Wetterlage und Entwicklung
Der "Tag der Deutschen Einheit", der 3. Oktober, wird in diesem Jahr 2006 in
der Südhälfte Deutschlands als einer der regenreichsten Feiertage in die
meteorologischen Aufzeichnungsbücher eingehen. Vor allem in
Baden-Württemberg summierten sich die Niederschlagsmengen bis zum Abend
verbreitet auf 30 bis 40 Liter pro Quadratmeter. Zusammen mit den
Regenfällen des Tages zuvor ergaben sich insgesamt Summen von häufig über 50
Millimeter. Zudem sorgten Sturm-, an einigen Orten auch schwere Sturmböen am
Abend des 3. für Sachschäden.
Die großräumige Wetterlage zeigte am 2. ein ausgeprägtes Tiefdrucksystem mit
Zentrum bei den Britischen Inseln. Dieses lag inmitten eines umfangreichen
langwelligen Höhentroges, dessen Hauptachse etwa von Spitzbergen über
Großbritannien hinweg bis zu den Azoren verlief. Auf der Vorderseite dieses
Troges hatte sich eine gut ausgeprägte Südwestströmung eingestellt, mit der
feuchtwarme Luftmassen nach Nordosten transportiert wurden. Die okkludierte
Front des Tiefdruckgebietes erstreckte sich in einem Bogen über Südnorwegen
und -schweden, Teile Polens und Tschechiens, Süddeutschland und Frankreich
hinweg und von dort Richtung Südwesten auf den Atlantik. Aufgrund ihrer Lage
parallel zur Höhenströmung kam sie nur langsam südostwärts voran und neigte
zur Ausbildung von Wellen und kleinen Randtiefs, die an ihr nach Nordosten
abliefen. Eine dieser Wellen konnte am Abend des 2. vor der Nordwestküste
Spaniens analysiert werden. Sie befand sich in günstiger
Entwicklungsposition vorderseitig eines Kurzwellentroges im 500 hPa-Niveau,
der mit der Strömung den Langwellentrog durchlief. Diese Gegebenheiten
hatten eine rasche Intensivierung der Welle zu einem markanten Randtief zur
Folge, das mit einem Kerndruck von zeitweise unter 995 hPa am 3. Deutschland
von Südwest nach Nordost überquerte und am späten Abend des 3. bereits über
Polen auszumachen war.
An der Ostflanke des Tiefs wurde von Südwesten her subtropische Warmluft bis
in den Süden Deutschlands geführt. Entsprechend der dadurch ausgelösten
Hebungsvorgänge setzten bereits in den Nachmittagsstunden des 2.
Regenfälle ein, die sich auf einen Streifen über der südlichen Mitte des
Landes konzentrierten. Bis zum Morgen des 3., 06 UTC (08 Uhr MESZ) konnten
in Karlsruhe bereits 34, in Mühlacker 31, in Saarbrücken 25 und in
Mannheim 22 l/m² registriert werden. Mit weiterer Annäherung des Tiefs
intensivierte sich der Regen am 3. und erfasste zunehmend die gesamte
Südhälfte. Aber auch im Osten kamen gebietsweise bis knapp 40 l/m² zusammen (zB Chemnitz).
Durch die west-südwestliche Anströmung ging der meiste
Regen in Weststaulagen des Schwarzwaldes nieder. In Baden-Baden meldete die Station
einer privaten Wetterfirma im Zeitraum
vom 3., 00 bis 24 Uhr MESZ eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 73 l/m² .
Im Lee des Schwarzwaldes hingegen, Richtung Schwaben, waren die Summen nicht
ganz so hoch. So verzeichnete beispielsweise Stuttgart im
48-Stunden-Zeitraum vom 2., 06 UTC bis 4., 06 UTC lediglich 27 l/m². An
vielen Orten war mit diesem Niederschlagsereignis bereits das Monatssoll
erfüllt. So sind in Karlsruhe, zieht man den Mittelwert der Jahre 1961
bis 1990 als Vergleich heran, im gesamten Monat Oktober sonst nur 58 mm zu
erwarten.
Rückseitig des nach Nordosten abgezogenen Tiefs bewegte sich die
Luftmassengrenze schließlich nach Süden und von Nordwesten floss frische
Meeresluft ein, in den Alpen gingen die Niederschläge bis unter 2000 m herab
in Schnee über. Dieser Vorgang war verbunden mit einem raschen Druckanstieg,
wodurch sich auf der südwestlichen Seite des Tiefkerns ein kleinräumiges
Sturmfeld entwickeln konnte. Im süddeutschen Flachland traten gebietsweise
Sturm-, örtlich auch schwere Sturmböen auf. Aus Freiburg wurden am Abend des
3. 101 km/h gemeldet. Höhere Windgeschwindigkeiten verzeichneten
Freudenstadt mit 111 und Geislingen/Stötten mit 107 km/h . Auf den
Berggipfeln des Schwarzwaldes und der Alpen blies der Wind in Orkanstärke.
Der Feldberg registrierte 161, die Zugspitze 137 km/h. Wie eng das Sturmfeld
tatsächlich begrenzt war zeigt auch die Tatsache, dass einige Kilometer
Richtung Norden die Spitzenböen lediglich noch Stärke 9 und weniger
erreichten. Konnten am Baden-Airport und in Lahr noch 80 bzw. 79 km/h
notiert werden, wurden in Karlsruhe gerade noch 65 km/h gemessen. Selbst auf
dem 557 m hoch gelegenen Weinbiet im Pfälzer Wald reichte es 'nur' für eine
Böe in Sturmstärke.
Durch den ergiebigen Regen und die Sturmböen entstand in erster Linie
Sachschaden. Zahlreiche umgestürzte Bäume behinderten vor allem in Freiburg,
im Ortenaukreis, in Lörrach und in Emmendingen den Verkehr, beschädigten
Häuser sowie parkende Autos. Einige Bahnstrecken waren ebenfalls betroffen.
So musste die Strecke zwischen Himmelreich und Neustadt/Schw. sowie
zwischen Himmelreich und Seebrugg im Schwarzwald gesperrt werden. Ebenfalls
gesperrt werden musste die Autobahn 8 zwischen Stuttgart und Ulm am
Drackensteiner Hang, um abgeknickte Baumkronen zu entfernen. In Freiburg
wurde zudem ein großes Baugerüst vor einem Elektromarkt zerstört. Glück
hatten dort eine Frau und ein Kind, die durch einen umstürzenden Baum nur
leicht verletzt wurden. Ein herabfallender Ast verletzte in Eislingen eine
65 Jahre alte Frau. Im Kreis Rastatt und Baden-Baden bereiteten dagegen
hauptsächlich die großen Regenmengen Probleme. In Gernsbach war der Kurpark
überflutet, in Baden-Baden pumpte die Feuerwehr zahlreiche voll gelaufene
Keller aus. An den Flüssen Rhein, Murg, Alb und Oos kam es infolge der
Niederschläge zu vorübergehend erhöhten Wasserständen, die am 4. allerdings
meist wieder zurückgingen.
Auch in der benachbarten Schweiz sowie im südlichen Elsass richteten
Windböen Schäden an. In Verbindung mit einer Gewitterlinie erreichten die
Böen in Teilen der Schweiz gar Orkanstärke bis 140 km/h. In Zürich wurde
eine Frau von einem umstürzenden Baum verletzt, im Elsass fiel in tausenden
Haushalten zeitweise der Strom aus. Zudem ließen anhaltende Regenfälle auch
dort Flüsse über die Ufer treten, in Rambervillers in den Vogesen stand das
Wasser bis zu einem Meter hoch in den Straßen.
Text: Christian Ehmann
Bodendruckanalysen vom 1. bis zum 4.10.2006,
jeweils 00 UTC:
Quelle: FU Berlin / DWD |
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1.10.2006, 00 UTC |
2.10.2006, 00 UTC |
3.10.2006, 00 UTC |
3.10.2006, 00 UTC |
Radarbilder
vom 2. und 3.10.2006:
Quelle: DWD
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2.10.2006, 15 UTC |
2.10.2006, 21 UTC |
3.10.2006, 03 UTC |
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3.10.2006, 09 UTC |
3.10.2006, 15 UTC |
3.10.2006, 21 UTC |
Niederschlagsmengen
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Karlsruhe |
Baden-Baden |
Rastatt |
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Regenmenge, 2.-3-10-2006, 17 bis 17 MESZ |
Pegel Rhein, Karlsruhe-Maxau |
Nachstehend eine Auswahl an gemessenen Tages-Regenmengen in Südwestdeutschland und in Epinal (F)
vom 2.-4.10.2006, jeweils 06-06 UTC:
Ort |
2./3. |
3./4. |
Summe |
Epinal (F) Baden-Baden Baiersbronn-Ruhestein
Karlsruhe Pforzheim Lahr Neunkirchen/Saarland Feldberg/Schw. |
42 mm 44 mm
30 mm 34 mm 31 mm 18 mm 22 mm 4 mm |
72 mm 48 mm
54 mm 38 mm 44 mm 52 mm 45 mm 59 mm |
114 mm 92 mm
84 mm 76 mm 75 mm 70 mm 67 mm 63 mm |
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Ort |
Spitzenbö |
Feldberg/Schw.
Jungfraujoch Patscherkofel Zugspitze Chasseral Wendelstein
Moleson Gütsch Hörnli Sonnblick Napf
Freudenstadt Zürich Basel Stötten Freiburg |
161 km/h
157 km/h 152 km/h 137 km/h 131 km/h 130 km/h 126 km/h
124 km/h 122 km/h 119 km/h 119 km/h
111 km/h 111 km/h 111 km/h 107 km/h 100 km/h |
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2.10.06., 13:49 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton |
3.10.06, 12:04 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton |
3.10.06, 10:04 UTC, N17 VIS
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
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1.10.06., 21:00 UTC, MET8 IR
Quelle: B. J. Burton |
2.10.06., 18:00 UTC, MET8 IR
Quelle: B. J. Burton |
3.10.06., 15:00 UTC, MET8 VIS
Quelle: B. J. Burton |
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In Zusammenarbeit mit:
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