Wetterlage und Entwicklung
Auch vom 22. bis zum 26.11.2005 zeigte sich wieder einmal, dass Tiefdrucktätigkeit
im Mittelmeerraum immer mit heftigen Wettererscheinungen einhergeht:
Von der französischen Mittelmeerküste bis hin zur Westtürkei
traten Sturm, Gewitter und intensive Regenfälle auf.
Am 22.11.2005 lag ein umfangreiches Hochdruckgebiet sowohl in der Höhe als auch am Boden
("Xandra" und "Yrsa") über West- und Mitteleuropa, ihm gegenüber ebenso
kräftig ausgebildet ein Höhenwirbel über Südosteuropa.
Zunächst änderte sich an der dieser Konstellation wenig, der Höhenwirbel
wanderte mit seinem Zentrum etwas nach Westen in den zentralen Mittelmeerraum.
Ab dem 24.11. wurde das Hochdruckgebiet über Mitteleuropa allerdings rasch abgebaut, so dass
von Norden her ein neuer mächtiger Trog nachstoßen
konnte und sich mit dem Höhentief im Süden verband.
Bise und Mistral, Bora
Am 22. und 23.11. herrschte an der Südflanke des Hochdruckgebietes ein scharfer
Druckgradient. Dieser ruft häufig
an der westlichen Alpennordseite einen lokalen Wind oder Sturm hervor, der in
der Schweiz als Bise bekannt ist. Dabei wird die kräftige, kalte und trockene
Ost- bis Nordostströmung
zwischen Alpen und Schweizer Jura eingezwängt und beschleunigt. Nicht selten
treten dabei Sturm- oder sogar Orkanböen auf. Die größten Windgeschwindigkeiten
werden am Genfer See und auf den Gipfel des Jura erreicht
(zb La Dôle 139 km/h, Nyon 93 km/h).
In Deutschland gelangt häufig auch der Südschwarzwald
in den Einflussbereich der Bise, wo dann bei tiefen Temperaturen und klarem Himmel
Orkanböen über den Feldberg fegen können.
Gewissermaßen als Fortsetzung der Bise kann im Rhonetal (zwischen Alpenund Zentralmassiv)
und im westlichen Mittelmeer
der Mistral angesehen werden. Er weht, wenn die Strömung eine nördliche Komponente
erhält. In diesem Fall war der Mistral nicht besonders stark ausgeprägt, immerhin
verzeichnete Toulon aber eine orkanartige Böe von 111 km/h, am Cap Corse wurden
126 km/h gemessen!
Mit der Verlagerung des Bodentiefs nach Süditalien kann in zwei weiteren Gebieten
des Mittelmeeres Sturm entstehen:
Bei einem kräftigen Druckgradienten zwischen dem Hoch im Norden und dem süditalienischen
Tief weht im Bereich der nördlichen Adria häufig die Bora, ein kalter, sehr
böiger Fallwind aus dem Landesinneren Kroatiens heraus in Richtung Adria; die Böen können
mühelos Orkanstärke erreichen.
Das Bodentief zog in der Folge etwas nach Osten, so dass auch in der Ägäis
Sturm auftreten konnte: Kithira und Naxos verzeichneten Böen bis 100 km/h.
Zur gleichen Zeit wehte auf den über 2000 Meter hohen Bergen des Balkans
Orkan mit Böen jenseits der 150 km/h (zB Crni Vrah 161 km/h).
Neben dem Wind sind Starkniederschläge ein weiteres herausragendes Wetterphänomen:
Von Süditalien bis an die Westküste der Türkei
traten von Gewittern begeleitete intensive Regenfälle auf.
In Lecce brachte ein Gewitter 61 mm Regen, in Griechenland und der Türkei
wurde binnen dreier Tage teilweise ein Mehrfaches der üblichen
November-Monatssumme verzeichnet, zB entsrpechen in Athen die gefallenen 136 mm
267% des Monatssolls von 51 mm, dabei fielen allein vom 22. auf den 23.11. 75 mm!.
Die Kaltluft erfasste auch Nordafrika: auf den Satellitenbildern markiert
ein Wolkenband eindrucksvoll die Vorderseite
der Kaltluft. Sebst im Landesinneren Algeriens kam es zu Regenfällen.
Bodendruck und 500 hPa-Geopotential
vom 22. bis zum 25.11.2005,
jeweils 00 UTC:
Quelle: metoffice.com, Wetterzentrale
|
 |
 |
 |
 |
22.11.2005, 00 UTC
|
23.11.2005, 00 UTC
|
24.11.2005, 00 UTC
|
25.11.2005, 00 UTC
|
 |
 |
 |
 |
22.11.2005, 00 UTC
|
23.11.2005, 00 UTC
|
24.11.2005, 00 UTC
|
25.11.2005, 00 UTC
|
Wind
Nachstehend eine Auswahl an gemessenen Spitzenböen vom 22. bis zum 24.11.2005:
Ort |
Bö |
Mourgash (Bulgarien) Cherni Vrah (Bulgarien)
Mussala (Bulgarien) Botev Vrah (Bulgarien) Naxos (Griechenland) Kithira (Griechenland)
Burgas (Bulgarien) Crni Vrah (Jugoslawien) Jungfraujoch (Schweiz) La Dôle (Schweiz)
Nyon (Schweiz) Chasseral (Schweiz) Toulon (Frankreich)
Cap Corse (Frankreich) Pula (Kroatien) |
144 km/h
144 km/h 144 km/h 100 km/h 100 km/h 106 km/h 144 km/h
161 km/h 154 km/h 139 km/h 93 km/h 117 km/h 111 km/h
126 km/h 94 km/h |
|
Niederschlag
Nachstehend eine Auswahl an gemessenen Niederschlagsmengen vom Samstag, 12.11.2005, 06 UTC,
bis zum Dienstag, 15.10.2005, 06 UTC, jeweils 24-stündig:
Ort |
22./23. |
23./24. |
24./25. |
25./26. |
Summe |
Mittel |
Athen Tripolis
Kithira Milos Lecce (Italien) Naxos
Limnos Canakkale Alexandroupolis Mitilini |
29 mm
25 mm 43 mm 51 mm 61 mm 48 mm 17 mm - - 4 mm |
75 mm
48 mm 50 mm 21 mm - 33 mm 44 mm 62 mm 18 mm 24 mm |
32 mm
89 mm 11 mm - 5 mm 1 mm 34 mm 23 mm 75 mm 56 mm |
-
3 mm 15 mm 15 mm - 4 mm - 38 mm 24 mm 36 mm |
136 mm
165 mm 119 mm 87 mm 66 mm 86 mm 95 mm 123 mm 117 mm 120 mm |
51 mm
114 mm 86 mm 61 mm - 47 mm 75 mm - 76 mm 94 mm |
|
 |
 |
 |
23.11.05, 13:34 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton |
24.11.05, 13:24 UTC, N18 VIS
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
24.11.05, 0:15 UTC, N18 IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
 |
25.11.05, 1:34 UTC, N18 IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern |
|
In Zusammenarbeit mit:
|
|
|