Ergiebige Regenfälle haben Mitte Juli 2008 im Alpenraum stellenweise zu Überschwemmungen geführt. Der meiste Regen fiel
im Schweizer Kanton Tessin, in der Gegend um Lugano zum Teil über 150 mm in 48 Stunden. Es entstanden Schäden von
umgerechnet mehreren hunderttausend Euro.
Wetterlage und Entwicklung
Nach einer kurzen stabilen Wetterphase am 9. und 10.07.2008, die dem Alpenraum viel Sonnenschein brachte, verlagerte sich
der dafür verantwortliche Hochdruckrücken samt Bodenhoch am 11. nach Osten. Von Westen her näherte sich ein langwelliger
Höhentrog an mit einem darin eingebetteten Bodentief ("Viola") über der Nordsee. Die zugehörige Kaltfront zog im
Tagesverlauf über Deutschland hinweg südostwärts und erreichte in der Nacht zum 12. die Alpen, wo sie als quasistationäre
Luftmassengrenze bis zum 14. verweilte. Unterdessen befand sich der Höhentrog noch immer über Westeuropa, auf seiner
Vorderseite liefen kurzwellige Anteile nach Nordosten ab. Im Bereich eines solchen Kurzwellentroges formierte sich an der
Luftmassengrenze über den Pyrenäen Tief "Wolfhilde", das bis zum 13. über die Alpen nach Polen wanderte. Neben dynamischen
Prozessen führte zusätzlich Warmluftadvektion zu Hebungsvorgängen, die ausgedehnte Wolken- und Niederschlagsgebiete
entstehen ließen. So war die Pause nach dem Regen an der eigentlichen Kaltfront am Alpenrand auch nur von kurzer
Dauer. Schon am Nachmittag des 12. begann es von der Schweiz her in Verbindung mit einem Kurzwellentrog wieder zu
regnen. Diesem folgten am Abend und am frühen Morgen des 13. weitere Kurzwellentröge mit Regen nach; dem dritten
Kurzwellentrog in dieser Serie konnte am Boden Tief "Wolfhilde" zugeordnet werden. Bis 6 UTC fielen beispielsweise in
Oberreute im südwestlichsten Zipfel Bayerns 31 mm, in Waging am See im Landkreis Traunstein 30 mm Regen.
Deutlich mehr hatte es bis dahin in den südlichen Teilen der Schweiz geregnet, z.B. im Tessin. Die Station Locarno-Monti
meldete 80 mm in 24 Stunden - das sind immerhin 41 Prozent der durchschnittlichen Menge im Monat Juli - St. Moritz
(Kanton Graubünden) verzeichnete sogar 94 mm.
Während der Nordteil des umfangreichen Langwellentroges am 13. nordostwärts schwenkte, zeigte der Südteil
Abschnürungstendenzen und kam bis zum Abend des 14. nur langsam über Frankreich und den Alpenraum nach Osten
voran. Vorderseitig entwickelte sich über Oberitalien ein weiteres und noch kräftigeres Tief als "Wolfhilde", das allerdings
namenlos blieb. So regnete es vor allem im Süden der Schweiz kräftig weiter (z.B. Lugano 93 mm/24 h), am Alpennordrand
stellte sich durch bodennahe Nord- bis Nordostanströmung Stau ein. Im Oberallgäu gingen binnen 24 Stunden bis zum 14., 06
UTC verbreitet um 50 mm nieder. Erst mit Abzug von Höhentrog und Bodentief am Abend hörte der Regen langsam auf.
Doch nicht nur in der Schweiz und im Süden Deutschlands, auch in Teilen Österreichs und im östlichen bzw. südöstlichen
Mitteleuropa waren hohe Niederschlagssummen in diesen Tagen keine Seltenheit. In Slowenien entluden sich am Abend des 13.
heftige Gewitter, die z.B. in der Hauptstadt Ljubljana am Flughafen Brnik bis zum 14., 06 UTC 74 mm Regen innerhalb von 24
Stunden brachten. In Szentgotthárd im Westen Ungarns fielen im gleichen Zeitraum 50 mm, in Lučenec im Süden der
Slowakei 44 mm. In Feldkirch (Vorarlberg) summierten sich binnen 12 Stunden bis zum 14., 06 UTC 47 mm.
Durch die anhaltenden und ergiebigen Regenfälle traten besonders im Tessin Bäche und kleinere Flüsse über die Ufer. Die
Schäden beliefen sich umgerechnet auf mehrere hunderttausend Euro. Ein Teil der Gotthardlinie war infolge von Erdrutschen
blockiert, 14 Fernverkehrszüge mussten umgeleitet werden. In der Lombardei kamen zwei Menschen ums Leben, im Veltlin wurden
300 Menschen wegen Überschwemmungen und Erdrutschen evakuiert.
Weitaus weniger dramatisch stellte sich die Situation an der Alpennordseite dar. Zwar führten auch im Süden Bayerns einige
Donauzuflüsse leichtes Hochwasser, Berichte über größere Schäden lagen von dort aber nicht vor. Für Aufsehen sorgte der Tod
zweier Extremsportler bei einem Berglauf auf die Zugspitze, die sich leicht bekleidet auf den Weg zum Gipfel machten und bei
mit zunehmender Höhe in Schnee übergehenden Niederschlägen vor Unterkühlung und Erschöpfung zusammenbrachen.
Text: CE
Bodendruckanalysen vom 12. bis 15.07.2008, jeweils 00 UTC
Quellen: FU Berlin / DWD
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12.07.2008, 00 UTC |
13.07.2008, 00 UTC |
14.07.2008, 00 UTC |
15.07.2008, 00 UTC |
500 hPa-Geopotential und Bodendruck vom 12. bis 15.07.2008, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
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12.07.2008, 00 UTC |
13.07.2008, 00 UTC |
14.07.2008, 00 UTC |
15.07.2008, 00 UTC |
Wetterwerte
Nachstehend die höchsten gemessenen Regenmengen in der Schweiz vom 12.07., 06 UTC bis 14.07., 06 UTC sowie ein Vergleich mit
den langjährigen Mittelwerten für Juli (soweit vorliegend). Dazu die nassesten Orte (DWD-Stationen) in Baden-Württemberg und
Bayern vom 12./13.07. und vom 13./14.07. (jeweils 06 UTC bis 06 UTC). Quellen: DWD, klimadiagramme.de
Ort |
12./13. |
13./14. |
Summe |
Mittel |
% |
Lugano Locarno-Magadino San Bernadino St. Moritz
Locarno-Monti |
65 mm 75 mm 71 mm 94 mm
80 mm |
93 mm 66 mm 53 mm 28 mm
22 mm |
158 mm 141 mm 124 mm 122 mm
102 mm |
181 mm - 192 mm -
194 mm |
87% - 65% -
53% |
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Ort |
12./13. |
Oberreute (BY) Waging am See (BY) Sigmarszell-Zeisertsweiler (BY)
Laupheim (BW) Balderschwang (BY) |
31 mm 30 mm 30 mm 27 mm
26 mm |
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Ort |
13./14. |
Oberstdorf-Rohrmoos (BY) Oberstdorf (BY) Seeg (BY)
Ottobeuren (BY) Balderschwang (BY) |
58 mm 56 mm 48 mm 48 mm
48 mm |
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Radarbilder
Nachstehend Niederschlagsradarbilder vom Alpenraum und Süddeutschland vom 12.07., 12 UTC bis 14.07., 12 UTC in jeweils
6-stündigem Abstand. Quelle: DWD.
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12.07.2008, 12 UTC |
12.07.2008, 18 UTC |
13.07.2008, 00 UTC |
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13.07.2008, 06 UTC |
13.07.2008, 12 UTC |
13.07.2008, 18 UTC |
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14.07.2008, 00 UTC |
14.07.2008, 06 UTC |
14.07.2008, 12 UTC |
Niederschlag
Nachstehend interpoliere Niederschlagsmengen in Bayern vom 13.07., 16 Uhr MESZ bis 14.07., 16 Uhr MESZ. Ganz links als
Übersicht, rechts davon mit Zoom auf das Iller-Lech-Gebiet. Weiter rechts stündliche Niederschlagssummen an der
Station Oberstdorf-Rohrmoos und ganz rechts aufsummierter Niederschlag an der Station Fraxern (Vorarlberg/A), jeweils vom
11. bis 14.07. Quelle: HND Bayern.
Satellitenbilder
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12.07., 11:45 UTC, MSG IR
Quelle: EUMETSAT |
13.07., 11:45 UTC, MSG IR
Quelle: EUMETSAT |
14.07., 11:45 UTC, MSG IR
Quelle: EUMETSAT |
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15.07., 11:45 UTC, MSG IR
Quelle: EUMETSAT |
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In Zusammenarbeit mit:
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