Wetterlage und Entwicklung
Kräftige Windböen verursachte das Sturmtief "Vera" am 08.12.2006 in weiten Teilen Westeuropas.
In einigen Regionen Frankreichs und Deutschlands traten verbreitet
schwere Sturm- und nicht selten orkanartige Böen auf.
"Vera" tauchte am 6. um 00 UTC südöstlich von Neufundland als Wellenstörung
an der Kaltfront des bereits voll entwickelten Tiefs "Ulrike"
über dem mittleren Atlantik auf. Hinter "Ulrike" floss hochreichend
arktische Kaltluft nach Süden, was die Ausbildung
eines zunächst flachen Höhentroges in der kräftigen westlichen Strömung zur Folge hatte.
Auf der Vorderseite dieses Troges befand sich das junge Wellentief
in einer günstigen Entwicklungsposition; positive Vorticity-Advektion
führte zu Hebungsprozessen und ließ den Luftdruck
im Zentrum weiter fallen. Zwischen dem 7., 12 UTC, und dem 8., 06 UTC,
vertiefte sich "Vera" um ca. 20 hPa, das Tief lag da
mit einem Kerndruck von unter 980 hPa über der Bretagne.
Es setzte seinen Nordostkurs fort und erreichte am 9. um 00 UTC die Grenze zu Dänemark, der
Auffüllungsprozess hatte allerdings bereits begonnen;
unter weiterer Abschwächung zog "Vera" nach Skandinavien und ging
am 10. schließlich in dem Zentraltief "Ulrike" auf.
Eine erste Sturmböe meldete Deuselbach (westliches Rheinland-Pfalz)
am 8. um 11 Uhr MEZ mit 83 km/h.
Mit Annäherung und Durchzug der Kaltfront gewann der Wind im
Tagesverlauf immer mehr an Stärke.
Um 13 Uhr MEZ registrierten vor allem Bergstationen Sturmböen
(z.B. Weinbiet/Pfälzer Wald (557 m) 83 km/h, Wasserkuppe (925 m) und Kahler Asten (841 m) je 79 km/h).
Drei Stunden später erreichten die Böen in Trier/Petrisberg bereits 108 km/h, das sind orkanartige Böen (Windstärke 11)!
In der gesamten Westhälfte des Landes kam es zu verbreitet zu Sturmböen oder schweren Sturmböen
(z.B. Düsseldorf/Flughafen 90 km/h, Büchel 83 km/h, Hahn und Nürburg-Barweiler je 76 km/h).
Am Abend erfasste das Sturmfeld auch die Mitte Deutschlands (z.B. Wernigerode 90 km/h um 19 Uhr MEZ).
Der Südweststurm erreichte seinen Höhepunkt am späten Abend.
Der Windmast auf dem Brocken musste um 21 Uhr MEZ einer 191 km/h-Böe standhalten.
Mit der Verlagerung des Tiefs legte zu Beginn der Nacht auch in den nördlichen
Landesteilen der Wind kräftig zu. Kiel/Leuchtturm brachte es am 9. um 0 Uhr MEZ auf 86 km/h,
das wenige Kilometer südlich gelegene Pelzerhaken auf 83 km/h.
Im Westen flaute der Wind im Laufe der Nacht schließlich ab, dafür wurden an der
Ostseeküste am Morgen des 9. noch Sturmböen verzeichnet (z.B. Boltenhagen 86 km/h, Laage 76 km/h).
Auch in Frankreich sorgte "Vera" zuvor schon für hohe Windgeschwindigkeiten bis 130 km/h
(Le Talut, südliche Bretagne). Orkanartige Böen gab es zudem in La Rochelle,
in Paris/Charles de Gaulle und in Troyes/Barberey (je 115 km/h)
sowie in Tours/St. Symphorien (111 km/h), in Nantes/Chateau Boug,
in Melun (je 109 km/h), in Bourges (107 km/h) und in Orleans (106 km/h).
Ebenfalls betroffen waren Belgien und die Niederlande,
vereinzelt wurden schwere Sturmböen registriert (z.B. Spa 97 km/h).
Der Sturm richtete vor allem in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz Schäden an.
Viele Bäume wurden entwurzelt, Äste brachen ab und Ziegel
fielen von Dächern herab. In Ennepetal verletzte ein
umstürzender Baum zwei Menschen. Im Kreis Viersen/NRW entgleiste auf der
Strecke Düsseldorf - Kleve ein Zug, zu Schaden kam niemand.
Im Regierungsbezirk Münster rückte die Autobahnpolizei innerhalb von
zwei Stunden zu mehr als 20 Sturmeinsätzen aus, insgesamt wurden
7 Fahrzeuge auf Autobahnen beschädigt. Für mehrere Stunden musste die Bahnverbindung Trier - Koblenz
unterbrochen werden. Ein Baum hatte die
Oberleitung abgerissen, die Strecke konnte am späten Abend wieder
freigegeben werden. In Wittlich schloss aus Sicherheitsgründen
der Weihnachtsmarkt. In mehreren Orten war die Stromversorgung gestört,
nachdem Bäume auf Stromleitungen gestürzt waren.
Temperatur
Bevor "Vera" mit seinem Sturmfeld auf Rheinland-Pfalz übergriff und
über den Nordwesten Richtung Ostsee zog, gelangte erneut sehr milde Luft
nach Deutschland. In den Alpen setzte Föhn ein, über den Patscherkofel bei Innsbruck fegte
der Orkan mit 148 km/h. Die Temperaturen erreichten im Alpen-Rheintal
teilweise mehr als 20°C (zB Dornbirn 20.6°C, Feldkirch 19.9°C),
Bregenz brachte es auf 19.3°C, nur wenig kühler blieb es in Salzburg
mit 19.2°C.
In Deutschland verbuchte Sigmarszell-Zeisertsweiler mit 19.0°C den höchsten Wert für sich
und in Kempten gab es gar einen neuen Temperaturrekord: Dort war es in der 1. Dezemberdekade mit 18.2°C
seit Aufzeichnungsbeginn im Jahre 1952 noch nie so warm.
Bodendruckanalysen vom 7.12. bis zum 9.12.2006 und 500 hPa-Geopotential
vom 7.12. bis zum 9.12.2006,
jeweils 00 UTC:
Quelle: FU Berlin / DWD / Wetterzentrale
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7.12.2006, 00 UTC |
8.12.2006, 00 UTC |
9.12.2006, 00 UTC |
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7.12.2006, 00 UTC |
8.12.2006, 00 UTC |
9.12.2006, 00 UTC |
Windspitzen
Nachstehend eine Auswahl gemessener Spitzenböen am 8.12.2006
an einigen deutschen Stationen:
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Ort |
Bö |
Brocken
Zugspitze Wendelstein Trier-Petrisberg
List/Sylt Dortmund Alte Weser Leuchtturm Fichtelberg
Helgoland Aachen Büchel Bendorf Mendig Kahler Asten
Idar-Oberstein Bad Marienberg Feldberg/Schwarzwald
Düsseldorf Feuerschiff Deutsche Bucht Weinbiet
Kiel-Leuchtturm |
191 km/h
137 km/h 130 km/h 108 km/h 108 km/h 104 km/h 101 km/h
101 km/h 101 km/h 97 km/h 97 km/h 97 km/h 94 km/h 94 km/h
94 km/h 94 km/h 94 km/h
94 km/h 94 km/h 94 km/h 94 km/h |
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7.12.06, 14:14 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton |
8.12.06, 12:29 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton |
8.12., 11:18 UTC, N17 VIS
Quelle: Geogr. Inst., Bern |
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7.12.06, 21:00 UTC, MSG IR
Quelle: B. J. Burton |
8.12.06, 06:00 UTC, MSG IR
Quelle: B. J. Burton |
8.12.06, 18:00 UTC, MSG IR
Quelle: B. J. Burton |
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