Wetterlage und Entwicklung
Mit "Fridtjof" - einem Namen aus dem Altisländischen - wird unter meteorologischen Gesichtspunkten in Zukunft der
erste schwere Herbststurm des Jahres 2007 verbunden sein. Mit Windböen bis Orkanstärke richtete er vielerorts
Schäden an.
Die Entwicklung von Tief "Fridtjof" begann am 01.12. am Okklusionspunkt eines bereits gealterten Tiefdruckgebietes
mit Zentrum nordöstlich von Neufundland. Gekoppelt an einen kurzwelligen Höhentrog verlagerte es sich innerhalb der
zu dieser Zeit gut ausgebildeten Frontalzone binnen 24 Stunden über den Nordatlantik ostwärts. Am 2. um 06 UTC wurde
es mit einem Kerndruck von knapp unter 980 hPa etwas nördlich von Irland analysiert. Entscheidend für den Werdegang
von "Fridtjof" war nun ein weiterer Kurzwellentrog, der sich von Nordwesten her näherte und auf seiner Vorderseite
zusätzliche Hebungsantriebe lieferte. Um 12 UTC wies das Tief einen langgezogenen Kern auf, der von Nordirland bis
nach Ostengland reichte. Die stärkste Vertiefung fand dann wohl auch im östlichen Bereich statt, denn sechs Stunden
später befand sich "Fridtjof" schon unmittelbar vor der Deutschen Bucht. Während der Bewegung über den äußersten Norden
von Deutschland hinweg zur Ostsee sank in der Nacht zum 3. der Luftdruck im Zentrum auf unter 970 hPa - der
Entwicklungshöhepunkt war damit erreicht. Am 4. zog "Fridtjof" unter Abschwächung weiter nach Nordosten.
Das zu "Fridtjof" gehörende Frontensystem griff am Nachmittag des 2. auf Deutschland über. Der Okklusionsprozess
ging dabei recht schnell vonstatten. Bis zum Morgen des 3. hatte die Front das komplette Land überquert. An der
Südflanke des Tiefs formierte sich ein Starkwindfeld, das am Abend des 2. ganz Mitteleuropa erfasste. Im
850 hPa-Niveau, was etwa 1500 Meter Höhe entspricht, traten Windgeschwindigkeiten bis 70 kt (130 km/h) auf. Entsprechend
wurden schon am Vormittag des 2. auf den Bergen orkanartige Böen gemessen (z.B. Brocken (1142 Meter) und Feldberg/Schw.
(1493 Meter) jeweils 108 km/h), die sich in der stabil geschichteten Warmluft aber noch nicht bis in tiefe Lagen
durchsetzen konnten. Erst am Abend, mit weiterer Annäherung des kurzwelligen Höhentroges sowie der Kaltfront war die
Schichtung labil genug, um auch im Flachland schwere Sturm- und örtlich sogar orkanartige Böen (z.B. Karlsruhe 108 km/h,
Harburg 104 km/h) zuzulassen. Ungleich höhere Windgeschwindigkeiten meldeten die Stationen auf den Gipfeln der
Mittelgebirge. So betrugen die Spitzenböen auf dem Brocken 162 km/h und auf dem Feldberg/Schw. 151 km/h. Am 3. ließ der
Wind im Tagesverlauf allmählich nach. In der kräftigen Nordwestströmung rückseitig des Tiefs wurden aber vor allem im
Nordosten bis zum Abend weitere Sturmböen registriert.
Besonders die Westhälfte Deutschlands bekam neben viel Wind auch einiges an Regen ab. In Rheinland-Pfalz summierten sich
die Niederschläge 24-stündig bis zum Morgen des 3. verbreitet auf über 20 mm. Im Norden gingen im gleichen Zeitraum
großflächig über 10 mm nieder. Weniger Regen verzeichneten dagegen Brandenburg, Sachsen und Bayern.
Wenige Stunden bevor in Deutschland die stärksten Böen beobachtet wurden, sorgte "Fridtjof" bereits in Westeuropa für
schwere Sturm- und teilweise orkanartige Böen. Auf der Isle of Portland im Ärmelkanal wehte der Wind mit 115 km/h, auf
Guernsey vor der Bretagne sogar mit 131 km/h (Windstärke 12). Auch in Nordfrankreich, Belgien und der Niederlande kam es
verbreitet zu Sturmböen.
Besonders der Südwesten Deutschlands hatte mit den Auswirkungen von "Fridtjof" zu kämpfen. In Karlsruhe wurde ein Mann
schwer verletzt, als er beim Versuch seine Markise zu sichern vom Balkon abstürzte. In Böblingen musste der Weihnachtsmarkt
geschlossen werden. Mehrere Straßen, vor allem im Hochschwarzwald, waren durch umgestürzte Bäume zeitweise
unpassierbar. Unter anderem aus Trier liegen Berichte über Stromausfälle vor. Glück hatte eine Gruppe Kinder in Gotha, als
eine 18 Meter hohe Tanne auf eine Bühne fiel, auf der die Kinder kurz zuvor noch gesungen hatten.
Text: CE
Bodendruckanalysen vom 01. bis 03.12.2007, jeweils 00, 06, 12 und 18 UTC
Quellen: FU Berlin / DWD / wetter3.de
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01.12.2007, 00 UTC |
01.12.2007, 06 UTC |
01.12.2007, 12 UTC |
01.12.2007, 18 UTC |
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02.12.2007, 00 UTC |
02.12.2007, 06 UTC |
02.12.2007, 12 UTC |
02.12.2007, 18 UTC |
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03.12.2007, 00 UTC |
03.12.2007, 06 UTC |
03.12.2007, 12 UTC |
03.12.2007, 18 UTC |
500 hPa-Geopotential und Bodendruck vom 01. bis 04.12.2007, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
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01.12.2007, 00 UTC |
02.12.2007, 00 UTC |
03.12.2007, 00 UTC |
04.12.2007, 00 UTC |
Wetterwerte
Nachstehend die Stationen in Deutschland mit Böen von mehr als 100 km/h (soweit vorliegend)
sowie einige ausgewählte Spitzenböen aus Westeuropa, jeweils vom 02.12.2007 (Quellen: DWD, WetterOnline):
Ort |
02.12. |
Brocken
Zugspitze Feldberg/Schw. Großer Arber Fichtelberg
Schmücke Weinbiet/Pf. Wald Wasserkuppe Karlsruhe Freudenstadt
Harburg Trier/Petrisberg Kahler Asten |
162 km/h
151 km/h 151 km/h 122 km/h 119 km/h 119 km/h 119 km/h 112 km/h 108 km/h 108 km/h
104 km/h 101 km/h 101 km/h |
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Ort |
02.12. |
Guernsey (brit.)
Alderney (brit.) Solent MRSC (GB) Isle of Portland (GB) La Hague (F)
St. Etienne (F) Alencon (F) Oostende/Flgh. (B) Brüssel/Flgh. (B) Vlieland (NL)
Vlissingen (NL) Amsterdam-Schiphol/Flgh. (NL) |
131 km/h
126 km/h 119 km/h 115 km/h 115 km/h 104 km/h 100 km/h 102 km/h 83 km/h 101 km/h
94 km/h 76 km/h |
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Weitere Analysekarten
Nachstehend Kompositionen bestehend jeweils aus Infrarot-Satellitenbild, europäischem Radarkomposit, Bodendruck
(ECMWF-Analyse) und Fronten für verschiedene Termine am 02. und 03.12. (Quelle: MeteoSchweiz):
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02.12., 12 UTC |
03.12., 00 UTC |
03.12., 12 UTC |
Satellitenbilder
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01.12., 15:45 UTC, Meteosat VIS
Quelle: EUMETSAT |
02.12., 12:38 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton |
03.12., 15:44 UTC, NOAA-15 IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
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04.12., 05:35 UTC, NOAA-15 IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
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In Zusammenarbeit mit:
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