnee, Eis und Kälte verursachten nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern Europas größere Probleme vor
allem im öffentlichen Verkehr. Am 5. musste der Düsseldorfer Flughafen wegen der kräftigen Schneefälle vorübergehend
komplett gesperrt werden, da sich Landebahnen, Rollwege und Vorfeld nicht mehr vom Schnee befreien ließen. Die Deutsche Bahn
berichtete besonders aus Nordrhein-Westfalen von etlichen Verspätungen. Auf der Autobahn 2 Richtung Dortmund saßen über
Nacht Tausende Autofahrer fest. Der Verkehr staute sich auf über 35 Kilometer Länge. Im Main-Kinzig-Kreis kam ein Autofahrer
ums Leben; insgesamt gab es bundesweit mehrere hundert Unfälle, die aber meist glimpflich mit Blechschäden abliefen.
Im Zuge der Kälte machten vermehrt Eisschollen der Binnenschifffahrt zu schaffen. Eisbrecher hatten auf den Kanälen und auf
der Elbe teilweise Mühe, die Fahrrinne eisfrei zu halten.
Wegen der Kälte wurden hunderte Obdachlose in Notunterkünften untergebracht. Die Bahnhofsmissionen erlebten einen regen
Zulauf.
In Marseille wurde aufgrund der Schneefälle der Flughafen geschlossen und Schnellzugverbindungen gestrichen. Rund 30 Züge
mussten in Bahnhöfen angehalten werden, damit sie nicht im Schnee auf den Gleisen stecken blieben. Zudem wurde der
Busverkehr eingestellt. Auch in Norditalien legte der kräftige Schneefall den Betrieb auf einigen Flughäfen lahm,
beispielsweise auf den beiden Mailänder Flughäfen Malpensa und Linate sowie in Turin und Bergamo. Zahlreiche Schulen
blieben geschlossen.
Text: CE
Bodendruckanalysen vom 05. bis 08.01.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
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05.01.2009, 00 UTC |
06.01.2009, 00 UTC |
07.01.2009, 00 UTC |
08.01.2009, 00 UTC |
850 hPa-Geopotential und -Temperatur vom 05. bis 08.01.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
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05.01.2009, 00 UTC |
06.01.2009, 00 UTC |
07.01.2009, 00 UTC |
08.01.2009, 00 UTC |
Wetterwerte
Nachstehend eine Auswahl gemessener Schneehöhen in Deutschland am 05.01. sowie in Frankreich und Italien am 08.01.2009
(jeweils maximale Tageswerte). Des Weiteren die tiefsten Temperaturen im Messnetz des Deutschen Wetterdienstes am 06. und
07.01.2009 in Deutschland. Quelle: DWD
Ort |
05. |
Chemnitz Leipzig Dresden Gera Essen Potsdam Bad Salzuflen
Düsseldorf/Flgh. Köln/Bonn Flgh. Rheinstetten |
38 cm 24 cm 22 cm 19 cm 17 cm
15 cm 14 cm 12 cm 8 cm 6 cm |
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Ort |
08. |
Marseille (F) Nîmes (F) Montpellier (F) Turin (I)
Piacenza (I) Brescia (I) |
25 cm 4 cm 2 cm 53 cm 37 cm
11 cm |
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Ort |
06. |
Garsebach (SN) Dippoldiswalde-Reinberg (SN) Klitzschen (SN)
Lippstadt-Bökenförde (NRW) Doberlug-Kirchhain (BB) Rheinstetten (BW) |
-24,8 °C -24,7 °C -24,2 °C
-24,2 °C -24,2 °C -6,2 °C |
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Ort |
07. |
Dippoldiswalde-Reinberg (SN) Sohland/Spree (SN) Tegkwitz (TH)
Klitzschen (SN) Köthen (SA) Rheinstetten (BW) |
-27,7 °C -27,5 °C -26,8 °C
-26,6 °C -26,5 °C -10,7 °C |
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Temperaturabweichung
Nachfolgend eine Übersicht über die Mittelwerte der Temperatur vom 01. bis 08.01.2009 und deren Abweichung gegenüber dem
Mittel der Jahre 1961 bis 1990; Quelle: IMK Uni Karlsruhe
Satellitenbilder
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05.01.2009, 11:46 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
06.01.2009, 13:17 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
07.01.2009, 13:07 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
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08.01.2009, 12:56 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
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