Wetterlage und Entwicklung
Eine für die Jahreszeit ungewöhnlich kräftige Tiefentwicklung vollzog sich in der letzten Junidekade 2007 über dem
Nordatlantik und über dem nördlichen Mitteleuropa. Das Tiefdruckgebiet "Uriah" brachte dem westlichen und zentralen Europa
zum Teil kräftige Regenfälle, schwere Sturmböen auch im Flachland und sehr kühle Luft.
"Uriah" tauchte zum ersten Mal am 23.06.2007 über dem mittleren Atlantik als Teiltief am Okklusionspunkt eines
Tiefdruckgebietes bei Neufundland in den Analysekarten auf. Es wurde am 24. in die Zirkulation eines zwischen Island und
Norwegen südwärts abtropfenden Höhentiefs einbezogen. Am Morgen des 25. befand es sich mit einem Kerndruck von unter
1000 hPa über dem Ärmelkanal. Die Warmfront überquerte bis zum frühen Nachmittag Deutschland von Südwest nach Nordost.
Zu diesem Zeitpunkt erreichte bereits die zugehörige Kaltfront den Westen des Landes mit Regenschauern, einzelnen Gewittern
und auflebendem Wind (z.B. Weinbiet/Pfälzer Wald (557 m) 86 km/h in Böen). Vor der Kaltfront konnte sich die eingeströmte
sehr warme Luftmasse bei Sonnenschein vor allem im Osten noch einmal aufheizen (z.B. Holzdorf +30 °C), bevor es dort im
Bereich einer Konvergenzzone zu teilweise heftigen Gewittern kam.
Währenddessen bildete sich am Okklusionspunkt von "Uriah" im Bereich der Deutschen Bucht ein weiteres Tiefzentrum aus,
das sich am 26. zum Haupttiefkern entwickeln sollte. Um diesen Tiefkern im Gegenuhrzeigersinn herumgeführte Warmluft ließ
ein Gebiet mit intensivem und schauerartig verstärktem Regen entstehen, das hauptsächlich Norddeutschland beeinflusste.
Im 24-stündigen Zeitraum bis zum 27., 06 UTC fielen dort bis 46 mm Niederschlag (Schwerin), vom 27., 06 UTC bis 28., 06 UTC
am Kap Arkona auf Rügen 44 mm.
Der ursprüngliche Tiefkern verlagerte sich als markant ausgeprägter Bodentrog am 26. über die Nordhälfte der Bundesrepublik
nach Osten. Der Druckgradient verschärfte sich und so entstand ein Starkwindfeld, das zunächst den Südwesten, später in
erster Linie den Norden beeinträchtigte. Auf dem Feldberg im Schwarzwald (1493 m) traten am Vormittag Böen bis 130 km/h auf.
Dagegen beschränkte sich der Wind im Flachland meist auf stürmische Böen, lediglich in Bayern konnten südlich der Donau auch
in tiefen Lagen Sturm- und schwere Sturmböen gemessen werden (z.B. München/Stadt 94 km/h). Am Nachmittag nahm der Wind auch
im Norden an Stärke zu, zunächst an der Nordseeküste (z.B. Alte Weser Leuchtturm 115 km/h). Am 27. war vor allem noch der
Nordosten von starken Windböen betroffen (z.B. Kap Arkona mit 122 km/h).
Das langgezogene Tiefzentrum von "Uriah" war inzwischen mit einem Kerndruck von unter 985 hPa über der Ostsee angekommen.
Auf der Rückseite wurde der Weg frei für erwärmte Kaltluft polaren Ursprungs aus Nordwest. Die Tageshöchsttemperaturen
schafften am 27. außer im Südwesten im ganzen Land nicht mehr den Sprung über die +20-Grad-Marke. Kühl mit kaum +15 °C
blieb es regenbedingt im äußersten Norden und Nordosten, richtig kalt auf den Bergen (z.B. Feldberg/Schwarzwald +4 °C,
Großer Arber/Bay. Wald (1446 m) +5 °C). Bei nur +1,4 °C meldete der 1142 Meter hohe Brocken im Harz um 9 Uhr MESZ
sogar Schneeschauer.
Am 28. zog "Uriah" endgültig nach Nordosten ab und ging in einem umfangreichen Tiefdrucksystem über Skandinavien auf.
Von Schäden wurde vor allem aus Norddeutschland berichtet. In Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein stürzten
vielerorts Bäume um, es wurden Äste abgerissen und Gegenstände durch die Luft gewirbelt. Auf Helgoland saßen mehr als 400
Ausflügler und Urlauber fest, da die Schiffsverbindung nach Hamburg eingestellt werden musste. In der Hansestadt Hamburg
rückte die Feuerwehr innerhalb von fünf Stunden zu mehr als 160 wetterbedingten Einsätzen aus. Zudem kam es zu einer
Sturmflut, wobei der höchste Wasserstand fast zwei Meter über dem mittleren Hochwasser lag. Verletzt wurde niemand.
Auch in anderen Ländern Europas richtete der Sturm zum Teil erhebliche Schäden an und forderte Todesopfer. Vor der irischen
Küste ertranken mindestens fünf Fischer. In Großbritannien wurde ein Autofahrer von einem Baum erschlagen. Außerdem kamen
in England drei Menschen bei Überschwemmungen nach ergiebigen Regenfällen ums Leben.
Während der Sommer in Deutschland seinem Namen in diesen Tagen keine Ehre machte, litten die Menschen in Teilen Südeuropas
unter einer außergewöhnlichen Hitzewelle. Innerhalb heißer Luft aus der Sahara betrugen die Temperaturen im 850 hPa-Niveau
großflächig deutlich mehr als +25 °C. Die Station Athen/Elefsis Airport registrierte am 24. einen Höchstwert von
+46,1 °C. Auch auf den Inseln in der Ägäis (z.B. Kreta) wurde es stellenweise deutlich über +40 °C heiß.
Text: CE
Bodendruckanalysen vom 24. bis 27.06.2007, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
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24.06.2007, 00 UTC |
25.06.2007, 00 UTC |
26.06.2007, 00 UTC |
27.06.2007, 00 UTC |
500 hPa-Geopotential und Bodendruck vom 24. bis 27.06.2007, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
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24.06.2007, 00 UTC |
25.06.2007, 00 UTC |
26.06.2007, 00 UTC |
27.06.2007, 00 UTC |
Wetterwerte
Nachstehend die jeweils 10 höchsten gemessenen Böen in Deutschland aus dem Messnetz des
Deutschen Wetterdienstes am 25., 26. und 27.06.2007 sowie die höchsten Niederschlagsmengen
an vorliegenden Stationen in Deutschland im Zeitraum vom 26.06.2007, 06 UTC bis 27.06.2007, 06 UTC
(Quellen: DWD, WetterOnline):
Ort |
Böe, 25.06. |
Wendelstein
Feldberg/Schw. Brocken Bückeburg Zugspitze
Großer Arber Weinbiet/Pf. Wald Görlitz Hohenpeißenberg Würzburg |
108 km/h
97 km/h 97 km/h 94 km/h 90 km/h 90 km/h 86 km/h
83 km/h 79 km/h 79 km/h |
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Ort |
Böe, 26.06. |
Brocken
Feldberg/Schw. Hohenpeißenberg Alte Weser LT Fichtelberg
Wendelstein Zugspitze Weinbiet/Pf. Wald Helgoland/Düne Nordholz |
137 km/h
130 km/h 119 km/h 115 km/h 108 km/h 108 km/h 104 km/h
101 km/h 101 km/h 98 km/h |
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Ort |
Böe, 27.06. |
Kap Arkona/Rügen
Brocken Westermarkelsdorf Greifswalder Oie Alte Weser LT
Rostock-Warnemünde Kiel LT List/Sylt Barth Helgoland/Düne |
122 km/h
122 km/h 115 km/h 112 km/h 112 km/h 108 km/h 108 km/h
104 km/h 104 km/h 101 km/h |
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Ort |
26./27. |
Schwerin
Quickborn Hamburg/Fuhlsbüttel Dörnick Schleswig
Bremervörde Hohn Itzehoe Lübeck/Blankenese Pelzerhaken |
46 mm
44 mm 43 mm 33 mm 32 mm 31 mm 30 mm 29 mm 29 mm 29 mm |
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Niederschlag
Radarbilder vom 25., 26. und 27.06.2007
Quellen: DWD / wetter.com
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25.06.2007, 12 UTC |
25.06.2007, 15 UTC |
25.06.2007, 18 UTC |
25.06.2007, 21 UTC |
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26.06.2007, 00 UTC |
26.06.2007, 03 UTC |
26.06.2007, 06 UTC |
26.06.2007, 09 UTC |
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26.06.2007, 12 UTC |
26.06.2007, 15 UTC |
26.06.2007, 18 UTC |
26.06.2007, 22 UTC |
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27.06.2007, 00 UTC |
27.06.2007, 03 UTC |
27.06.2007, 06 UTC |
27.06.2007, 09 UTC |
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27.06.2007, 12 UTC |
27.06.2007, 15 UTC |
27.06.2007, 18 UTC |
27.06.2007, 21 UTC |
Satellitenbilder
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24.06., 12:00 UTC, MSG-2 IR/VIS
Quelle: B. J. Burton |
25.06., 11:48 UTC, NOAA-18 IR/VIS
Quelle: B. J. Burton |
26.06., 11:38 UTC, NOAA-18 IR/VIS
Quelle: B. J. Burton |
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27.06., 09:00 UTC, MSG-2 IR/VIS
Quelle: B. J. Burton |
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In Zusammenarbeit mit:
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