Wetterlage und Entwicklung
Die bisherige Wintersaison 2006/07 zeichnet sich in Mitteleuropa durch häufig
länger anhaltende Südwest- und Westwetterlagen aus.
Die Strömungen verlaufen meist zonal
über den Atlantik und immer wieder entwickeln sich dabei
zum Teil kräftige Tiefdruckgebiete, die bei ihrer
Ostverlagerung auch West- und Zentraleuropa beeinflussen.
So auch am Silvesterwochenende. Am 29. lag ein Rücken über dem
westlichen Europa und reichte bis nach Skandinavien.
Unter seiner Vorderseite hatte sich über dem Alpenraum ein Bodenhoch gebildet.
Dagegen wurde über dem nördlichen Atlantik ein umfangreicher Höhentrog
mit einem darin eingebetteten Tiefdrucksystem südlich von Grönland analysiert.
24 Stunden später griff die Trogvorderseite auf den europäischen Kontinent über,
Rücken und Bodenhoch hatten sich etwas nach Südosten verlagert. Westlich der
Biskaya entstand mit Annäherung eines sowohl im 500- als auch im 300
hPa-Niveau erkennbaren Vorticity-Maximums an der Frontalzone eine Wellenstörung,
die im Bereich großer Windgeschwindigkeiten in der Höhe (bis 140 kt in 300 hPa,
etwa 260 km/h) nach Osten zog. Am Abend befand sich diese Störung bereits vor der Deutschen Bucht
und hatte sich zum Randtief mit einem Kerndruck von unter 995 hPa weiterentwickelt.
Es verlagerte sich rasch weiter nach Osten und erreichte am
Silvesternachmittag das Baltikum.
Nach kurzer Wetterberuhigung machte sich am Abend und in der
Silvesternacht bereits das nächste Tiefdruckgebiet mit wieder
auffrischendem Wind bemerkbar. „Lotte“ ging ebenfalls als Randtief
aus dem Tiefdrucksystem bei Grönland hervor, wählte allerdings eine
nördlichere Zugbahn als ihre Vorgängerin. Diese verlief über Schottland
und Südnorwegen zur Ostsee. Das Frontensystem des Tiefs überquerte
Deutschland in der Nacht zum 01.01. von Nordwest nach Südost.
Bereits am Abend des 29. streiften erste Tiefausläufer den äußersten Nordwesten Deutschlands.
Auf der Südostseite eines über Irland und Schottland nach Nordosten
schwenkenden Randtiefs verschärften sich die Luftdruckgegensätze auch
über der Nordhälfte des Landes. Der Brocken im Harz (1142 m) registrierte
um 20 Uhr MEZ eine erste Sturmböe. Im Laufe des 30. gelangten auch die Mitte
und der Süden des Bundesgebietes in den Bereich der sich intensivierenden
südwestlichen Strömung. Um 10 Uhr MEZ meldeten bereits zahlreiche Bergstationen
Sturmböen (z.B. Fichtelberg (1215 m) 86 km/h, Wasserkuppe (925 m) 83 km/h,
Kahler Asten (841 m) 79 km/h). Zeitgleich wurde die erste schwere Sturmböe
auf Helgoland/Düne mit 90 km/h gemessen. Mit Annäherung von „Karla“ nahm der
Wind am späten Abend und in der Nacht zum 31. weiter zu. Bis 1 Uhr MEZ traten
im Westen verbreitet schwere Sturmböen der Stärke 10, auf den Bergen teilweise
Orkanböen auf (z.B. Brocken 148 km/h, Feldberg/Schw. (1493 m) 137 km/h,
Wasserkuppe 126 km/h). Noch in der ersten Nachthälfte erreichte der Wind an der
Nordseeküste in Böen Orkanstärke (z.B. Helgoland/Düne 137 km/h, Alte Weser
Leuchtturm 126 km/h). Zum Morgen verlagerte sich das Sturmfeld nach Ostdeutschland.
Auch an der Ostsee kam es nun zu Orkanböen (z.B. Kap Arkona 137 km/h),
im Binnenland zum Teil zu schweren Sturmböen (z.B. Kyritz 94 km/h).
Eine private Wetterfirma konnte auf der Insel Hiddensee sogar eine 176 km/h-Böe messen.
Am späten Vormittag ließ der Wind allgemein nach.
Ab den Abendstunden frischte der Wind an der Südflanke von „Lotte“ erneut auf.
Innerhalb der ersten Stunden des neuen Jahres reichte es auf den Bergen einmal
mehr zu Böen in Orkanstärke (z.B. Wendelstein (1835 m) 155 km/h) Brocken 140 km/h,
Feldberg/Schw. und Weinbiet (Pfälzer Wald, 557 m) je 122 km/h). Mit Durchzug der
Kaltfront wurden auch im Flachland verbreitet wieder Sturm-, vereinzelt auch schwere
Sturmböen (z.B. Osnabrück 101 km/h) beobachtet.
Im Tagesverlauf, besonders am Nachmittag, bildeten sich zahlreiche
und teilweise kräftige Schauer, die sogar von Graupel und Blitz und Donner begleitet
waren. Bei diesen Schauern traten in der Mitte und im Süden Deutschlands
bis ins Flachland schwere Sturmböen auf, die Windgeschwindigkeiten
erreichten zumindest dort meist die höchsten Werte des gesamten Zeitraums:
zB Bendorf 97 km/h, Frankfurt/M. 94 km/h, Nürnberg und Karlsruhe je 90 km/h
Vor allem Orkantief „Karla“ verursachte hohe Sachschäden.
Vielerorts wurden Dächer abgedeckt und Bäume entwurzelt,
hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen sowie in Norddeutschland.
In Schleswig-Holstein mussten mehrere Bahnstrecken vorübergehend gesperrt werden,
in Teilen Mönchengladbachs fiel zeitweise der Strom aus. In Oldenburg wurde ein
Zirkuszelt beschädigt. Auf den Straßen ereigneten sich zahlreiche Unfälle.
Rettungsdienste sowie Feuerwehr und Polizei waren nahezu ununterbrochen im Einsatz,
allein in Schleswig-Holstein musste die Feuerwehr etwa 300 Mal ausrücken. Verletzt
wurde aber niemand.
Auch andere Länder im Westen und Norden Europas waren von den Stürmen betroffen.
In Großbritannien erreichten die Windgeschwindigkeiten am 30. in Verbindung mit „Karla“
verbreitet Stärke 10 (90 bis 100 km/h) und Spitzenwerte bis 141 km/h (Langdon Bay, Südostengland).
Ebenfalls schwere Sturmböen wurden am 31. aus den Beneluxstaaten gemeldet.
Die höchsten Windgeschwindigkeiten bei „Lotte“ verzeichneten Gebiete in Südnorwegen,
Dänemark und Schweden. Auf der norwegischen Ölplattform Ekofisk in der
Nordsee konnten 146 km/h gemessen werden.
Text: CE, BM
Bodendruckanalysen vom 30.12.2006 bis zum 2.1.2007 und 500 hPa-Geopotential,
jeweils 00 UTC:
Quelle: FU Berlin / DWD / Wetterzentrale
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30.12.2006, 00 UTC |
31.12.2006, 00 UTC |
1.1.2007, 00 UTC |
2.1.2007, 00 UTC |
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30.12.2006, 00 UTC |
31.12.2006, 00 UTC |
1.1.2007, 00 UTC |
2.1.2007, 00 UTC |
Windspitzen
Nachstehend eine Auswahl gemessener Spitzenböen am 31.12.2006
und 1.1.2007 an einigen deutschen Stationen:
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Ort |
Bö, 31.12. |
Brocken
Kiel Leuchtturm Helgoland Feldberg/Schw.
Kap Arkona Alte Weser Leuchtturm Westermarkelsdorf
Wendelstein Zugspitze Weinbiet Wasserkuppe Fichtelberg Greifswalder Oie
Feuerschiff Deutsche Bucht Putbus Jagel
Heide St. Peter-Ording Boltenhagen
Meierwik List/Sylt |
148 km/h
140 km/h 137 km/h 137 km/h 137 km/h 137 km/h 133 km/h
130 km/h 126 km/h 126 km/h 126 km/h 126 km/h 122 km/h 122 km/h
122 km/h 120 km/h 119 km/h
119 km/h 119 km/h 119 km/h 119 km/h |
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Ort |
Bö, 1.1. |
Wendelstein
Zugspitze Feldberg/Schw.
Brocken Fichtelberg Alte Weser Leuchtturm
Großer Arber Weinbiet Hohenpeißenberg Schmücke |
155 km/h
151 km/h 144 km/h 140 km/h 130 km/h 130 km/h 126 km/h
122 km/h 122 km/h 112 km/h |
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Niederschlag
Radarbilder vom 1.1.2007:
Quelle: DWD
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1.1.2007, 00 UTC |
1.1.2007, 03 UTC |
1.1.2007, 06 UTC |
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1.1.2007, 09 UTC |
1.1.2007, 12 UTC |
1.1.2007, 15 UTC |
Satellitenbilder
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30.12.06, 12:00 UTC, MSG VIS
Quelle: Eumetsat |
31.12.06, 12:00 UTC, MSG VIS
Quelle: Eumetsat |
1.1.07, 12:00 UTC, MSG VIS
Quelle: Eumetsat |
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31.12.06, 13:30 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton |
1.1.2007, 13:21 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton |
31.12.06, 13:35 UTC, N18 IR
Quelle: B. J. Burton |
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